von Norbert Kollenda
Unverschämterweise nutzte die katholische Kirche den 1.Mai zur Seligsprechung des polnischen Papstes, «Johannes Paul des Großen».
Wenn auch viele seiner Landsleute immer weniger mit der Kirche am Hut haben, gibt es doch verhältnismäßig mehr Polen, die ihn verehren. In allererster Linie hat er ihr Selbstverständnis gestärkt, viele sehen in ihm eine wichtige oder die wichtigste Person, die zum Umbruch Ende der 80er Jahre beigetragen hat. Aber am 3.Mai ist Nationalfeiertag – vor 220 Jahren wurde die erste polnische Verfassung verabschiedet –, also wäre am 2.Mai, einem sog. Brückentag auch noch Gelegenheit zur Seligsprechung gewesen.
Aber schert sich noch die Kirche um das Los der Arbeiter? Kämpfte sie bei den «Kommunisten» gegen die Sonntagsarbeit, ist jetzt nichts von ihr dagegen zu hören, dass die Supermärkte rund um die Uhr (nur wenige haben nachts geschlossen) das ganze Jahr über geöffnet sind. Prälat Jankowski, einst mit Solidarnosc verbunden, sammelt in der Brigittenkirche für deren weitere Ausgestaltung mit Bernstein «zu Ehren der Muttergottes, der Patronin der Arbeiter», derweil die ehemaligen Werftarbeiter in Abfällen nach etwas Essbaren suchen.
Natürlich eignet sich die «Seligsprechung» genauso wie das Zukleistern der polnischen Medien mit den obskuren Ansichten und Unein-Sichten des Jaroslaw Kaczynski & Co. dazu, dem Volk das Gehirn zu vernebeln und von den Realitäten abzulenken.
Der polnische Theologe Bartos meint in diesem Zusammenhang: «Es wäre angebracht, so langsam unser Selbstbewusstsein auf mehr als nur dem Mythos von Helden und tragischen Todesfällen aufzubauen. Indem wir den Papst in den Himmel schicken, sollten wir selbst wieder auf die Erde herunter kommen und dabei versuchen, unsere Geschichte selbst zu schreiben.» (Przeglad, 8.Mai 2011.)
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