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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 09/2015

Erfolgreiche Besetzung auch im Tagebau Hambacher Forst
dokumentiert

Nur eine Woche nach der erfolgreichen Besetzungsaktion der Bagger im Braunkohletagebau Garzweiler wurde am 22.August im Hambacher Forst, der für die Erweiterung des Braunkohleabbaus platt gemacht werden soll, das Hauptförderband besetzt, es musste gestoppt werden.
Der Hambacher Forst gehört ebenfalls zum Rheinischen Braunkohlerevier und liegt gegenüber vom Tagebau Garzweiler. Zwei Tage später legten die Musikaktivisten von Lebenslaute die Anlage lahm, sie führten im Tagebau ein Konzert durch. In ihrer Presseerklärung schreiben die Aktivisten: «Um 22.30 Uhr beendeten die Musikaktivisten von Lebenslaute ihre Konzertblockade im Braunkohletagebau Hambach. Über fünf Stunden lang standen alle Räder still. Bereits am Morgen hatte sich RWE aufgrund der angekündigten Proteste gezwungen gesehen, die Baggerarbeiten auf der ersten Ebene einzustellen. Als Orchester und Chor um 17.30 Uhr in das Gelände eindrangen und kurze Zeit später mit dem Konzert begannen, musste auch das Hauptförderband gestoppt werden.»
Der Werkschutz von RWE und die Polizei waren schnell mit großen Kräften vor Ort, fanden aber keinen Weg, die Blockade zu vertretbaren Kosten zu beenden. «Unser entschlossenes Vorgehen und unsere Aktionsform haben den Sicherheitskräften keine Möglichkeit zum Eingreifen gegeben. Und kann es sich RWE leisten, ein 70köpfiges Orchester mit Chor von der Polizei räumen zu lassen? Offenbar nicht. Das ist ein Ergebnis des langjährigen, vielfältigen und immer breiter werdenden Protests gegen die klimaschädliche Kohle. Dazu gehören Bürgerinitiativen, Massenaktionen wie ‹Ende Gelände› und der tägliche Widerstand der Aktivisten auf der Hambacher Wiese und im Forst», äußerte Markus Beyer von Lebenslaute.
Gegen 20.30 Uhr machte RWE ein «Angebot»: Falls die Aktion sofort beendet würde, könnten Lebenslaute und die Zuhörer ohne die angekündigten Anzeigen wegen Hausfriedensbruch gehen. Dieser Vorschlag wurde freundlich zurückgewiesen. Stattdessen wurde das Konzert nach einigen Hauptwerken mit Kammermusik fortgesetzt; es wurden u.a. ein Flötenquartett von Mozart gespielt und die erste Cello-Suite von Bach.
Als sich später erneut der große Chor formierte, setzte starker Regen ein. Aufgrund der massiven Polizeipräsenz war es Lebenslaute nicht möglich, zusätzlich zu zwei mitgebrachten Pavillons weiteren Regenschutz zum Tagebau zu bringen. Wegen des nicht nachlassenden Regens entschlossen sich die Aktivisten, ihr Blockadekonzert mit zwei Chorstücken zu beenden. Den Rückweg nahmen sie zu genau dem Ort, an dem am Mittag bei der Abschlusskundgebung der Demonstration Polizeikräfte den Zugang zum Tagebau noch verstellt hatten. Auf dem Nachhauseweg sangen die Musiker: «Es tönen die Lieder, wir kommen bald wieder. Wir singen und spielen, wo immer wir woll’n.»
Seit 1986 verbindet Lebenslaute klassische Musik mit politischer Aktion. Das 2014 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnete, bundesweite Ensemble von Musikern zwischen 16 und 80 Jahren führt klassische Musik dort auf, wo sie nicht erwartet wird, u.a. auf Militärübungsplätzen, vor Atomfabriken und auf Abschiebeflughäfen. Durch zivilen Ungehorsam suchen die Konzerte von Lebenslaute die politische Konfrontation gerade dort, wo unter Berufung auf Gesetze Unrecht geschieht.
http://hambacherforst.blogsport.de

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