Dass die Politik des Westens gegenüber der «arabischen Welt» nicht unbedingt von tief empfundenen demokratischen Überzeugungen geleitet wird, ist mittlerweile eine Binsenweisheit und spätestens während der arabischen Demokratiebewegung wohl auch dem oberflächlichsten Beobachter klargeworden.
In Libyen Unterstützung der Rebellen, in Bahrain und Saudi-Arabien Unterstützung der reaktionären Regime. Der Hamburger Journalist Marc Thörner hat in den letzten eineinhalb Jahren die Länder der «Arabellion», aber auch Afghanistan bereist und mit seinem neuen Buch eine Mischung aus Reportage und Analyse vorgelegt. Nicht immer ist diese Mischung gelungen. So bleibt der Bericht über die libyschen Ereignisse im Frühjahr 2011 in der Unmittelbarkeit einer Kriegsreportage, was nach über einem Jahr den Charme der Tageszeitung von vorgestern hat. Hier wäre ein wenig Überarbeitung und Ergänzung angebracht gewesen. Spannender sind jene Teile des Buchs, in denen Thörner die Kontinuitätslinien westlicher Politik von der französischen Kolonialpolitik in Algerien bis zum gegenwärtigen Krieg in Afghanistan beschreibt. So werden etwa die Methoden indirekter Herrschaftssicherung des französischen Kolonialoffiziers David Galula und des Marschalls Lyautey heute von US-Militärs in Afghanistan eifrig studiert. Das Resultat ist der Aufbau islamischer Milizen, die unter mehr oder weniger funktionierender Kontrolle der westlichen Besatzer das Land «befrieden» sollen. Hier schließt sich der Kreis zu den Ländern der arabischen Demokratiebewegungen, deren Herrscher ebenfalls vom Westen hofiert und alimentiert wurden – ideologisch legitimiert durch die kulturalistische «Theorie» einer angeblichen Demokratieunfähigkeit «der Araber».
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