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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2011
Die UN-Initiative ist ein legitimer Schritt

Anfang September 2011 äußerten sich etwa zwanzig israelische und palästinensische Parteien und Bewegungen zum Antrag der Palästinensischen Autonomiebehörde auf Aufnahme Palästinas in die UNO und zum Zusammenhang zwischen den sozialen Protesten in Israel und dem Kampf gegen die Besatzung.

Gemeinsam müssen wir uns dafür einsetzen, der Besatzung und dem Rassismus ein Ende zu bereiten, dem palästinensischen Volk bei der Erlangung seiner nationalen Rechte helfen und gegen nationale und soziale Unterdrückung kämpfen.

Inmitten der ermutigenden Entwicklungen im Mittleren Osten, der Welle der sozialen Proteste und dem aufkeimenden Kampf der Völker für Freiheit und das Recht in Würde zu leben, lebt das palästinensische Volk immer noch unter dem Joch der israelischen Okkupation – trotz ihres hartnäckigen und andauernden Freiheitskampfs. Die internationale Gemeinde agiert hilflos und unterstützt den palästinensischen Kampf für Befreiung und Gerechtigkeit nicht.

Die Protestbewegungen und Veränderungen in der arabischen Welt haben Freiheitsliebende auf der ganzen Welt inspiriert und ermuntert, dieses Modell des Protestes ebenfalls anzuwenden. So hatten die Protestbewegungen einen großen Einfluss auf verschiedene Gruppen in Israel, sowohl Juden als auch Palästinenser, und haben wesentlich dazu beigetragen, die Bewegung für soziale Gerechtigkeit in Israel zu stärken.

Angetrieben vom Bemühen, einen gerechten und fairen Frieden in der Region zu erlangen [...] betonen wir – palästinensische und israelische soziale und politische Kräfte, Vertreterinnen von Frauenvereinigungen und Jugendliche beiderseits der Demarkationslinie – die Notwendigkeit, gemeinsam zu kämpfen, mit dem Ziel, die Völker der Region von Kolonialismus und Streben nach Hegemonie zu befreien, insbesondere vom Zionismus. Zudem wollen wir die Besatzung und Militäraggression durch Israel stoppen und den gerechten palästinensischen Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung im Einklang mit den Beschlüssen der internationalen Gemeinschaft unterstützen.

Wir freuen uns auf die Befreiung aller Völker der Region von ihren Diktaturen und von allen Formen nationaler, sozialer und ökonomischer Unterdrückung. Daher entwerfen wir den folgenden Forderungskatalog:

 

1. Wir unterstützen die palästinensische Septemberinitiative, die von den Vereinten Nationen die volle Mitgliedschaft Palästinas und die Anerkennung eines palästinensischen Staates in den Grenzen vom 4.Juni 1967 fordert. Die Vereinten Nationen sind diejenige Institution, die die Verantwortung trägt, eine Basis für den Frieden auf internationaler Ebene zu legen. Ost-Jerusalem soll die Hauptstadt sein, die Bemühungen, die Okkupation der palästinensischen Territorien zu beenden, verstärkt werden, ebenso wie das Recht der Palästinenser, sich gegen diese Okkupation zu wehren.

Außerdem soll eine Rückkehr der Flüchtlinge im Einklang mit der UN-Resolution 194 möglich werden. In diesem Zusammenhang betonen wir, dass die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) die einzige und legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes ist und ihre Legitimität sowohl vom palästinensischen Volk zuhause und im Exil, als auch von ihrer Anerkennung durch die Arabische Liga und die Vereinten Nationen bezieht.

Die UN-Initiative ist ein legitimer Schritt. [...] [Er] stärkt die Rechte des palästinensischen Volkes und stellt keineswegs eine Bedrohung Israels dar, trotz der großen Bemühungen der israelischen Regierung, diesen Schritt als eine Kriegserklärung oder gar als Schädigung des legitimen Existenzrechts Israels darzustellen.

 

2. Wir verstehen, dass einer der wesentlichen Gründe für die soziale und wirtschaftliche Notsituation der Bürger Israels neben den kapitalistischen Praktiken die Fortsetzung der Okkupation und die übermäßig großen Sicherheitshaushalte sind, welche die israelische Regierung als notwendig zu rechtfertigen versucht – nämlich zur Sicherung der Siedlungen sowie der Staatsgrenzen. Daher glauben wir, dass ein Ende der Besatzung und die Etablierung eines fairen und gerechten Friedens wesentlich sind für ein Leben in Frieden und Wohlstand.

Wir heißen die Teilnahme und Integration der palästinensischen Bevölkerung Israels in den sozialen Protest willkommen. Dies ist eine wichtige Möglichkeit, verschiedene Gruppen innerhalb der israelischen Gesellschaft mit der Notlage der Palästinenser und den Ungerechtigkeiten, denen sie ausgesetzt sind, bekannt zu machen. So können diese Gruppen Verantwortung übernehmen beim Kampf gegen die fortdauernde Marginalisierung und Diskriminierung der Palästinenser, für ein Ende der Konfiszierung von Land und der seit 1967 andauernden Besetzung palästinensischer Gebiete.

Wir warnen vor den bekannten Versuchen der Regierung, auf die interne Krise und den Druck der Proteste mit einer Politik der Angst und dem Aufbau einer externen Bedrohung zu reagieren: sei es durch die Einstufung des palästinensischen Appells an die UNO als äußere «Gefahr», sei es durch Militäraktionen wie die blutige Eskalation im Gazastreifen in den letzten Tagen.

 

3. Wir anerkennen das Recht der Palästinenser, die in den besetzten Gebieten leben, von allen legitimen Formen des Widerstands im Einklang mit internationalen Normen Gebrauch zu machen, um das Ende der Besatzung zu erreichen und das Recht auf Selbstbestimmung zu erkämpfen. In diesem Zusammenhang betonen wir die Wichtigkeit des gemeinsamen Kampfes von Palästinensern und Israelis. Er ist ein zentraler Grundsatz im Kampf gegen die Besatzung, die Siedlungen, Rassismus und Kolonialismus, gegen Ausgrenzung, Verarmung und rassistische Separation innerhalb von Israel.

 

Unterzeichner:

Association of Palestinian Democratic Youth (Palestine), Association of Progressive Students (Palestine), Democratic Front for the Liberation of Palestine (Palestine), Democratic Front for Peace and Equality (Israel), Democratic Teachers’ Union (Palestine), Democratic Union of Professionals in Palestine (Palestine), Democratic Women’s Movement in Israel (Israel), Israeli Communist Party (Israel), National Campaign for Return of the Bodies of Arab and Palestinian Martyrs, Captured by the Israeli Government (Palestine), Palestinian People’s Party (Palestine), Popular Campaign for the Boycott of Israeli Products (Palestine), Progressive Workers’ Union (Palestine), Tarabut-Hithabrut – Arab-Jewish Movement for Social and Political Change (Israel), The Alternative Information Center (Palestine/Israel), Union of Palestinian Farmers’ Unions (Palestine), Union of One World for Justice (Palestine), Union of Palestinian Working Women (Palestine), Workers’ Unity Bloc (Palestine)

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