Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 05/2012
Lobbyisten der katholischen Kirche im Sejm Przeglad,  20.05.2012

Immer wieder muss festgestellt werden, dass viele Parlamentarier rechter und konservativer Parteien sich nicht nach dem Gemeinwohl richten. Für sie steht immer im Vordergrund darauf zu achten, dass bei Gesetzesvorlagen und anderen Vorschlägen die kirchliche Doktrin nicht angetastet wird. Dabei spielt es für sie keine Rolle, wenn dadurch Gläubige keinen Schaden erleiden, aber dafür Nicht-Katholiken ihre Rechte zuerkannt würden. Als ein PiS – Abgeordneter gefragt wurde, ob er einem Gesetz zustimmen würde, wonach auf den Friedhöfen eine Wiese zu schaffen sei, auf der nach dem Willen Verstorbener deren Asche zu verstreuen sei, meinte dieser, er wäre dagegen, weil es der katholischen Lehre wiederspräche. Ihn interessiert also nicht der Wille des Volkes. Dieses fundamentalistische Verhalten vieler Abgeordneter versucht aus einem demokratischen Staat einen „Gottes – Staat“ ähnlich islamistischer Fundamentalisten zu machen. Hier werden alle Polen in die moralische Pflicht der katholischen Kirche genommen. Wobei diese innerhalb der römisch – katholischen Kirche auch seit Jahren recht umstritten ist, jedoch wohl nicht in Polen. Gesetze werden nicht der Scharia, aber einer Moraltheologie fundamentalistischer Katholiken untergeordnet und damit für die ganze Bevölkerung als verbindlich erachtet. Das Sprachrohr dieser - „Radio Maryja“ - stachelt dann auch zum Hass und blinder Wut gegen alle Andersdenkenden und somit Vaterlandsverräter auf. Zuhören können sie nicht, weil sie so spitz sind den Teufel im Andersdenkenden zu entdecken. (Pardon, die letzten Sätze resultieren aus eigenem Erleben) Sie vergessen dabei, besser gesagt, sie wissen nicht, dass auch bei den Christen die Gewissensfreiheit an erster Stelle steht.
Obwohl „in vitro“ in Polen recht populär in der Öffentlichkeit ist, wird es aus Gründen der Kirchenraison im Parlament nicht verhandelt. Das recht restriktive Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch aus Gründen der Gefahr für Leben und Gesundheit geht diesen Kreisen schon zu weit. Sie empfehlen den Ärzten dies aus Gewissensgründen abzulehnen – für diese baut sich ein sozialer Druck auf, dem viele folgen. Aber es gibt wie in solchen Fällen üblich Heuchler, die diese Argumente nutzen, um auf ihre Privatpraxis hinzuweisen und dort für viel Geld diese „Dienste“ anzubieten. Parlamentarier kamen jetzt sogar schon auf die Idee den Apothekern zu empfehlen Verhütungsmittel aus Gewissensgründen nicht abzugeben. Wenn wir dann auch noch wissen, dass eine Aufklärung an den Schulen unter diesen Umständen auch katholisch-kirchlich restriktiv betrieben wird, können wir uns vorstellen in welches Dilemma Jugendliche geraten können, die keine Alternative haben. Statt Aufklärung wird eine Vorbereitung zum katholischen Familienleben durchgeführt. Dann ist die polnische Gerichtsbarkeit auch sehr schnell dabei Vorwürfen nachzugehen, wo angeblich religiöse Gefühle verletzen würden. Überhaupt ist auch dort die Karriere von entsprechenden Ansichten abhängig.
Es gibt wohl Pläne auch in Polen die Kirchensteuer einzuführen. Sogar brave Katholiken sind der Meinung, dass die Kirche sich dann sehr wundern wird wie viel von den vermeintlichen über 90% Katholiken noch übrig bleiben, und sei es nur aus sozialen Gründen, weil ihnen das Geld nicht hinten und nicht vorne reicht.

Bischof prangert prekäre Arbeitsverhältnisse an www.archidiecezja.katowice.pl
Nach 90 Jahren gab es in der Huta Batory – damals Bismarck-Hütte – wieder einen Streik. Der Arbeitgeber hat Teile der Belegschaft entlassen, um sie dann über eine Fremdfirma wieder einzustellen. Das führte zu einem wilden unangemeldeten Streik der Kollegen (siehe SoZ www.sozonline.de Juni 2012)
Der Erzbischof von Katowice Wiktor Skworc hat bei einer Predigt in Chorzów bedauert, dass in der letzten Zeit in Polen vergessen wird, wie wichtig es sei sich gemeinsam um das Gemeinwohl zu kümmern. Die Arbeitslosigkeit und die Gefahr des sozialen Ausschlusses würden immer stärker mit besonderer Härte nicht nur Einzelne und ganze Familien, sondern ganze Wohngebiete in den Städten Oberschlesiens tangieren. Er ging auf die Proteste der Batory Hütte ein, die „auf Grund schmerzlicher Vorgänge, wie Massenentlassungen und der Verbreitung von solch pathologischen Formen des Umgangs mit Arbeitern wie sie durch das Aufzwingen von „Schrott- Verträgen“* zum Ausdruck kämen“.  Der Erzbischof dankte den Priestern von Chorzów, dass sie die Streikenden und deren Familien geistlich und materiell unterstützt haben. Er erklärte weiter, dass bei solch wichtigen Problemen, die ganze Städte und Regionen betreffen, diese nur im Dialog aller Beteiligten zu lösen seien: der Vertreter von Stadt, Wohnungsgenossenschaften, Gewerkschaften, Arbeitgeber, Kirchengemeinden und aller Menschen guten Willens, die in enger Zusammenarbeit Wege nach einer Lösung suchen.
*Die Gewerkschaft Sierpien 80 hat die Bezeichnung: „umówy smieciowe” - Schrott Verträge - für alle Arbeitsverhältnisse geprägt, die nicht nach dem Arbeitsrecht sondern dem Zivilrecht geschlossen werden. Inzwischen wird diese Wortschöpfung allgemein angewandt.
Lech Walesa besuchte die Chrysler- Fabrik in Detroit. Er fragte bei einem Rundgang die Arbeiter, ob sie mit der Geschäftsführung zufrieden wären. Diese meinten, sie wären zufrieden – standen doch die Bosse neben Walesa. Vielleicht sollte Walesa einmal in polnische Betriebe und dort die Beschäftigten nach ihrer Zufriedenheit fragen – ohne Anwesenheit der Geschäftsführung versteht sich. (Przeglad 20.Mai 2012)
Kampagnen und Gesetzesvorlagen gegen Gewerkschaften www.lewica.pl 22.05.2012
In der zweiten Parlamentskammer – dem Senat – wird in Polen ein Gesetz vorbereitet, dass die gewerkschaftlichen Aktivitäten in Polen einschränken soll. Aber diese Kammer diskutiert im Augenblick auch die „Rentenreform“ – auch in Polen ist wo Reform  draufsteht sozialer Abbau drin. Gewerkschafter waren der Auffassung, dass bei solch einem wichtigen Thema die Senatoren nicht unter sich bleiben sollten. Da sie nicht eingelassen wurden, haben die das Parlamentsgebäude blockiert. Das führte zu großen Kampagnen gegen die Gewerkschaften durch die Medien. Einige Spitzenpolitiker meldeten sich auch zu Wort und beklagten die Einschränkung der Freiheit für die Parlamentarier und eine Politisierung der Gewerkschaften. Neben Walesa und Komorowski meldeten sich auch sogenannte Linke zu Wort wie Vertreter Palikot-Bewegung, der sich als politischer Gefangener fühlte und Palikot selbst sich um den Rasen Sorgen machte, den die Gewerkschafter niedertrampelten. Es war nur erstaunlich, dass mit einem Mal der Solidarnosc vorgeworfen wird, dass sie sich politisieren würde. Als sie in den vergangenen Jahren die „Reformen“ unterstützten und das Rückgrat der regierenden Partei waren, hat es offenbar nicht gestört. Die Medien, die nach dem mündigen Bürger rufen und seine Einmischung fordern, lehnen solche Aktionen ab. Sie scheinen gar nicht zu merken, dass die Regierung an öffentlichen Debatten nicht interessiert ist, sowohl was die Erhöhung des Rentenalters auf 67, als auch alle anderen Reformen zu Ungunsten der Bürger. Das Portal lewica.pl unterstützt eine Unterschriftenkampagne, um die Gewerkschafter zu unterstützen.

Der Senat will Medien lahm legen Anzeige in polnischen Medien Anfang Mai 2012
Die Mitglieder der zweiten Kamer des polnischen Parlamentes planen eine Novellierung des Presserechts. Sie sind der Auffassung, dass die bisherigen Vorschriften nicht ausreichend wären. Dort wird geregelt, dass bei nachgewiesenen falschen Behauptungen eine Richtigstellung zu veröffentlichen ist. Die Senatoren wollen diese Vorschrift „präzisieren“. Dies soll dahingehend verlaufen, dass Institutionen, Manager und  alle Menschen die Möglichkeit haben Auffassungen zu widersprechen, die veröffentlicht wurden. Diese Zeitung muss dann  die Auffassung der Andersdenkenden veröffentlichen. Es geht dabei nicht um bewiesene Fakten, sondern um Meinungen. Dies würde nach Auffassung der Journalisten und Redaktionen die Möglichkeit nehmen ihre Zeitung nach ihrem Willen zu gestalten und dazu führen, dass seitenlange Polemiken veröffentlicht werden müssten von Menschen die eine andere Auffassung haben. Linke Medien hätten dann Polemiken konservativer zu veröffentlichen und umgekehrt. Ein Dialog wäre es nicht, sondern eine Strapaze auch für die Leser und letztendlich der Niedergang der Pressefreiheit.

Polen unzufrieden mit der Familienpolitik www.lewica.pl 17.05.2012
Polen nimmt unter den entwickelten Ländern den 28. Von 43 Plätzen betreffs der Situation von Mutter und Kind nach Angaben von „Save the Children“ ein. Die Länder der ehemaligen UdSSR und Südosteuropas stehen nur noch schlechter da.
Nach Umfragen des Zentralen Amtes für Statistik geben 51% der Befragten an mit der Familienpolitik nicht zufrieden zu sein, nur 9% sind zufrieden. Nach Ansicht von 60% ist die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes die größte Ursache für die geringe Geburtenrate und 48% geben die schlechte Wohnsituation an. Weiter meinen dazu 32% der Befragten eine Ursache sie auch die Angst vor einer Senkung des Lebensstandards, 26% sehen Gefahr für die Karriere und 23% Schwierigkeiten Beruf und Familie in Einklang zu bringen und 16% sehen die Ursache in der Bequemlichkeit.

Planungen für ein Atomkraftwerk Przeglad, 27.05. 2012
Am 1. April 2011 wurde durch die polnische Regierung eine Sonderkommission gebildet, die an einer Anpassung der Gesetze arbeiten, damit der Bau des Atomkraftwerks problemlos vonstattengehen kann. Verantwortlich sind dafür der Finanzminister und der Wirtschaftsminister. Dieser Regierungskommission gehören Mitglieder der Arbeitgeberverbände an. Ein Rechtsberater eines Arbeitgeberverbandes hatte bereits früher dem Wirtschaftsminister einen Bericht zur „Atomenergie“ erstellt. Außerdem hat er ein rechtliches Gutachten erstellt, um in der Legislative eine Befürwortung des Baus des ersten Atomkraftwerks zu ermöglichen. In der Kommission haben sie die Interessen von Firmen vertreten, wie EDF – einem französischen Energieunternehmen und anderer Unternehmer. Ein Beratungsunternehmen im Finanzministerium wiederum wurde im Auftrag der ersten Investitionsfirma beschäftigt. Es ist zu bezweifeln, ob die „Gesetzesanpassungen“ den Normen der EU gerecht werden. Dazu kommt noch, dass die Werbung für das Projekt die Firmen mit Staatsgeldern betreiben, die das Atomkraftwerk bauen bzw. betreiben werden. Es wäre sicher beruhigend für die Bürger, wenn sich die Abteilung Innere Sicherheit weniger mit langhaarigen Jugendlichen befassen würde, dafür sich mehr darum kümmern würde wofür die öffentlichen Gelder ausgegeben werden. Es macht Angst sich vorzustellen, dass die gleichen Firmen, die für die EM 2012 die Stadions und Autobahnen bauen, nun den Reaktor und dazu die Kuppel bauen würden. So kann nur gehofft werden, dass das ganze Projekt an fehlenden Finanzen scheitern wird.

Komitee zur Verteidigung von Mietern vor Gericht Przeglad, 20.Mai 2012
Nachdem im vergangenen Jahr eine Aktivistin dieses Komitees – Jolanta Brzeska - unter mysteriösen Umständen im Wald verbrannt gefunden wurde, gab es in Warschau eine spontane Demonstration. Jetzt standen Vertreter dieses Komitees vor Gericht. Das Gericht hat zwar festgestellt, dass diese Demonstration rechtswidrig war, das Gericht würde aber von einer Strafe wegen des gesellschaftspolitischen Interesses absehen. Sie hätten nicht nur wegen der getöteten Aktivistin protestiert, sondern  treten auch für eine menschenwürdige Behandlungen von Mietern – und das nicht nur in Warschau – ein.
Jolanta Brzeska ist zum Symbol geworden für einen hoffnungslosen Kampf für ein Dach über dem Kopf. Ihr Tod wurde bis jetzt nicht aufgeklärt. Ein Jahr lang wurde nichts unternommen, weil unterstellt wurde dass sie selbst in Wald gegangen wäre und sich dort auf einem Scheiterhaufen verbrannt hätte. Davon ist zwar keine Rede mehr, aber über weitere Untersuchungen ist nichts bekannt.

Wohnungsbau in Polen Przeglad, 06.Mai 2012
Staatliche Ämter gehen davon aus, dass 1,5 Millionen Familien in Polen keine eigene Wohnung haben. Fast 6 Millionen Menschen bewohnen Wohnungen, die den Mindeststandards nicht entsprechen – also ohne Kochgelegenheit, eigener Toilette oder Bad. Bis 2008 gab es über fünf Jahre einen Zuwachs an Wohnungen. Jetzt stagniert es. Dabei müssten mindestens 200.000 Wohnungen auf Grund ihres Zustandes vom Markt. Ganz interessant ist eine Tabelle die aufzeigt wie viel Wohnungen pro tausend Einwohner in den einzelnen Jahren übergeben wurden: 1955=3,3; 1965=5,4; 1975=7,3; 1985=5,2; 1995=1,6; 2000=2,3; 2005=3,0; 2008/9 je 4,3; 2011=3,4.
Mit dem Beginn der Krise wurde es immer schwieriger, weil die Kreditinstitute vorsichtiger wurden, der Kurs des Schweizer Frankens stieg – was schon bei Wohnungsbesitzern zu enormen Belastungen führt. Dazu kam, dass immer mehr junge Leute ohne Arbeit, im unbezahlten „Praktikum“ oder nach den sogenannten Schrottverträgen angestellt waren. Auch der Staat hat sich zurückgezogen – gab er 2006 noch 0,45% des Staatshaushalts für den Wohnungsbau, so sind es heute 0,3%.
Das Regierungsprogramm: „Familie in eigenen Wänden“ führte dazu, dass immer mehr Menschen Kredite aufnahmen und vom Staat gefördert wurden. Waren es 2007 etwa 0,5 Milliarden sind es 2011 schon 9 Milliarden an Krediten. Die Regierung brachte darauf hin eine Gesetzesänderung  in Kraft, so gehören nur noch unter 35 jährige zu denen, die mit einer staatlichen Beihilfe rechnen können. Außerdem läuft das Programm „Familie in eigenen Wänden“ zum Jahresende aus. Einerseits erklärt die Regierung dieses Programm als ein Grundstein für die Verbesserung des Wohnungsmarktes und lässt ihn fallen. 2009 hat die Regierung sich bereits aus dem Fonds zurückgezogen, der den Bau von Mietwohnungen unterstützte und de Genossenschaften vor allen Dingen zu gute kommen sollte. So ist die Chance für viele Menschen eine eigene Wohnung zu bewohnen gering. Dabei stellt die polnische Verfassung fest: „Die Regierung hat die Aufgabe eine Politik zu führen, die die Bedürfnisse der Bürger nach einer Wohnung erfüllt.“ Also sie müssen dies tun, ob sie wollen oder nicht!
Fast jeden Tag ist auf Internetseiten zu lesen, dass es wieder Zwangsräumungen oder Versuche dazu gab. Da macht eine Verwaltungsangestellte ohne den Gerichtsvollzieher hinzuzuziehen kurzen Prozess und will eine Mutter mit drei Kindern an die Luft setzen. Aber es gibt doch in den Städten überall inzwischen aufmerksame Mieterorganisationen, die zu Hilfe eilen.

Besetzung des Krakauer Rings http://fakrakow.wordpress.com/2012/05/21/+/2012/05/25
Am 21. Mai wurde am Krakauer Markt in Nähe des Denkmals von Adam Mickiewicz Zelte aufgestellt. Sie sollen eine Woche stehen bleiben. Die Organisatoren wollen damit gegen die Zwangsräumungen und gegen das Abwälzen der Kosten der Krise auf die Bevölkerung protestieren und zugleich verlangen sie mehr direkte Demokratie und somit die Beteiligung an Entscheidungen von denen sie selbst betroffen werden. In der Zeltstadt finden Meetings statt, kommen Künstler und Wissenschaftler zu Veranstaltungen. Am Morgen des 25. 5. harren 40 Personen dort aus. Gegen 6 Uhr kommen starke Polizeikräfte auf den Platz und der Leiter der Stadtverwaltung fordert sie auf den Platz zu räumen. Um 7.25 ist der Platz durch die Polizei geräumt und zwei Personen verhaftet. Zu einer Pressekonferenz des Oberbürgermeisters wird ihnen der Zugang verwehrt. Aber von befreundeten Journalisten erfahren sie, dass der Bürgermeister erklärte die Verwaltung hätte nach Wegen gesucht, um dieses Zeltlager mitten in der Stadt zu liquidieren. Schließlich würde jetzt aufgrund der EM die internationale Presse anreisen und da wäre es beschämend.
Die Organisatoren wurden in den „Kunstbunker“ eingeladen, wo sie ihre Zelte aufschlagen werden. Außerdem wollen sie den öffentlichen Raum besetzen, indem sie auf dem Zentralen Markt Vorträge und Diskussionsrunden, aber auch verschiedene Werkstätten. Der Widerstand geht weiter!

Zur Arbeit - wie in den  Krieg Przeglad, 27. Mai 2012
Während in den übrigen Ländern der EU die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle von Jahr zu Jahr sinkt steigen sie in Polen und Litauen. In Polen kam es 2011 zu 97.223 Arbeitsunfälle, davon waren 1.000 schwer bzw. tödlich. Besonders im Bausektor gibt es viele Unfälle. Die Firmen wollen bei den Ausschreibungen nicht zu kurz kommen, also versuchen sie die niedrigsten Kosten zu veranschlagen. Zeit ist Geld – und Sicherheit kostet Zeit. Also wird diese mal schnell außer Acht gelassen. Ein pensionierter Arbeitsschutzinspektor hat immer wieder an großen öffentlichen Bauten bemerkt, wie die Sicherheitsvorschriften nicht beachtet wurden und diese auch gefilmt oder fotografiert. Er war auch sehr verwundert, dass die Staatliche Arbeitsschutzinspektion sich offensichtlich recht passiv verhält. Früher wäre rigoros kontrolliert worden. Heute müssen die Bauten in kürzester Zeit fertig werden. Aus diesem Grund hat er seine ehemaligen Kollegen auf beobachtete Mängel hingewiesen und sie schriftlich aufgefordert ihren Aufgaben nachzukommen. Das brachte ihn wegen Beamtenbeleidigung vor Gericht und eine Verurteilung auf Bewährung. Auch bei Bau des großen Einkaufszentrums am Hauptbahnhof von Krakau hat er grobe Fahrlässigkeit entdeckt und fotografiert. Ein 25. Jähriger war zu Tode gestürzt, weil er nicht gesichert war. Verurteilt wurde niemand – die Fotos fanden keine Beachtung.

Hat in der EU der Wind nach links gedreht? Przeglad, 20. Mai 2012
Auch Polens Premier hat sich während des Wahlkampfs in Frankreich keine Zeit für den Kandidaten der Sozialdemokraten genommen. Die Zeitungen höhnten, die Franzosen würden doch nicht so kurzsichtig sein und Francois Hollande wählen. Schließlich würden die Sozialisten zwar den Kapitalismus kritisieren, hätten aber keine Alternative anzubieten. Ganz stark kamen in Polen die Gläubigen des neoliberalen freien Marktes zu Wort, die da glauben an die Macht der Banken und Konzerne. Natürlich haben die gleichen Marktgläubigen die Griechen und ihre linken Parteien angeprangert, weil sie gegen den rigorosen Sozialabbau sind. Die Griechen haben gezeigt, dass sich die Menschen nicht wie Spielsteine hin und her schubsen lassen, dass sie sich ihrer Würde bewusst sind und um diese kämpfen. Bei Debatten haben die Polen nicht die Möglichkeit auch einmal unabhängige Fachleute zu hören, die es gibt. Es werden immer wieder nur die Anhänger der Schule des Balcerowicz zu Gehör gebracht. Die Arbeiter werden dann in Zukunft – da sie eh nichts zu sagen haben ein Loblied singen:
Eine herrliche Zukunft liegt vor uns - Bauen wir neue bankenaus Beton und Stahl
Auf in die Zukunft Landsleute - Bauen wir eine neue Welt
Verrecken werden wir bei der Arbeit  - In nur noch ein paar Jahren
Lasst uns unsere Anstrengungen zusammen führen - Vereinen wir unsere Kräfte
Das Vaterland, das Vaterland wartet auf Dich - Geliebter Kapitalist!
Allerdings waren in diesem Jahr die Maidemonstrationen nicht zu übersehen, zumal bei der SLD es nach Jahren eine Massendemonstration gab. Da konnten auch nicht die Fernsehbilder zum Jahrestag der Seligsprechung des Papstes oder eines Kongresses von Palikot dies vollkommen verdecken. Der Wind hat sich in einigen Ländern gedreht, Zeit für Polen!

Nonne schlug Behinderte – vom Gericht freigesprochen www.lewica.pl, 16.05.2012
Ein Tourist filmte, als ein 19 jähriges Mädchen sich Schuhe auszog, dafür von der Nonne beschimpft, an den Haaren gezogen und dann mit dem Schuh geschlagen wurde. Es war ein geistig behindertes Mädchen. Das Gericht sprach die Nonne frei, weil die Angelegenheit nicht vom öffentlichen Interesse sei. Die Staatsanwaltschaft sah keinen Grund wegen eines einzelnen Vorfalls ein Urteil zu fordern. Der Orden der Nonne bagatellisierte den Vorfall,  ebenso der Bürgermeister, dem die Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung untersteht. Die Nonne selbst erklärte, sie hätte dies getan, um die junge Frau zu beruhigen(!) Außerdem erklärte sie ihre Unschuld,  schließlich sei die Arbeit mit behinderten Jugendlichen schwierig. … und das im XXI Jahrhundert!

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