Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 04/2012
BROT   STATT  SPIELE – 10. JUNI Demo zur EM in Poznan

Linke Gruppierungen, Verbände und Gewerkschaften, sowie Mietervereine und Frauenverbände haben ihre Landsleute zu einer Demonstration zum ersten Spieltag der EM in Poznan aufgerufen. Die Städte verarmen immer mehr, Gewinne werden privatisiert und Schulden werden vergesellschaftet und den Ärmsten aufgebürdet. Schulen und Kantinen werden geschlossen,  Mieter aus den überteuerten Wohnungen in Container-Siedlungen am Rande der Stadt verband.
Was wurde den Menschen in Verbindung mit der EM alles versprochen: Ausbau eine besseren Infrastruktur, Entwicklung von Handwerk und Gewerbe. Ja das Land würde geradezu überschwemmt mit guten Gaben, ähnlich dem Marshallplan nach dem Krieg.
Heute ist bekannt, dass die Städte, die an der EM teilnehmen hoch verschuldet sind. Für die EM wurden 96 Milliarden Zloty ausgegeben, allein die Kosten für das Station in Posen von 750 Millionen Zloty hätten gereicht um in den nächsten 10 Jahren 6.000 Kindergartenplätze zu bezahlen.
Es wäre ein Zeichen von Solidarität, wenn in Poznan am 10. Juni nicht nur Fußballfans zu sehen wären, sondern auch einige wenige deutsche bei der Demo wären. Auch kleine Zeichen der Solidarität schätzen unsere Nachbarn. Mehr auch in Englisch: http://www.10czerwca.eu/

Einige Nachrichten vom Internetportal www.lewica.pl

Neonazis bei 1. Mai Demonstrationen
Neben Linken und Ultralinken haben jetzt auch polnische Neonazis eine Demonstration zum 1. Mai in Warschau angemeldet. Ihre Losung: „Ein Nationaler 1. Mai“. Sie haben angekündigt, dass sie eine Demo gegen dieses System durchführen mit der Losung „Die Jugend braucht Alternativen“  Sie wollen auch gegen Ausbeutung und multikulturelle Erscheinungen demonstrieren.  Sie erklärten auch, sie wollen das Feld nicht der „linken Propaganda überlassen“.

Preissteigerungen für Wohnen und Energie:
Das Zentrale Amt für Statistik hat die Inflationsrate für den März bekanntgegeben. Die Fahrpreise stiegen um 9,3%, Benzin gar um 14,9%. Die Energiepreise für Wohnungen stiegen um 6 % und die Mieten selbst 5,4% und für die Bildung mussten 5 % mehr ausgegeben werden. Die lebensmittelpreise sind im letzten Jahr um 3,6% angestiegen.
Die Löhne stiegen im Laufe des letzten Jahres um  3,8%, die Inflation betrug 3,9%.

Erneute Industriealisierung Polens wichtig
Diese Auffassung propagiert PLP – Polnische Industrie Lobbyisten und sieht die Wirtschaftskraft des Landes in einem sehr kritischen Zustand. Dies zeigt die Bilanz im Außenhandelsdefizit. Die Industrieproduktion sinke und damit die Staatseinnahmen. Wichtig wären vor allen Dingen neue Technologien, damit der Staat nicht an die Peripherie gedrängt wird. Schön zu hören von diesen Herren. Aber
Schon 2001 hat Zbigniew M. Kowalewski (in „Rewolucja“ 1/2001) die Meinung vertreten, dass den Staaten des ehemaligen Ostblocks die Teile ihrer modernen Industriebereiche genommen und dafür in Zulieferer einfacher Güter für wenig qualifizierte Arbeit degradiert wurden. So wurden sie abhängig von kapitalistischen Betrieben und an die Peripherie oder Halb-Peripherie gedrängt.

ILO: Polen schränkt Gewerkschaftmitgliedschaft ein
Gewerkschafter der Solidarnosc haben bei der Internationalen Arbeitsorganisation Beschwerde geführt, dass in Polen keine Möglichkeit besteht für Beschäftigte mit sogenannten „Schrottvereinbarungen“ (die Gewerkschaft August 80 hat diesen Ausdruck geprägt und dieser ist jetzt populär)  in Gewerkschaften sich zu organisieren. Die Anzahl der Beschäftigten nach dem Arbeitsrecht nimmt immer mehr ab und die Formen der Beschäftigung nach den unterschiedlichen anderen Formen nimmt immer mehr zu und somit gibt es immer mehr in einem rechtslosen Raum. Dazu haben sie also auch keine Möglichkeit sich gewerkschaftlich zu wehren. Die ILO fordert Polen auf diese Regel zu ändern, da sie die Konvention Nr. 87 unterzeichnet hat. Jedoch darin ist die Rede von „Arbeitern“ und die Regierung sieht diese nicht als solche an.

Geheime CIA-Foltergefängnisse in Polen
Obwohl die Parteien die Angelegenheit unter dem Tisch halten möchten, hören die Stimmen nicht auf, die da fordern, dass die Verantwortlichen sich stellen sollen, die die Foltergefängnisse erlaubt oder geduldet haben. Im Fokus ist der damalige Chef des Geheimdienstes Zbigniew Siemiatkowski, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft internationales Recht gebrochen zu haben, indem er unrechtmäßig Kriegsgefangene einsperrte und sie Folterungen unterwarf.
Es wurden auch Schritte unternommen um Beweise zu sichern, die den damaligen Premier Leszek Miller (SLD – Sozialdemokrat und führender Politiker der ehemaligen Staatspartei!!!) vor den Staatsgerichthof stellen. Die Schlinge um Miller zieht sich immer weiter zu, in kritischen Medien ist der Vorwurf schon seit langem präsent. Aber die Ausflüchte und Beschwörungen seitens Millers nehmen schon groteske Züge an. So meint er dieses Verfahren würde Terroristen nach Polen locken und das Land in Gefahr bringen. Dabei vergisst er, dass er durch seine Verletzungen des polnischen und internationalen Rechts diese Gefahr erst heraufbeschworen hat. Aber alle wollen das vertuschen, auch die jetzigen Parteien im Sejm. Es geht aber nicht nur um Rechtsverletzungen, sondern auch um die Ehre Polens. Solange die Gerichte nicht in der Lage sind diese Angelegenheit zu untersuchen, wird Polen in den Augen der Weltöffentlichkeit nicht als ein Rechtsstaat gelten, meint Polen Vorsitzende von Amnesty International Polen. Sie fordern, dass nach zwei Jahren Untersuchungen endlich Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

13,5 % Arbeitslosigkeit im März 2012
Dabei ist die Wojewodschaft Westpommern mit 18,8% mit an der Spitze. Fast die Hälfte aller sind Langzeitarbeitslose. Nach dem Amt für Statistik steht 82,7% der Arbeitslosen keine Beihilfe zu. Auf eine ausgeschriebene Arbeitsstelle kamen 58 Arbeitslose. Vor allen Dingen sieht es auch in dieser Beziehung am ungünstigsten in den östlichen Wojewodschaften aus, dort kommen auf eine freie Stelle 134, 120 bzw. 105 Arbeitslose, im südwestlichen Teil sind es dagegen 31-43.

Warschauer Köchinnen bilden eine Gewerkschaft
Im Rahmen der kämpferischen Gesamtpolnischen Gewerkschaft „Arbeiter Konföderation“ haben Köchinnen aus 16 Schulen eine betriebsübergreifende Gewerkschaft gegründet. Dies ist deshalb notwendig, weil die Anzahl der Beschäftigten eigene Gewerkschaftsgruppen nicht gestattet. Der Hintergrund ist, dass der Staat seine Sparmaßnahmen wie gehabt weiter ausdehnt und die Kantinen in den Schulen schließen will. Dem haben sich auch junge Beschäftigte aus anderen Bereichen angeschlossen, wie z. B. von Mensen der Universitäten. Die Beschäftigten haben ihren Vorstand aus anderen Bereichen gewählt, damit sie dem Arbeitgeber ihre Namen nicht bekannt geben müssen.

Situation der Arbeitern 1972 und jetzt Przeglad  15/2012
Nachdem Lech Walesa bereits eine Autobiografie herausgegeben hatte, folgte ihm im vergangenen Jahr seine Frau Danuta mit dem Titel: „Träume und Geheimnisse“. In diesem Jahr noch folgt ein Film von Andrzej Wajda, der sicherlich die heldenhafte Rolle von Walesa herausstellen wird. Dies auch im Zusammenhang damit, dass immer wieder Verdächtigungen laut werden Walesa wäre der Spitzel „Olek“ gewesen. Darüber und über die Biografien gab es tausende Berichte und Kommentare in polnischen Medien.
Die Wochenzeitung  Przeglad macht etwas anderes, sie vergleicht die Situation der Familie Walesa mit zwei Kindern 1972 mit der von Arbeiterfamilien heute. Danuta und Lech kamen aus kinderreichen Familien von kleinen Dörfern nach Danzig. Danuta ist nach der Grundschule den Bauern zur Hand gegangen bis sie mit 19 nach Danzig kam. Dort hat die Ungelernte in einem Blumenkiosk gearbeitet. Bevor das erste Kind kam, hörte sie auf zu arbeiten und hat sich seitdem nur um die Familie gekümmert. Sie hatten damals eine 2 Zimmer Wohnung von 36 qm, aber mit allen elektrischen Geräten, wie sie es vom Dorf her nicht kannte. Die Wohnung nicht groß, aber üblich für die damaligen Verhältnisse. Lech hatte sie von der Lenin-Werft erhalten. Im Augenblick würde diese ehemalige Wohnung von Walesa 170.000 Zloty kosten. Heute könnte sich ein Vier Personen Haushalt, wo nur einer arbeitet so eine Wohnung nicht leisten. Und unter diesen Umständen bekämen sie von keiner Bank einen Kredit. Sicher würden sie sich nicht dafür entscheiden weitere sechs Kinder zu zeugen. Sie könnten sich um eine Sozialwohnung bemühen und wären von vornherein stigmatisiert. 1980 konnten Danuta (31 J.) Lech (37 J.) in eine 136 qm große Wohnung ziehen, die sie im Rahmen eine Zuteilung wegen der Größe der Familie von der Lenin – Werft erhielten. Wie hoch müsste heute der Lohn eines Elektrikers mit Berufsschulabschluss sein, um solch eine große Familie zu unterhalten? Das Institut für Arbeit und Soziales geht von einem Sozialminimum für eine fünfköpfige Familie heute von 3940 Zloty aus. Welcher Arbeiter bringt heute 7-8.000 Zloty nach Hause? In ihren Biografien beklagen sich Danuta und Lech nicht darüber, dass das Geld für Miete, den Kindergarten, Schulausflüge, Arzt, Zahnarzt oder gar einer Haushaltshilfe nicht gereicht hätte. Danuta schreibt schon etwas über Probleme mit ihrem Mann, aber nirgends steht etwas darüber, dass sie gehungert, gefroren oder keine Bekleidung gehabt hätten, an den materiellen Grundlagen fehlte es nicht. Danuta betont, dass sie als Kinderreiche in ähnlichen materiellen Verhältnissen gelebt hätten wie ihre Nachbarn. Heute ist so etwas nicht möglich ohne staatliche Unterstützung, caritativer und privater Organisationen. Wie sollen diese Menschen heute ihre Würde bewahren, für die die Menschen des August 1980 gekämpft haben?
Nach dem Krieg wurden Probleme auf den Dörfern durch die Bodenreform bekämpft. Des Weiteren wurde die Industriealisierung Polen vorangetrieben, in deren Folge die Arbeitslosigkeit verschwand. In der Folge wurde in Lipno eine Berufsschule gebaut, die Lech Walesa besuchte, um dann nach Danzig zu gehen, wo er sofort eine Arbeit fand. Heute finden sogar einige seiner Kinder keine Arbeit! Lech und Danuta brauchten nie eine finanzielle Unterstützung durch die Eltern, ihre Kinder teilweise bis heute. Maria Wiktoria machte sich nach dem Studium selbstständig und hat bis heute Probleme, Magdalenas Tanzschule hatte kein Erfolg – jetzt ist sie im Schuldienst, Bogdan und Przemyslaw sind beim Staatsschutz bzw. Grenzpolizei, Brygida arbeitet im Danziger Aquarium, Anna ist verheiratet und hat zwei Kinder und Jaroslaw ging als einziger in die Politik und ist Europaabgeordneter,  Slawomir ist immer wieder arbeitslos. Sie alle haben große Probleme  in einem „besseren“ Polen, für das ihr Vater kämpfte, der der erste freie Präsident war und sogar den Nobelpreis erhielt.

Kaczynski instrumentalisiert die Bibel GAZETA WYBORCZA, 11.04.2012
Aus Anlass des Jahrestages der Katastrophe von Smolensk zitierte Kaczynski die Bibel. Dabei handelt es sich nach Ansicht des Kulturanthropologen Prof. Obirek um eine extreme Demagogie in einer hasserfüllten Sprache. Die Religion wird hier manipulativ für politische Zwecke missbraucht. Kaczynski beruft sich auf die Bibel, wo Gott seinen Anhängern verspricht, dass das Gute das Böse besiegt. Er und seine Partei sind also das Gute und alle anderen das Böse und Gott steht an ihrer Seite. Es ist also nach Meinung von Obirek nicht nur eine These, sondern die Aussagen von Kaczynski haben belegt, dass es nicht nur islamische Fundamentalisten gibt, sondern sie inzwischen auch in der katholischen Kirche zu finden sind. Er fordert die Kirchenführung auf diese Gefahr für die Kirche zu erkennen und dem entgegenzuwirken. Denn hier werden die Grundlagen für Hass und Gewalt gelegt.

Schlesische Geschichte ohne Arbeiter
Im Januar 1919 demonstrierten einige Hundert Arbeiter für Lohnerhöhungen in Königshütte, dem heutigen Chorzów. Das Militär schoss auf sie, es gab 17 Tote und 21 Verletzte. Im Zentrum von Chorzów gibt es nicht einmal eine Gedenktafel. Dies zeigt beispielhaft, wie auch gegenwärtig die Geschichte Schlesiens missachtet wird. Das Los der deutschen Industriellen, wie Reden, Donnersmarck, die die Wirtschaftskraft Oberschlesiens „aufbauten“, vernebeln vollkommen den Blick auf die Geschichte der oberschlesischen Arbeiter, sie waren es, die mit ihrem Schweiß und Blut Oberschlesien aufbauten. Der Arbeiter erscheint in der heutigen Geschichtsschreibung höchstens dann, wenn über seine Religiosität, seine Arbeitsmoral oder seine eigenen Kultur geschrieben wird. Aber über den Arbeiter, der sich organisierte, der um die Verbesserung seiner Situation kämpfte, fällt vollkommen aus dem Bild des Interesses. Natürlich wurde dies auch durch die Volksrepublik Polen beeinflusst, denn mit der Arbeiterbewegung tat sie sich schwer - entweder wurde sie instrumentalisiert oder verfälscht. Aber sollte dies ein Grund sein, um aus der Geschichte Oberschlesiens die eigentlichen Schöpfer – die Arbeiter – außen vor zu lassen?
Bei der Jahrhundertwende vom XIX. zum XX. war es schließlich die arbeitende Bevölkerung, die den regionalen Zusammenhalt schuf, bevor sich überhaupt so ein Gefühl einer nationalen Verschiedenheit (polnisch, deutsch und weniger schlesisch) einstellte. Auf der einen Seite erwachte ein Nationalismus und auf der anderen Seite, dort wo die Bevölkerung zumeist aus Arbeitern bestand - bei der Arbeit oder beim Streik- war es bedeutungslos in welcher Sprache gelesen wurde. Entgegen aller Stereotypen: die Arbeiterklasse zeigte sich seit Epochen besonders tolerant und offen, als höhere gesellschaftliche Schichten. Der Soziologe Edward Pietraszek stellte fest: „Die Mehrheit der Arbeiter, aber auch der Bauern hatte keine nationalen Vorurteile gegenüber denen, die eine andere Sprache sprachen. Sie sahen sie als Ihresgleichen – als Arbeiter an, ja sie wurden im Sinne der Klasse als Mitglieder derselben Gesellschaft angesehen, so auch in Oberschlesien. Schön hat dies der schlesische Schriftsteller Rafal  Urban in  „Pamietnikach Opolan” – (Oppelner Erinnerungen) beschrieben: „Zum einfachen Volk gehörte auch der deutsch-Bauer aus der Gegend von Glubczyck, so auch der hultschiner Bauer (Gegend um Opava/Tschechien), wie auch der Bergmann aus Tarnowitz, ein anderer aus Weiß-Prudnitz, oder jemand aus Annaberg, aber ein Edelmann oder Mischling gehört nie dazu, egal ob er mit Engelszungen oder Teufelszungen redete*“
Im XIX. Jahrhundert war für die Industriellen Schlesien ein Glücksfall, hier konnten sie das schnellste Geld machen, denn die Löhne waren niedriger als in anderen Industriegebieten Deutschlands, die Ausbeutung der Arbeiter war viel stärker, weil sie nur einen schwachen Organisationsgrad hatten, weil sie gerade  einmal aus den Dörfern in die Betriebe wechselten. Aber schon 1871 gab es den ersten Streik der Grubenarbeiter in Königshütte und zwei Jahre später eine der ersten Betriebsbesetzungen in Deutschland in der Zeche „Szarlej“ in Beuthen. Bald wurden auch die ersten Demonstrationen zum 1. Mai organisiert. Und in den Arbeitersiedlungen – ähnlich wie in Westeuropa – wurde die Kneipen zu den Zentren, wo sich die Sozialdemokratie bildete – dort wurde die Zeitung kolportiert, diskutiert.
Es kam dabei auch zu kuriosen Ereignissen: Als in Miechowice die Erste-Mai-Demo aus der Kneipe trat, versuchten die Frauen der Arbeiter sie aufzuhalten – aufgewiegelt durch den Pfarrer.
Die Zeit der Schlesischen Aufstände hatte auch Ursachen in nationalen Konflikten. Damals gab es einen starken Prozess der Aktivierung der Arbeiter und das nicht nur mit nationalen Parolen. Es entstanden Arbeiterräte, die Arbeiter attackierten Kasernen und die Direktionen der Betriebe und die Kommunistische Partei Oberschlesiens, die zeitweilig 20.000 Mitglieder hatte, erhob die Forderung nach einer Oberschlesischen Räte Republik. Schließlich hat bei diesem Konflikt dann doch der nationale Gesichtspunkt überwogen, was unter anderem dem verringertem Einfluss der Linken geschuldet war, wenn auch der Klassencharakter immer eine Rolle spielte. Während des 3. Aufstandes hat die Belegschaft der Bismarck-Hütte zwei aufständische Kompanien gebildet, deren Mitglieder haben die deutschen Direktoren in Arrest gesetzt und die Hütte besetzt. Allerdings hat das Kommando der Aufständischen diese Kompanie in einen entlegenen Ort an die Front versetzt und den Direktoren Schutz gewährt.
Eine herausragende Gestalt aus dieser Zeit war Konrad Piecuch, ein Arbeiter aus Krupski Mlyn (Kruppamühle), ein Mitglied der „Polska Organizacja Wojskowa“ POW (eine konspirative militärische Formation, die aktiv an schlesischen Aufständen teilnahm), er nahm an Aufständen teil und wechselte nach der Teilung Schlesiens auf die deutsche Seite, denn „für solch ein Polen habe er nicht gekämpft“. Piecuch war dann Mitglied der KPD und wurde 1932 von der SA ermordet. Ein ähnliches Schicksal ereilte Karol Sliwka aus dem schlesischen Cieszyn, der ebenfalls aktiv bei den Arbeitern war. Auch er war Mitglied der POW, dann Abgeordneter für die Kommunisten im tschechischen Parlament, wurde nach der Besetzung dieses Gebietes durch Polen verhaftet und später von den  Faschisten ermordet. Es gab weitere komplizierte Schicksale schlesischer Aktivisten unter den Arbeitern.
In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war der deutsche Teil Oberschlesiens eine der letzten Bastionen der Linken, die gegen die Nazis kämpften. Erinnert sei an die Kundgebung am 17. Juli 1932 in Beuthen mit Tausenden Teilnehmern, an der auch Ernst Thälmann teilnahm. Jenseits der Grenze im polnischen Teil war es auch nicht ruhig. Davon zeugen die Streikwellen aus den Jahren 1923-24,. 1929, 1932 und 1936. Es kam auch zu massenhaften Protesten der Arbeitslosen. Im Februar 1935 drohten Kumpel der Zeche „Szczescie Luizy” mit kollektiven Selbstmord, um ihre Arbeitsplätze zu verteidigen.
Dieser wichtige Teil der Geschichte Oberschlesiens wartet darauf erinnert und aufgearbeitet  zu werden.

Hier im polnisch/schlesischen Original:
*Jak to pieknie ujal slaski pisarz Rafal Urban w „Pamietnikach Opolan”: „Do sprosnego (prostego – przyp. DZ) narodu nale?al tak samo chlop-niemra (Niemiec) z glubczyckiej okolicy, jak i chlop-krawak z hulczynskiego kraju (a wiec Czech), tak samo górnik z Tarnowskich Gór, jak pampun z „goli” pod Biala Prudnicka, albo kobylorz spod Swietej Anny. Ale szlachcic albo mieszczanin nigdy nie nale?al do narodu, obojetnie, jakim on mówil jezykiem, anielskim, czy diabelskim”.
Von Dariusz Zalega  Übersetzung: Norbert Kollenda

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