Am 19.Oktober 2009, nur drei Wochen nach der Bundestagswahl, gab der Insolvenzverwalter für Quelle bekannt, die möglichen Investoren für eine Übernahme von Quelle seien abgesprungen, die Pleite nicht mehr abwendbar.
Zum 1.November verloren damit über 2000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz, weitere 1200 sehen einer sehr ungewissen Zukunft entgegen. Hinzu kommen die 3000 Beschäftigten, die schon vorher ihre Kündigung erhalten haben und eigentlich in eine Transfergesellschaft wechseln sollten, die aber wegen der Pleite nicht mehr finanziert wird. Das gleiche gilt für Beschäftigte, die eine Abfindung erhalten sollten oder eine Altersteilzeitregelung unterschrieben hatten.
Das ehemals größte Versandhandelsunternehmen Europas ist in einer atemberaubenden Geschwindigkeit platt gemacht worden, wie es wohl bisher kaum vorgekommen ist. Die Beschäftigten hatten damit kaum gerechnet, da die bayerische Landesregierung im August noch eine 50 Millionen Euro schwere Bürgschaft zur Verfügung gestellt hatte, damit wenigstens die Kataloge gedruckt werden konnten. Leider haben es weder die zuständige Gewerkschaft Ver.di noch der Betriebsrat vermocht, ein Gegenkonzept zur absehbaren Pleite zu entwickeln und die Beschäftigten zu mobilisieren.
Quelle hätte nur gerettet werden können, wenn es Druck auf die Landes- und Bundesregierung gegeben hätte, Finanzmittel für ein soziales Konzept zur Verfügung zu stellen. Aber für solch ein Konzept muss mit der kapitalistischen Logik gebrochen werden. Dazu hat es den Interessenvertretungen offenbar gefehlt. So blieben den Beschäftigten nur noch Trauer und Tränen um vernichtete Arbeitplätze und eine ungewisse Zukunft.
Wie sich später herausstellte, profitiert der Otto-Konzern von der Quelle-Pleite: Er sicherte sich die Rechte an den Marken Quelle und Privileg und heimste sich das Russlandgeschäft von Quelle ein.
Der Kapitalismus zeigt sein wahres Gesicht: Die Beschäftigten verlieren ihre Arbeit, vielleicht auch ihre Existenzgrundlage, der Insolvenzverwalter macht einen dicken Schnitt, die Landesregierung ist fein raus und Otto kriegt für ’n Appel und ’n Ei die Filetstücke plus erhöhte Marktanteile.
Als letztes Unternehmen aus dem Arcandor-Konzern bleibt nur noch Karstadt übrig. Soll es hier zu anderen Ergebnissen als bei Quelle kommen, müssen Ver.di und die Betriebsräte sich neu positionieren. Vielleicht hilft da ein Anruf bei den Kolleginnen und Kollegen in Kaiserslautern, die die von Schließung bedrohte Filiale in Eigenregie weiter betreiben wollen.
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