von Hans Stimmer
«Mit allen Kräften für eine liberale Welt: Dafür ist die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) für die Freiheit im Rahmen ihrer internationalen Arbeit in aller Welt im Einsatz. Wir fördern den Aufbau demokratischer, marktwirtschaftlicher und rechtsstaatlicher Strukturen, damit immer mehr Menschen in liberalen, demokratischen Gesellschaften leben können.
Das Kernanliegen der Stiftungsarbeit im Inland und international ist die Verwirklichung von Freiheit und Verantwortung. In diesem Sinne unterstützen wir unsere Partner weltweit bei der Erarbeitung individueller Problemlösungen.»
Wie diese Unterstützung aussehen kann, lässt sich am Beispiel von Honduras, Zentralamerika, studieren. Die bedeutendste und erfolgreichste Partnerorganisation der FNS in Lateinamerika ist die Liberale Partei von Honduras (PLH), deren Kandidat Manuel Zelaya 2005 zum Staatspräsidenten gewählt wurde. Das ist inzwischen für die FNS bzw. die FDP ziemlich kompliziert. Denn das Land verfügte seit Ende Juni 2009 über zwei Präsidenten, einen gewählten und einen sog. De-facto-Präsidenten, und beide sind Mitglieder der Liberalen Partei.
In den Nachtstunden des 28.Juni 2009 waren Einheiten des honduranischen Militärs in die Residenz des Präsidenten Zelaya eingedrungen und hatten ihn über den US-amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Soto Cano Air Base nach Costa Rica ausgeflogen. Um dem Putsch einen legalen Anstrich zu geben, verlas man im Parlament ein gefälschtes Rücktrittsschreiben und ließ den Parlamentspräsidenten, den Transportunternehmer Roberto Micheletti, der ein parteiinterner Widersacher Zelayas war, zum Interimspräsidenten wählen.
Weltweite Empörung war die Folge. Nicht so beim Vertreter der FNS/FDP in der Hauptstadt Tegucigalpa, dem Regionaldirektor Christian Lüth. In einem «Bericht aus aktuellem Anlass» interpretierte er den Vorgang so:
«Honduras’ abgesetzter Präsident Mel Zelaya sieht sich als Opfer eines von langer Hand geplanten Militärputsches. Dabei ist es mehr als fraglich, ob der Machtwechsel in Honduras überhaupt etwas mit einem Militärputsch zu tun hat.» Harald Neuber wies am 6.Juli in der Zeitschrift Hintergrund auf einige Details hin, die eine aktive Verstrickung der Stiftung in die Putschvorbereitung nahe legen: «Nach dem Sturz Zelayas wurde deutlich, dass die liberale Organisation weitaus tiefer in den Putsch verstrickt ist, als bisher bekannt war. Auf der Internetseite der FNS berichtet eine lokale Mitarbeiterin, Rosbinda Sabillón, vom Aufbau der Jugendorganisation Generación por el cambio (Generation für den Wechsel): ‹Von jetzt an wird die Bevölkerung den Mut haben zu sagen, dass der von uns allen gewählte Präsident Manuel Zelaya … ein Vaterlandsverräter ist›, schrieb FNS-Mitarbeiterin Sabillón über die Politaktion.»
Vom FDP-Mann zur Unperson
Zelaya galt in honduranischen FDP-nahen Kreisen nicht immer als Vaterlandsverräter. Sonst hätte ihm die FDP bei seiner Präsidentschaftskandidatur nicht den deutschen Politikberater Peter Schröder zur Seite gestellt. Schröder war von 1971 bis 1982 für die FDP tätig gewesen und bekleidete zuletzt in der Bundesgeschäftsstelle die nicht unbedeutende Position eines Abteilungsleiters. Nach Angaben der Stiftung waren die FDP-Leute im Wahlkampf so aktiv, dass nach Angaben der bereits erwähnten Rosbinda Sabillon danach im Parlament 39 von der FNS geschulte Abgeordnete saßen, und vier Minister sowie vier stellvertretende Minister über eine enge Anbindung an die Stiftung verfügten.
Wie kam es zum Zerwürfnis zwischen den deutschen Freidemokraten und dem honduranischen Präsidenten Zelaya? Marina Schuster, MdB und Fachsprecherin der FDP für Globalisierungspolitik, erklärt es so: «Zu Beginn seiner Regierungszeit hatte Zelaya … auch die Unterstützung der Liberalen in Deutschland. Allerdings wandelte sich der Regierungsstil bereits nach kurzer Zeit von einer liberalen zu einer linksorientierten Politik. Der Präsident versuchte anfangs, mit Ländern wie den USA zu kooperieren, wandte sich aber immer stärker seinen lateinamerikanischen linksregierten Nachbarn zu.» Auch der ehemalige FDP-Vorsitzende und jetzige Chef der Naumann-Stiftung, Wolfgang Gerhard, nahm sich der Sache an und meinte herausgefunden zu haben, Präsident Zelaya habe verfassungswidrig versucht, sich eine zweite Amtszeit zu sichern.
Ignacio Ramonet, Direktor der Zeitung Le Monde Diplomatique, weist diese Unterstellungen zurück: «Manuel Zelaya hat keinen einzigen Artikel der Verfassung verletzt oder übertreten. Er hat auch kein Referendum organisiert. Noch wollte er sein Mandat, das am 27.Januar 2010 abläuft, verlängern. Seine Absicht war es, ein unverbindliches Plebiszit zu starten und die Bürger seines Landes zu fragen: Sind Sie einverstanden, dass bei den allgemeinen Wahlen Ende November 2009 eine vierte Wahlurne aufgestellt wird, mit der entschieden werden könnte, ob eine Verfassungsgebende Versammlung einberufen werden soll mit dem Auftrag, eine neue Verfassung auszuarbeiten?» Zelaya hatte nie vor, zu den geplanten Wahlen im November 2009 selbst als Kandidat anzutreten.
Als Präsident hatte sich Zelaya zum Reformer entwickelt, der die feudale Rückständigkeit des Landes beseitigen wollte, den Mindestlohn von 126 Euro auf 202 Euro anhob und die Privatisierung bremste. Er legte sich mit Bananen- und Pharmakonzernen an. Letzteren passte es ganz und gar nicht, dass die Regierung mit Kuba einen Vertrag über die Lieferung von Generika abschloss. Für die jeglicher Veränderung abgeneigten Oligarchie wurde er zum Klassenverräter. Der Beitritt zu Petrocaribe und zur «Bolivarianischen Allianz für die Völker unseres Amerika» (ALBA) war der endgültige und unverzeihliche Sündenfall.
Deutsche Medien unterstützen den Putsch
Neben dem Vertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung, der vor Ort agiert, fand die Putschjunta in Deutschland Unterstützung in den Medien, die von Anfang an klar Partei ergriffen: Sie reichten von der FAZ über die Welt, die Berliner Morgenpost bis zur BZ Zum Hauptfeind wurde der venezolanische Staatschef Chávez erkoren. Für die Chávez-Schublade ist in der Redaktion der FAZ Hildegard Stausberg zuständig, sie darf sich «Diplomatische Korrespondentin im Ressort Außenpolitik» nennen.
Zwei Tage nach dem Putsch kommentierte sie ihn unter der Überschrift: «Das Märchen vom Staatsstreich in Honduras». Damit war eigentlich alles gesagt bzw. geschrieben, könnte man meinen. Weit gefehlt. Die Frau schaute hinter die Kulissen: «Mit Hilfe seines engen Freundes Hugo Chávez hat Honduras’ Präsident Manuel Zelaya sich zum Opfer eines Militärputsches stilisiert. Doch die Wahrheit ist eine andere. Zelaya war es, der Schritt für Schritt auf einen Verfassungsbruch und einen Staatsstreich zusteuerte. Es gab keinen Staatsstreich. Es gab - auf Geheiß des Parlaments - die gewaltsame Entfernung eines Präsidenten, der Schritt für Schritt auf Verfassungsbruch und Staatsstreich zusteuerte. Dieser Präsident war Manuel Zelaya, ein enger Freund von Hugo Chávez. Wo es ums politische Zündeln geht, ist Chávez unübertroffen. Und auch seine Alliierten verstehen dies glänzend und sind untereinander aufs engste vernetzt. So ermöglichen sie jetzt Zelaya, sich auf internationaler Bühne medienwirksam in eine Opferrolle hineinzusteigern. Wer die Lage nicht kennt, fällt darauf rein.»
Frau Stausberg arbeitet eng mit Informanten vor Ort zusammen. Sie untermauerte ihren Märchenkommentar mit Äußerungen von Christian Lüth, der erfahren haben will, dass «die wachsende Gewalttätigkeit» in den Straßen von Honduras «eindeutig» von den Zelaya-Anhängern ausgehe. Im Gespräch mit Welt online soll Lüth geäußert haben: «Diese schießen auf die Polizisten, nicht umgekehrt, das hat es so noch nie gegeben; schon längst spekulieren hiesige Medien, dass Agitatoren aus Venezuela und Kuba dahinterstehen.» Frau Stausberg hatte schon 2006 mit ihren journalistischen Fähigkeiten geglänzt. Damals hatte sie einen Bericht über sog. «Ausschreitungen» in der mexikanischen Provinz Oaxaca verfasst und darin vier Tote erwähnt, «unter ihnen ein amerikanischer Mitarbeiter einer sich mit Indianerfragen beschäftigenden nordamerikanischen NGO, Indymedia.» Nun ist aber Indymedia die Abkürzung von Independent Media Center und hat nicht im entferntesten etwas mit Stausbergs Indianern zu tun.
Bei der umstrittenen Präsidentschaftswahl konnten sich die Parteifreunde Guido Westerwelles nicht mehr behaupten. Präsident wurde der Kandidat der Nationalpartei (PN), Porfirio Lobo, ein lupenreiner Vertreter oligarchischer Interessen. Die Volksorganisationen hatten keine Chance und gehen bitteren Zeiten entgegen.
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