von Angela Huemer
Martin Keßler ist mit dem Amazonas vertraut: 2009 berichtete er bereits in seiner 90-Minuten-Dokumentation «Kampf um Amazonien» ausführlich über die Auswirkungen von riesigen Staudämmen auf Menschen und Natur. Der Film war von Hoffnung getragen, besonders beeindruckend war der energische Auftritt der Indigenen beim Sozialforum – sie machten auf ihr Anliegen aufmerksam, den Kampf gegen das riesige Kraftwerk von Belo Monte (siehe SoZ 12/2010).
Seither ist einige Zeit vergangen und Countdown am Xingu II scheint wie durchdrungen von Hoffnungslosigkeit, die nur ab und an verschwindet. Der Film beginnt mit Bischof Erwin Kräutler, einem Österreicher, der schon jahrzehntelang in Brasilien lebt und vor einem Jahr für seinen Einsatz für die Rechte der Indigenen und den Erhalt des Regenwaldes den alternativen Nobelpreis erhalten hat. Dom Kräutler ist Bischof von Altamira, der Stadt, die von Belo Monte unmittelbar betroffen wäre. Wüsste man nicht, dass er Bischof ist, könnte man es nur schwer erraten, so einfach, kämpferisch und entschlossen tritt er auf – nur wenige Male sehen wir ihn im Priestergewand beim Abhalten einer Messe. Seit einigen Jahren hat Kräutler Polizeischutz, 1987 hat er bereits einen Mordanschlag überlebt, und 1995 wurde einer seiner Ordensbrüder ermordet.
Keßler und Kräutler reden portugiesisch miteinander, nur einmal übersetzt Kräutler etwas direkt ins Deutsche, als er ein Sprichwort übersetzt: «der, der nichts zu verbergen hat, ist transparent» – doch die Firma, die die vorbereitenden Baumaßnahmen für Belo Monte durchführt, hat wohl was zu verbergen und verwehrt Keßler und Kräutler den Zugang. Keßler filmt selber und stellt dabei auch die Fragen, den Interviewten kommt er sehr nahe, die meisten Gespräche sind in Großaufnahme gedreht. Manchmal irritiert das, man würde gerne einen Schritt zurücktreten und einen größeren Bildausschnitt sehen – doch andererseits vermittelt es auch Keßlers Nähe zu den Befragten und seine emotionale Nähe zu dem, was er zu vermitteln versucht.
In seiner neuen Reportage nutzt Keßler eigenes Archivmaterial und oft auch Material aus dem Internet, Youtube. Einige Male kommt die Erläuterung im Off, «Im Internet haben wir ... gefunden.» Der Off-Kommentar ist ansonsten sparsam und gut gesetzt, denn mitunter ist zusätzliche Information vonnöten. Der Film entgeht gerade noch der Gefahr, zu rhetorisch zu werden.
Die Hauptfigur des Films ist wohl Bischof Kräutler. Schön ist vor allem zu sehen, wie er seine, wie es scheint, weniger werdenden Mitstreiter gegen den Staudamm erneut motiviert und sie zum Weitermachen bewegt, ohne die Situation zu beschönigen.
Keßler hat den Film mit Hilfe von Stiftungsgeldern gedreht und sich mittlerweile ein wohl gut funktionierendes Netzwerk für die Verbreitung seiner Filme erarbeitet.
Über www.neuewut.de kann man sich informieren, wo und wann der Film gezeigt wird, und auch eine DVD erwerben.
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