Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Nur Online PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 12/2017

Offene Grenzen neoliberal?

von Thies Gleiss

Ich habe es hier ja schon einmal beklagt: Dem Hause Wagenknecht-Lafontaine fehlt dringend ein guter Makro-Ökonom.
Jetzt reiht sich auch Oskar Lafontaine in die Lobhudeleien für den vielleicht beklopptesten Artikel des "Neuen Deutschland" in 2017 ein. Er preist dessen Autor Tobias Riedel:

"Die Sirenen-Gesänge des Kapitalismus und ihre Folgen

Offene Grenzen für alle ist eine Kernforderung des Neoliberalismus. Weil sie den Sirenengesängen des Kapitalismus lauschen und sich von ihnen betören lassen, werden auch Mitglieder der Partei DIE LINKE zu unfreiwilligen Befürwortern des Exportnationalismus und der Lohndrückerei. Denn wie Tobias Riedel in der Zeitung „Neues Deutschland“ schreibt: „Eine Welt ohne Grenzen und Nationen würde eine privatisierte sein: keine greifbaren Machtzentren, kein einklagbares Recht, keine ausgleichenden Steuern, keine sozialen Mindeststandards, kein staatliches Gewaltmonopol - denn wer sollte all das in einer grenzenlosen Welt wie durchsetzen? Stattdessen: global vagabundierende Lumpenproletarier, die in einem sozialen Unterbietungswettbewerb gegeneinander ausgespielt und von Privatarmeen gegängelt werden.“

Weil offene Grenzen so schrecklich neoliberal sind, lieber Oskar, deshalb findet die hermetische Abriegelung der reichen Länder gegen den Ansturm der Armen ja auch nicht statt. Es gibt keine Festung Europa, keinen Mauerplan an der Grenze zu Mexiko, keine furchtbaren Asyl-KZ der australischen Regierung auf Südseeinseln, keine Massenmorde an Ertrinkenden im Mittelmeer. Überall reißen die Neoliberalen Herrschenden die Mauern und Grenzen ein.
Oder doch nicht?

Offene Grenzen - ihr lieben Saarländer und ND-Hoffnungslosen - will, braucht und holt sich nur das Kapital. Und das nicht erst heute, sondern seit 500 Jahren. Für die Menschen wurden die Grenzen nur in zwei Fällen geöffnet: Wenn sie als billige Arbeitskräfte gebraucht werden (das lässt heute aber nach, weil es jetzt oft billiger und leichter ist, die Produktion zu den Arbeitskräften an den Arsch der Welt zu bringen) und wenn sie als Kanonenfutter in Kriegszügen in fernen Ländern benutzt werden.

Die Antwort der Linken und SozialistInnen seit Zeiten von Marx und Engels - die, oh Wunder, deshalb eine Internationale gegründet haben - war und ist immer: Offene Grenzen für die Menschen! Grenzen zu für das Kapital und seine Armeen! Freizügigkeit weltweit, ist damals und heute noch viel mehr die entscheidende Forderung einer Internationale der Arbeitenden und Unterdrückten.
Anders sind die sozialen Interessen überall auf der Welt nicht mehr konsequent zu vertreten.
Liebe, Solidarität, Freizügigkeit (in jeder Hinsicht), radikale Arbeitszeitverkürzung - das wäre und ist ein Programm gegen den Neoliberalismus. Grenzen zu und den Sack der nationalen Borniertheit übergezogen - das ist keines....

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