Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 06/2012

München: Liebeskind, 2012, 303 S., 19,80 Euro

von Udo Bonn

Im mittleren Westen gibt es viele Orte, die nach den wirtschaftlichen und sozialen Verwüstungen der Großen Depression keine Erholung erfahren haben. Die Heimkehrer aus dem Zweiten Weltkrieg finden aufgegebene Fabriken und unbestelltes Land vor, und bis sie ihre Söhne knapp 20 Jahre später in den Vietnamkrieg ziehen lassen, hat sich bis auf die Musik und die nächste Autogeneration nichts geändert.

Arvin Eugene Russel muss bei seiner Großmutter Emma und ihrem Bruder aufwachsen, seine Mutter ist in einem Kaff in Ohio an Krebs gestorben, weder die Ärzte noch das Beten und die alttestamentarischen Opferungsorgien seines Vaters haben sie retten können. Nach der Selbsttötung des dem Wahn verfallenen Willard muss der Junge umsiedeln und findet bei seiner Großmutter in der Waise Lenora eine Schicksalsgenossin.

Während die Hänseleien der Mitschüler bei dem Mädchen die Gottesfürchtigkeit nur noch vertiefen, wird sie von Arvin auf recht robuste Art geschützt, so wie es der Vater ihn gelehrt hat. Aber gegen die bösartige Verführungskunst eines pädophilen Predigers ist der Junge machtlos, und so bleibt ihm nur die Rache. Und die Flucht. Hier kreuzt sich sein Weg mit einem mörderischen Pärchen, das aus einer Mischung von Abhängigkeit, sexueller Verkommenheit und religiösen Schuldfantasien einer blutigen Urlaubsbeschäftigung nachgehen. Eine Geschichte, die einen fast ohne Hoffnung lässt.

Wer sich berufen fühlt, christliche Werte angesichts islamistischer Bedrohungen hochzuhalten, dem sollte aus therapeutischen Gründen Donald Ray Pollocks Roman Das Handwerk des Teufels zur Pflichtlektüre empfohlen werden. Und keiner sollte danach sagen, der Roman spiele in den 50er und 60er Jahren der USA, heutzutage seien solche Zustände nicht mehr möglich. Teaparty, steinreiche Fernsehprediger, militanter Kampf gegen das Recht auf Abtreibung – das Bewerberpersonal der Republikaner im aktuellen Präsidentschaftswahlkampf deuten nur an, wie stark die christlich-fundamentalistische Rechte in den USA des 21.Jahrhunderts ist – und was diese Figuren und die sozialen Verhältnisse, die sie verteidigen, bei einfachen Leuten anrichten, für die es damals wie heute keine Hoffnung in Gods own Country gibt.

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