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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2010
Annick Coupé, Sprecherin der Union Syndicale Solidaires, im Gespräch mit der französischen Onlinezeitung Mediapart.fr (11.9.2010).

Am 7.September gingen in Frankreich über 2 Millionen Menschen gegen die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 62 Jahre auf die Straße. Am 23.September waren es ebenso viele. DIe Regierung zeigt sich davon unbeeindruckt. Die Basisgewerkschaft Solidaires wirbt deshalb für einen unbefristeten Generalstreik.

Die Versammlung des Gemeinsamen Ausschusses aller Gewerkschaften (Intersyndicale) am Mittwoch nach den Riesendemonstrationen vom 7.September endete mit dem Aufruf zu einem neuen Streiktag und Kundgebungen am 23.September. Warum hat die Union Syndicale Solidaires diesen Aufruf nicht unterzeichnet?

Wie alle Gewerkschaftsorganisationen sind wir zum Treffen der Intersyndicale gegangen mit dem großen Erfolg des 7.Septembers im Kopf. Die Regierung will jedoch einen ganz engen Zeitplan erzwingen, um ihre Gegenreform durchzusetzen. Sie rechnet damit, dass die Lohnabhängigen und die Gewerkschaften nicht bereit sind, eine größere soziale Konfrontation auf sich zu nehmen. Wir waren aber sicher, dass es möglich sein würde, schon eine Woche nachdem 3 Millionen Menschen auf der Straße waren sie erneut zu Straßenaktionen aufzurufen, dass die Mobilisierung dann sogar nochmals breiter sein würde; wir hatten dabei insbesondere den 15.September im Auge.

Die Menschen, die am 7.September auf die Straße gegangen sind, warten auf einen Beschluss der Intersyndicale in diesem Sinne, denn jeder weiß, dass wir in einem Wettrennen mit der Regierung stehen. Eine kürzere Frist hätte der Öffentlichkeit signalisiert, dass die Intersyndicale einen weiteren Anstieg der Mobilisierungen will und den Lohnabhängigen diesbezüglich vertraut. Die Union Syndicale Solidaires hat deshalb einen neuen landesweiten Aufruf zu Streiks und Demonstrationen schon für die Woche vom 13.September vorgeschlagen. Die anderen Gewerkschaften haben es jedoch vorgezogen, den nächsten landesweiten Streik- und Aktionstag auf den 23.September zu verschieben. Deshalb haben wir die gemeinsame Erklärung nicht unterzeichnet.

Welche Bedingungen müssen zusammenkommen, damit die Bevölkerung sich gegen das Rentenreformprojekt von Woerth/Sarkozy durchsetzen kann?

Wir stehen an einem Scheideweg. Die Regierung will die Rente mit 62 in sehr kurzer Frist durchpauken. Es gibt deshalb keine andere Lösung, als sich auf eine größere Konfrontation vorzubereiten – wie wir es 2006 erfolgreich gegen den CPE (Erstanstellungsvertrag zu einem schlechteren Tarif) oder 1995 gegen den Plan Juppé getan haben (Plan zur Gesundheitsreform, der mit dem Winterstreik im öffentlichen Dienst verhindert wurde). Die Entscheidung, mit einem neuen Aktionstag bis zum 23.September zu warten, wirkt in die entgegengesetzte Richtung. Statt mit einem kurzfristigen Aktionskalender eine Dynamik in Gang zu setzen, die das Land nach und nach in die Situation einer politischen und sozialen Krise bringt, läuft die Verschiebung der Aktion auf den 23.September Gefahr, die Kraft der Mobilisierung vom 7.September zu verspielen.

Um zu gewinnen, brauchen wir eine Bewegung für den Generalstreik. Die müssen wir mit den kämpferischen Kollektiven aller Organisationen aufbauen, die den Generalstreik wollen, mit der Gesamtheit der Lohnabhängigen und unter der aktiven Mitwirkung der gesamten Bevölkerung.

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