Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Preiswerter Wohnraum wird entsorgt
von Sylvia Brennemann

Im Oktober 2011 erfuhren etwa 1000 MieterInnen der Siedlung Zinkhüttenplatz aus den örtlichen Medien, dass im Rahmen eines geplanten FOCs im Duisburger Norden ihre insgesamt 400 Wohnungen abgerissen werden sollen.

Aus der anfänglichen Ohnmacht angesichts dieser undemokratischen Vorgehensweise hat sich sehr schnell Widerstand in dem Quartier gebildet. Die Betroffenen haben mit überwältigender Mehrheit entschieden, dass sie unter keinen Umständen den kapitalen Interessen des Investors und der Stadt Duisburg weichen werden.

Das FOC, in dem die Verantwortlichen die Chance schlechthin für den sozial schwachen Duisburger Norden sehen, bedient aus Sicht der Initiative in keinster Weise die Interessen der Menschen in der Stadt. Das FOC soll zwischen zwei Stadtteilen, auf dem Platz zweier städtischer Bauruinen, entstehen, für deren Rückbau oder gar Sanierung keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Des weiteren ist die Stadt um Wohnungsrückbau bemüht, weil Duisburg einen hohen Wohnungsleerstand aufweist. Mit dem Angebot des millionenschweren Investors hätte die Stadt, zusätzlich zu den zu erwartenden Gewerbesteuern, viele Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Millionen Erlöse aus dem Verkauf der Grundstücke, die Verwertung der Rhein-Ruhr-Halle, den Neubau einer Ersatzhalle, den Abbau von Wohnungsleerstand. Das Versprechen auf 800 Arbeitsplätze löst sich bei genauer Betrachtung sehr schnell auf, handelt es sich doch um prekäre Jobs, deren Entstehung im Umland etwa dreimal soviel Arbeitsplätze vernichten würden (laut Gutachten der IHK und der BAG Handwerk).

Der Leerstand in der Zinkhüttensiedlung beträgt gerade mal 10%, der Zustand der Siedlung ist keineswegs desolat, und die Mieten sind günstig. Die Siedlung kann man als identitätsstiftendes Quartier bezeichnen, die meisten MieterInnen wohnen seit Jahrzehnten dort. Die überwiegend betagten Menschen leben in einer Mietergemeinschaft, die ihnen, durch das hohe Maß an Solidarität, eine weitgehende Selbständigkeit bis ins hohe Alter ermöglicht.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Stadt durch eine Stadtentwicklungspolitik von oben versucht, sich preiswerten Wohnraums zu entledigen, indem sie einen Konzern die Abrissorgie bezahlen lässt. Das bundesweit gefeierte Projekt «Grüngürtel Duisburg-Nord» hat gegen den Willen der Betroffenen bereits im Stadtteil Bruckhausen unzählige Menschen mit fragwürdigen Methoden aus ihren Wohnungen vertrieben.

Der Widerstand vor Ort wächst nahezu täglich, aus einer Bürgerinitiative wird eine Bewegung. Wir werden weiter für einen lebenswerten und gerechten Duisburger Norden kämpfen – für eine Politik für und mit, und nicht gegen die Menschen.

Die Autorin gehört zum Sprecherkreis der BI.

 

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