Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

Hier können Sie jetzt Spenden
PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 05/2010

Einfach besser leben. Zur Lage der Welt 2010
(Hg. Worldwatch Institute)
München: oekom, 19,90 Euro
von Rolf Euler

Fast zwanzig Jahre nach der Rio-Konferenz, nach gefühlten tausend Büchern über nachhaltiges Wirtschaften und Leben, stehen Menschen mit der Absicht, eine solidarische Gesellschaft zu bauen, vor steigenden Problemen: Die nötige Abkehr von der Übernutzung der natürlichen und kulturellen Ressourcen findet nur in Kleinstschritten statt.

Lesen wir also das 1001. Buch und lassen uns anregen. Gute Beispiele «verderben» vielleicht doch auch schlechte Sitten?

Die Übersetzung mehrerer Aufsätze des Worldwatch-Instituts zeigt viele Beispiele, wie es anders gehen kann. Bildung, Energie, kulturelle Leistungen, Konsumverhalten, Bauwesen - man weiß es und muss es doch immer wieder nachgewiesen bekommen, dass erstens die Erde zu klein ist für den nordamerikanischen und europäischen Lebensstil, und dass zweitens überall Änderungen erfolgen können.

Der Schwerpunkt der fast vierzig Autoren des Buches liegt auf der Betrachtung einer Konsumkultur, die sich weltweit ausbreitet und weder die Armut, noch die Umweltschäden, noch die wirtschaftlichen Probleme lösen kann. Im Gegenteil zeigt sie immer schädlichere Konsequenzen, von denen der Klimawandel nur eine ist.

Das Scheitern der Kopenhagen-Konferenz vor Augen betonen die deutschen Herausgeber jedoch auch, dass es nicht nur um die Änderung individuellen Verbraucher-Verhaltens gehen kann, sondern dass es auch um gesellschaftliche und politische Umsteuerung gehen muss. Die Konsequenzen immer weiteren Wirtschaftswachstums werden einerseits zwar von immer mehr Menschen gesehen, aber das tatsächliche Handeln steht dem entgegen.

Mehrere Artikel beschäftigen sich mit dem ökologischen Fußabdruck des jeweiligen Bereiches und weisen nach, dass ein höheres Konsumniveau weder zu mehr Glück noch zu mehr sozialem Wohlstand führt. Gesundheit, Bildung, die Verhältnisse zwischen alten und jungen Menschen, das Verhältnis zu Immigranten - alles das hängt sehr stark mit der Art des Umgangs mit materiellen Gütern zusammen. Autos und Mobiltelefone, Computer und Massentierhaltung - das alles wird in seinen Folgen erläutert.

Gegenbeispiele aus den Bereichen der Kindererziehung, der Schul- und Hochschulbildung, der kulturellen Institutionen werden erläutert. Schulgärten, Mikrokredite, soziale Unternehmen, Musikerziehung, Ökodörfer - all das hat man schon mal gehört und bekommt es in neuer Version geboten.

Kritik an den Medien und der Werbung, die den Menschen von Kindesbeinen an Konsum einredet, ist ebenfalls im Buch enthalten. Grundlegende Fragen des Umgangs mit Lebenszeit sowie des sozialen und kulturellen Zusammenlebens werden angesprochen.

Mir ist die These vom «Konsumismus» sicher fragwürdig in dem Sinne: Wenn die angesprochenen Produkte des Massenkonsums nicht hergestellt würden, um damit Profit zu machen, wenn der menschliche Nutzen und nicht der Gewinn die ökonomische Grundlage der Produktion wäre, dann sähe der Konsum ja auch anders aus. Die McDonaldisierung ist schließlich nicht eine Folge des massenhaften Wunsches nach Schrottessen, sondern des weltweiten Profitstrebens großer Konzerne und einer Lebensweise, die «schnell und billig» zur obersten Maxime macht.

Aber: Dieses (wie jedes) Buch, das sich ausführlich mit der Möglichkeit solidarischen Lebens und einzelnen Schritten dahin befasst, ist zum Lesen empfohlen!

Teile diesen Beitrag:

Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen

Spenden

Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF


Schnupperausgabe

Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.