von Jochen Gester
Im Rahmen der Debatte über die Zukunft der Schlecker-Belegschaften hat Michael Schlecht, Chefvolkswirt der Bundestagsfraktion Die Linke, einen eigenen Vorschlag vorgelegt: Die Schlecker-Frauen sollten eine Genossenschaft bilden. Jochen Gester wollte Näheres wissen.
Wie entstand die Idee, den Schlecker-Frauen durch Gründung einer Genossenschaft eine Zukunft zu geben?
Der Begriff «Genossenschaft» war immer nur ein Synonym für die Übernahme des Unternehmens durch die Belegschaft. Schlecker selbst hat nicht nur in abenteuerlicher Weise die Schlecker-Frauen ausgebeutet, sondern darüber hinaus sich auch noch als Unternehmer als unfähig erwiesen. Er hat sich einen von zigtausend Frauen erarbeiteten Profit in der Höhe von 2–3 Mrd. Euro angeeignet und zum größten Teil wieder in den Sand gesetzt. Da war und ist doch eigentlich die Überlegung naheliegend, dass die Belegschaft den Laden übernimmt.
Wie könnte so eine Genossenschaft finanziert werden? Auf welches Konzept sollte sie sich stützen, um gegenüber den Platzhirschen in der kapitalistischen Konkurrenz zu bestehen?
Unter den Schlecker-Frauen in Baden-Württemberg wurde die Idee formuliert, man könnte sich ja bei der BW-Bank, die in Landeshand ist, einen «Wulff-Kredit» holen und damit Schlecker in eigener Regie weiterführen. Die Kolleginnen haben und hatten viele Idee für ein Geschäftskonzept. Im Kern ging es darum, die vielen vor Ort bestehenden Schleckerläden zu Einkaufsläden mit breitem Sortiment auszubauen – auch in kleinen Orten, in denen ohnehin es häufig nur einen Schlecker gibt.
Wie ist die Resonanz auf die Idee bei Ver.di selbst und bei den Betroffenen? Wo liegen Widerstände gegen das Ausprobieren weitergehender Lösungen, bei denen die Beschäftigten nicht nur ohnmächtig und Opfer bleiben?
Klar, es gab viele, die Vorstellung von einer Übernahme in Belegschaftshand als schöne Träumerei abgetan haben. Aber ich meine, dass es in jedem Fall sinnvoll war, eine solche Diskussion anzustoßen. Die Schlecker-Pleite wird für viele Frauen sehr bitter enden, da ist es wichtig, das Ganze möglichst gut und erkenntnisreich zu verarbeiten. Deshalb hat die Debatte in Teilen der Belegschaft und auch bei den Hauptamtlichen eine Rolle gespielt.
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