Deutschland/Spanien 2011, Regie: Maggie Peren
von Angela Huemer
Der Film beginnt mit einem langen Prolog. Eine junge Frau klopft heftig an Tür und Fenster, José ruft sie, José. José liegt noch im Bett, er hört sie – doch er ignoriert sie. Er stellt sich unter die Dusche und hält sich die Ohren zu.
Als er dann mit seinem Auto losfährt, merkt er, dass sie, Marielle sich darin versteckt hat. Am Rand des Rollfelds des Flughafens bleiben sie stehen. Marielle will, dass José ihr Heroin spritzt. Sie bereitet alles vor, doch José vernichtet das Rauschgift, statt in ihre schon angegriffene Vene spritzt er es auf den Boden. Während sie wütend auf das Auto einhaut, fährt er davon.
Unter Wasser. Eine junge Frau, die deutsche Urlauberin Nathalie, schwimmt und gibt sich den Wellen hin. Sie taucht auf und blickt in Richtung Strand – dort ist ein kleines Boot, ein gestrandetes Flüchtlingsboot. Einer der Bootsflüchtlinge, Zola, trägt seinen kleinen Sohn Mamadou auf den Armen, er kommt auf Nathalie zu und bittet sie um Wasser. Schnell kramt sie eine Plastikflasche aus ihrer Tasche und gibt sie ihm. Sie geht und holt frisches Wasser. Als sie wiederkommt, ist bereits die Polizei da. Wir sehen José wieder, er ist einer der Polizisten, er bittet Nathalie, den Strand zu verlassen. Zurück im Hotel erzählt Nathalie über Skype ihrem Freund Paul davon. Der Mann mit dem Sohn, sagt sie, hat wohl ihre Adresse und Telefonnummern, der Adressenanhänger ihrer Tasche fehlt nämlich. Misch dich nicht ein, meint Paul. Doch Nathalie ist sichtlich berührt von dem, was sie erlebt hat.
Die Flüchtlinge werden befragt. Zola, sagt eine Frau, die mit ihm im Boot war, hat niemandem Wasser gegeben, obwohl er welches hatte. Sie hat zwei Töchter verloren. Einer der Befrager ist José. Er wirkt hartherzig und glaubt ungern, was er hört. Carla, seine Kollegin, versucht seine Härte abzufangen. Was hast du nur gegen diese Leute, fragt sie ihn. Zola und Mamadou fliehen aus dem Flüchtlingslager. Sie kommen ausgerechnet in einer großen Schwimmbadanlage unter, der schwarze Kioskbetreiber gewährt ihnen einen Schlafplatz im Depotraum bei den Duschanlagen. Nathalies Freund Paul kommt etwas früher als geplant. Sie werden den Jahreswechsel auf der Insel verbringen. Zola meldet sich bei Nathalie. Unbekannte Nummer, beim ersten Versuch geht Paul ran, er drückt den Anruf weg.
Er und Nathalie sind glücklich miteinander. Der unbeschwerte Urlaub wird unterbrochen, als Zola Nathalie erneut anruft. Er bittet sie um Hilfe. Paul ist skeptisch, du kannst ihm was zum anziehen geben, aber bitte gib ihm kein Geld.
Während einer Befragung im Flüchtlingslager wird José unterbrochen. Da ist jemand für dich. Er geht kurz hinaus und sieht Marielle, bringt sie weg, meint er, ohne mit ihr zu sprechen, sie kann nicht hier sein.
Maggie Peren, die Drehbuchautorin und Regisseurin erzählt die sich verkreuzenden Geschichten ihrer Protagonisten ganz sparsam. Wir erfahren nur das Nötigste über die Figuren und kommen ihnen doch nahe. Es ist kein übliches Urlaubsspanien, das wir hier sehen. Ein karger Strand mit wunderschönen Sanddünen, ein mittelmäßiges Hotel, unansehnliche Wohnblocks. Wasser und Licht bestimmen die sehr gelungenen Bilder von Kameramann Armin Franzen. Besonders schön der Jahreswechsel, den Nathalie und Paul in einer Disco verbringen und José irgendwo auf der Straße, eher gestört als angetan von den Feuerwerkskörpern.
Kein einziges Mal wird der Film mitleidig oder rührselig. Alle Figuren werden auf Augenhöhe behandelt – als Zola sich übermäßig dankbar zeigt, wimmelt Nathalie (großartig gespielt von Sabine Timoteo) das sofort ab. Meisterhaft schaffen die Regisseurin Maggie Peren und ihr Kameramann Armin Franzen die Balance zwischen Distanz und Nähe. Ihnen ist ein wunderbarer Film gelungen. Wie sich diese Geschichten verkreuzen und wie der Ausschnitt aus dem Leben der Protagonisten endet, sei hier nicht verraten.
Der Film, der bereits einige Preise gewonnen hat, läuft seit dem 15.Mai im Kino. (Kinos auf www.diefarbedesozeans.de.)
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