Empfehlungen von Udo Bonn
Oliver Harris, London Killing. München: Blessing, 2012, 479 S., 19,95 Euro
Jim Thompson, Der Mörder in mir. Zürich: Diogenes, 1992, 234 S., 9,90 Euro
Michael Robotham, Der Insider. München: Goldmann, 2012, 539 S., 14,99 Euro
Mit Dreck im Mund, in versauten Klamotten wacht der Polizist Nick Belsey in einem kleinem Park am Rande des Londoner Nobelviertels Hampstead auf. Filmriss. Was war letzte Nacht? Hat er den Dienstwagen geklaut? Wo hat er seine Sauftour beendet? Ist das das Ende einer ungeliebten Polizistenkarriere, ohne Wohnung, ohne Papiere, ohne Chance, seine Schulden abzubezahlen? Er schleicht sich auf sein Revier und ahnt, was kommen wird. Und dann soll er sich um eine Vermisstenmeldung kümmern, ein russischer Neureicher ist seit mehreren Tagen nicht mehr in seinem Haus aufgetaucht.
Belsey stattet Alexei Devereuxs Wohnsitz einen Besuch ab, klaut ein Paar Schlangenlederschuhe und langsam kommt ihm die Idee, vorübergehend die Identität des Russen anzunehmen: Irgendwie muss es doch möglich sein, an das Geld des Oligarchen zu kommen und dann aus England abzuhauen. Mit enormer krimineller Energie, jeder Menge aufputschender Tabletten und dank seiner Verbindungen zum Londoner Milieu scheinen seine Chancen nicht allzu schlecht zu sein. Bis eine junge Frau neben ihm erschossen wird und die Ermittlungen der Kollegen in eine falsche Richtung geleitet werden. Auf der Abschussliste der Behörde, zunehmend in einer Doppelexistenz, bewegt sich Belsey auf einem existenziellen Drahtseil.
Oliver Harris’ Krimi London Killing steht nicht ohne Grund ganz oben auf der Krimibestenliste – und das mit seinem ersten Roman.
Der 1977 verstorbene Autor Jim Thompson gehört zu den Klassikern des Noir-Genres, in Deutschland sind aber mehr die Verfilmungen seiner Bücher bekannt. So lieferte er die Grundlage zu Getaway mit Steve McQueen und Der Saustall mit Philippe Noiret in den männlichen Hauptrollen.
Sein wohl bösester Roman, der bei Diogenes immer noch zu haben ist, Der Mörder in mir, ist die Geschichte eines psychisch kranken Mannes, dem es gelingt, in einem kleinen texanischen Kaff den guten Polizisten zu spielen. Er gibt den Kümmerer, der Jugendliche auf die richtige Bahn zurückbringt, der das Gesetz nach dem Motto Gnade vor Recht interpretiert – kurz: ein Deputy Sheriff, den die Gemeinde mag und mit dem man gerne seinen Frühstückskaffee trinkt.
Aber Lou Ford ist ein Mörder, für dessen Verbrechen an einem kleinen Mädchen sein Bruder herhalten musste. Der Bruder lebt nicht mehr, gestorben bei der Inspektion einer Baustelle. Ford macht den korrupten Bauunternehmer Conway dafür verantwortlich, und eine Beziehung zu einer Prostituierten scheint es möglich zu machen, Rache zu üben. Fords Wahn und Kaltherzigkeit führen in eine Katastrophe.
Bei den aktuellen Neuerscheinungen kommt man nicht an Der Insider von Michael Robotham vorbei.
Holly und Zac haben sich eine besondere Tour ausgedacht, um in Londoner Pubs Männer anzumachen und sie dann auszurauben: Zac prügelt Holly, Zac klaut Hollys Tasche und dann kommt es auf die Hilfsbereitschaft (oder Geilheit) des Mannes an, der im Visier des Pärchens war. Übernachtungsangebot, Ko-Tropfen, Wertgegenstände weg. Auf die beiden fällt auch der ehemalige Polizist Vincent Ruiz rein. Und weil bei dem Diebstahl Dinge weggekommen sind, die für die Hochzeit seiner Tochter von Bedeutung sind, forscht er nach und findet den toten Zac, gefoltert.
Ungefähr zur gleichen Zeit trifft eine Gruppe von UNO-Rechnungsprüfern in Bagdad ein. Sie sollen kontrollieren, wie die Millionengelder der Aufbauhilfe verwendet werden. Für eine von ihnen, Daniela Garner, interessiert sich der Journalist Luca Terraini. Der recherchiert über gut geplante Banküberfälle, die immer dann stattfinden, wenn riesige Summen an Dollars auf den irakischen Banken eingetroffen sind. Ihr Beruf bringt beide in Lebensgefahr, aber wer sind die Kräfte, die jegliche Aufklärung um alles in der Welt verhindern wollen?
Und wer steckt hinter der Vorbereitung eines Attentats in London, in das drei junge Pakistani verwickelt werden?
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