von Jochen Gester
Über Jahrzehnte haben die Schlecker-Frauen den Eigentümern Anton und Christa Schlecker Milliarden erarbeitet. Ihre Behandlung in den oft heruntergesparten Läden wurde zum Synonym für Ausbeutungsverhältnisse. Am Ende hat das öffentlichkeitsscheue Paar die Methode, aus möglichst wenigen Angestellten möglichst viel herauszupressen, so überzogen, dass sich auch die Kunden in den Verkaufsräumen nicht mehr wohl fühlten.
Obwohl die Schleckers den größten Teil ihres Milliardenvermögens in den Sand gesetzt haben, bleibt ihnen der Eintritt in die Hartz-IV-Welt erspart. Der Insolvenzverwalter sorgt dafür, dass sie ihren Lebensabend mit monatlich 70000 Euro versüßen können. Die Schlecker-Frauen aber können sehen, wo der Pfeffer wächst. Nicht einmal die Gründung einer Transfergesellschaft ist gesichert, obwohl sie für die meisten kaum mehr als ein verzögerter Übergang in die Erwerbslosigkeit ist.
Um ihnen dieses Schicksal zu ersparen, bräuchte es nicht mehr als eines Kredits der Kreditanstalt für Wiederaufbau über 71 Mio. Euro. Der FDP-Wirtschaftsminister hat eine entsprechende Bürgschaft angelehnt, und die Länderminister sind sich nicht einig. Auch wurde bekannt, dass die in der Diskussion stehende Konstruktion einen Passus enthalten soll, bei dem die Betroffenen unterschreiben, dass sie auf alle arbeitsgerichtlichen Schritte gegen Schlecker verzichten.
Für die Banken haben Frau Merkel und ihre Gefolge EU-weit einen auf 700 Mrd. Euro erhöhten Rettungsschirm aufgespannt. Menschen, die von ihrer Hände Arbeit leben, werden ganz ohne Schirm mit einem Arschtritt in den strömenden Regen befördert. Die können nur auf das hoffen, was sie sich erkämpfen. Der Staat – so das ordnungspolitische Credo der neoliberalen Eliten – hat hier keine Aufgabe. Und der Freiheitsdiskurs des neuen Bundespräsidenten hat gerade unmissverständlich klar gemacht, dass dies auch so bleiben soll. «Das Wunder der Demokratie», von dem er spricht, kommt von unten oder es bleibt Weihrauch und Myrrhe.
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