Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Nur Online PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 01/2012

Seiten zum Tode Klemens Alff

Nachruf von Jürgen Noffz, Redaktion von "scharf-links"

Nachruf auf sozialismus.info

Nachruf Die Linke Bremen

Nachruf von Jürgen Roth Arbeitermacht

Nachruf der AKL Antikapitalistische Linke

Artikel der AKL Bremen

Nachruf von Siggi Seidel in Der Funke Nr. 85:

Mach es gut, Freund und Genosse!

Am 30. November 2011 ist Klemens Alff, ein Freund und Genosse, nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.

Kennengelernt habe ich Klemens in der Anfangszeit der WASG und meiner Zeit in der isl . Es war mir immer eine Freude mit ihm über die verschiedenen Trotzkismen , DIE LINKE, aber über Musik (Reggae, Ska, Punk…) zu diskutieren, denn neben der Politik war die Musik seine zweite Leidenschaft.

Klemens war ein Mensch der auf andere zuging, er versuchte zu vermitteln, getreu dem alten Motto der VSP, vereinen statt spalten. So las er jeden Abend im Internet die verschiedensten Seiten der linken Bewegungen, eine der besten Seiten war für ihn die Seite der IMT: www.marxist.com, hat er mir einmal erzählt. Auch Journalist war er tätig, Artikel schrieb unter anderen für die Sozialistische Zeitung (SOZ), Inprekorr oder auch für Greenleft Weekly.

Als Schüler trat er der Gruppe Internationaler Marxisten (GIM/IV.Intenationale) bei, ging mit ihnen den Weg zur VSP (Vereinigung der GIM mit KPD/ML(Roter Morgen). In den 70'er Jahren arbeitet er für den isp-Verlag und die inprekorr. Im Lauf der 80'er Jahre, hatte mir Klemens erzählt, wurde er auch Mitglied bei den DS. Ende der 80'er Jahre zog er von Köln nach Bremen und bewarb sich bei der TAZ (Die Tageszeitung) wurde aber nicht genommen, dies hat er sehr bedauert sagte er im Februar letzten Jahres.

Seit 1997 war Klemens Dialysepatient und zog sich aus dem politischen Leben zurück, erst mit Aufkommen der WASG sollte er sich wieder in das politische Geschehen einmischen, er trat für kurze Zeit in die SAV (Sozialitische Alternative Voran) ein, um sie aber bald wieder wegen verschiedener Differenzen zu verlassen, Klemens trat der isl bei. In der WASG Bremen war einer der GenossInnen der die „Linkstendenz" mit aufbaute. Und später Mitglied der Partei DIE LINKE. Er kandierte für die Bremer Bürgerschaft, wurde 2011 in den Landesvorstand der LINKEN Bremen gewählt und war Landessprecher der AKL (Antikapitalistischen Linken), auch sonst lustig und fidel.

Am 30.November 2011 hörte sein Herz auf zu schlagen, die sozialistische Bewegung hat einen scharfsinngen Denker und großartigen Veränderer verloren. Macht es gut Genosse, ich werde dich vermissen.

Begräbnisrede

von Erich Kassel

An euch verehrte Trauergäste muss ich einige Worte richten um das Leben und die politische Wirkung von unserem verstorbenen Genossen Klemens Alff zu würdigen und beizutragen, sein Wirken fortzusetzen.

Welches ist sein Vermächtnis.

Wir beide lernten uns 1990 kennen, in Seminaren mit Schorse Conert über die Bedingungen der russischen Revolution und der Bedingungen, die zu ihrem Ende führten. Da hier wirkliche gesellschaftliche Fakten und Kräfte untersucht wurden, wir nicht über Wünsche sprachen, verstanden wir uns. Klemens stieg dann, trotz der Nierenerkrankung mit der Gründung der WASG wieder in die Politik ein, wir trafen uns neu. Fragen zum Trotzkismus haben wir ausgeklammert. Übereinstimmung gab es das wir die Erkenntnisse der sozialpolitischen Bewegungen und ihr vorläufiges Ende erfassen müssen. Warum die Menschen so sind, wie sie sind. Uns hat dabei die Identifizierung mit früheren Revolutionen in dieser Welt geholfen uns zu orientieren. Wir Lebenden müssen uns erarbeiten wie klassenbewusste Organisationen entstanden. Welche Schwierigkeiten sie hatten, welche Widersprüche sie überwinden mussten. Wissen ist Macht – sagte er, das soll ich euch sagen, denn hier sind Defizite. Und auch „Wünsche und Forderungen ändern nichts“ – daran muss gearbeitet werden, dass eine durchsetzungsfähige Kraft dafür entsteht. Das ist das Programm.

(Zustand der Gesellschaft)

Wir leben, wir alle auf der Welt leben in einer bewegten Zeit. Die im Kapitalismus herrschenden Kräfte werden nicht beherrscht. Sie kriegen den Karren nicht flott. Trotz der Krisengewinne in Deutschland und der Ruhe in den Betrieben und Leerlauf in den Gewerkschaften ist es lange nicht so still wie es scheint. Die Menschen um uns rum leben in wachsenden Ängsten um ihre Zukunft. Diese Ängste lähmen und blockieren sie, an unseren politischen Aktivitäten teilzunehmen, selbst zu handeln. Dass Linke gewählt werden ist neu in Deutschland, doch Protestwahl ist kein Ruhepolster, keine Perspektive. Nur eine klassenbewusst denkende und so handelnde außerparlamentarische Kraft und Arbeiterbewegung kann wirklich antikapitalistisch sein. Die Betonung liegt auf handelnde Kraft, denn durch Reden im Parlament ist das System nicht zu erschüttern. In diesem Sinne diskutierten wir beide, Klemens und ich, was zu tun ist. Mit wem es geht. Es kam so keine Illusion über das Bewusstsein der arbeitenden Bevölkerung auf, der Linken allgemein – uns war klar, das wir Linke keine Bewegung machen können. Aber vorbereiten können wir uns darauf.

(Gemeinsames Geschichtswissen)

Vor Jahrzehnten haben sich durch gesellschaftliche Auseinandersetzungen bedingt große linke Organisationen gebildet. Heute existieren diese nur noch in einflusslosen Resten. Klemens und ich gehören dazu. Mit seinem Tode fehlt ein wichtiger Mitstreiter, der die gemachten Erfahrungen und Standpunkte der Arbeiterbewegung von Deutschland bis zur amerikanischen heute einbringt. Klemens war fähig aus der politischen Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte heraus und aus der Geschichte der Arbeiterbewegung zu lernen. Wissen ist Voraussetzung um politisch durchsetzungsfähig zu sein. Das Wissen hat er sich verschafft, warum nur er? Sein Wissen in die Neuzeit rüberzubringen – in andere gesellschaftliche Verhältnisse hinein - fiel auf Widerspruch. Viele haben mit ihm lautstark gestritten, erlebten dann, dass er ihre Argumente aufnahm und mit seinen Argumenten verknüpfen konnte. Ich bekam das mit durch seine Berichte über die Inhalte und Widersprüche in den Versammlungen. Wir versuchten, in den Einzelmeinungen Gemeinsames zu entdecken und zu fördern. Er konnte die Wirklichkeit erfassen und wenn er sich Illusionen hingab, legte er die schnell ab, wenn ergänzende und korrigierende Beiträge kamen. Er hat dialektisch gedacht und war in der Lage, Standpunkte weiterzuentwickeln. Deshalb hat er sich Respekt verschafft, auch wenn seine Meinung nicht immer geteilt und verstanden wurde.

(Weg zur Einheit)

Wir müssen den Weg zur Einheit der Linken suchen, ihn gehen.

Als bewusste Aufgabe Gemeinsames suchen, trennendes überwinden. Es ist eine alte Erfahrung der Arbeiterbewegung, dass Einheit erst am Ende unseres Weges stehen kann. Ohne eine richtungweisende klassenbewusste Bewegung geht das aber nicht. Da sind wir immer noch am Anfang mit unseren hilflosen Protesten und den üblichen Verdächtigen, die sich kennen

Die Occupy-Bewegung wurde Klemens am Krankenbett geschildert. Ich war dabei. Darin sind Menschen neu aktiv geworden, außerhalb und neben der Linkspartei. Als Gesprächspartner darüber fehlt er jetzt sehr.

Unter den heutigen jüngeren Menschen politisch zu wirken, an ihrem heutigen Bewusstsein anzuknüpfen und sich verständlich zu machen ist uns Alten nicht besonders gelungen. Doch wieso ist es so, dass sich an seinem Krankenbett so viele versammeln, denen es schwer fällt kontinuierlich zusammenarbeiten und sich verstehen zu lernen? Er hat uns am Krankenbett zusammengebracht und das muss fortgesetzt werden. Differenzen und noch Trennendes muss überwunden, wir brauchen einen besseren Umgang miteinander.

(Zu heutigen Widersprüchen)

Klemens wird von vielen seiner Umgebung als persönlich bewunderungswürdig angesehen. Sein Mut, unbequemes und Grundsätzliches auszusprechen, laut zu denken und auch eigene Fehler zu erkennen und seine Meinung und Einschätzung zu korrigieren hat ihm Bewunderung eingebracht. Mir wurde nach seinem Tod bestätigt, er hatte ein großes Wissen und zu vielen Fragen eine Meinung mit der er anderen voraus war. Das machte seine Klugheit aus. Sein geschichtliches Wissen gab ihm Grundsätze und Orientierung. Wer das Wissen nicht hat, konnte ihn nicht immer verstehen. Doch wurde er als Persönlichkeit anerkannt und als jederzeit zu persönlicher Solidarität bereiter Genosse. Er half trotz seiner Krankheit Bettina.

Wir beide kommen aus einer Zeit, in denen gesellschaftliche Auseinandersetzungen, die Gegnerschaft zum Vietnamkrieg mit den vielen toten Kämpfern und gewerkschaftliche und wilde Streiks unser Bewusstsein bildeten. Einigkeit wurde mühsam erstritten, ging wieder verloren.

Das alles hat er sich erarbeitet, im Bewusstsein erhalten, beispielsweise die Gewerkschaftsfrage. Mit Klemens stimme ich überein, was Lenin dazu schrieb: Es kann uns nicht unberührt lassen, was die Millionen organisierten Mitglieder in den Gewerkschaften angeht. Wir müssen unter ihnen sein und in den Gewerkschaften den reformistischen und SPD-Einfluß bekämpfen. Die Arbeit im Parlament war um 1919-20 auch strittig. Heute nicht mehr, doch was nützt eine linke parlamentarische Vertretung, wenn ihre Analysen und Untersuchungen in den Büros liegen und nicht gelesen werden. Es fehlt eine große aktive Parteibasis, die sich in der Bevölkerung verankert. Auf das Entstehen der außerparlamentarischen Opposition – die die Linkspartei vertreten will - muss man sich vorbereiten. Ist die Linkspartei das, fragte mich Klemens.

Es gibt mehr Fragen als Antworten. Doch die Antwort fängt mit der Frage an.

(am Krankenbett)

Die Besuche von vielen von Euch im Krankenhaus zeigten ihm und auch mir dass unser politisches Wirken nicht ergebnislos war. Diese Anteilnahme war sehr würdig, tat richtig gut. Auch dass ihm berichtet und diskutiert wurde, ausführlicher als es in den Sitzungen war, persönlicher. Er war bis zum letzten Tag einbezogen. Für ihn als durch und durch politischen Menschen war das ganz wichtig.

Immer wieder wurde die Frage an mich gerichtet, wie er die Mitteilungen der Ärzte verkraftet, dass sie nichts mehr tun könnten als zu lindern. Er ergab sich nicht der Resignation sondern diskutierte mit allen über politische Fragen. Wir haben vor Jahrzehnten die revolutionären Bewegungen mit ihren menschlichen Opfern erlebt und uns mit den revolutionären Kämpfern identifiziert. Die haben ihr Leben eingesetzt für die Revolution. Das hat ein Bewusstsein geschaffen, mit dem Klemens sein unausweichliches Schicksal ertragen konnte. Auch haben die Besuche von uns beigetragen alles zu erdulden – er wusste, dass er in dieser schweren Zeit nicht allein ist. Das gab Trost und Kraft. Geteiltes Leid ist halbes Leid, für diesen Einsatz danke ich euch.

Er las und lernte in der Geschichte – auch wir können das Wissen früherer Kampf-Generationen gebrauchen, eignen wir uns das an.

Das ist auch ein Vermächtnis von ihm.

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