Nach der Abwälzung der Krisenlasten auf die arbeitende Bevölkerung Europas werden ihr jetzt auch noch die Kosten zur Rettung des Euros aufgebürdet.
In vielen europäischen Ländern fanden dagegen große Protestbewegungen statt, so in Griechenland, Portugal, Belgien, England, Italien und Spanien. Viele Millionen sind immer wieder auf den Straßen und Plätzen und kämpfen gegen Lohn- und Sozialraub, gegen den Kahlschlag bei gewerkschaftlichen Errungenschaften und demokratischen Rechten.
Hier bei uns waren die Proteste noch nicht stark genug, um der Bundesregierung irgendein Zugeständnis abzutrotzen. Schon in der Tarifrunde des öffentlichen Dienstes wurde Ver.di entgegengehalten, ihre Forderungen seien wegen der Schuldenbremse nicht mehr finanzierbar. Der unkündbare Fiskalpakt ist ein neuer Angriff auf demokratische Grundsätze.
Seit dem Jahr 2010 fand in Deutschland eine massive Konjunkturerholung statt, von der die Arbeitenden und die Erwerbslosen nur sehr wenig «abbekommen» haben.
Letztere dürfen trotz Hochkonjunktur nur auf Niedriglohn, Leiharbeit oder andere Formen prekärer Beschäftigung hoffen, insbesondere die Jugend ist massiv davon betroffen. Nur in wenigen Großbetrieben werden Erfolgsprämien an die Kernbelegschaft verteilt. Immer mehr Arbeitslose werden direkt nach Verlust ihrer Arbeit zu Hartz-IV-Empfängern.
Demgegenüber wird von seiten der Gewerkschaftsführungen strategisch nach wie vor der Standortlogik gehuldigt (sprich: Wettbewerbsgemeinschaft mit den Unternehmen):
– Es wird Zurückhaltung bei der Frage geübt, wer die Lasten der Krise zu tragen hat, die verheerende Politik Merkels gegenüber Griechenland wurde sogar aktiv unterstützt. Auf den Gewerkschaftstagen von IG Metall und Ver.di waren die Aussagen widersprüchlich, Aufrufe zur Gegenwehr gegen die EU-Politik standen direkt neben Verteidigung der Sparpolitik. Immerhin wendet sich der DGB aktuell gegen den Fiskalpakt, dies wird jedoch nicht von einer Kampagne oder deutlich sichtbaren Mobilisierung begleitet.
– Die Diskussion zu den Tarifrunden im Winter 2011/12 gab Anlass zu Hoffnungen, u.a. wegen Kampagnen gegen Leiharbeit und für soziale Komponenten in den Forderungen. Aber der Tarifabschluss bei Ver.di hat sich von den Tarifforderungen weit entfernt, gerade die soziale Komponente wurde fallengelassen. Auch die anderen Tarifrunden (Metall, Chemie, Banken...) konnten den Trend der Umverteilung von unten nach oben nicht stoppen – es gab somit keine Kehrtwende.
– Antikrisen-Aktionen wie Blockupy werden von den Gewerkschaften vorerst noch nicht flächendeckend unterstützt, positive Ansätze sind vorhanden.
– Ganz zu schweigen von der vorerst gescheiterten DGB-BDA-Initiative zur Einschränkung des Streikrechtes. Dieser geplante Höhepunkt sozialpartnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen den Führungen der DGB-Gewerkschaften und ihren eigentlichen Gegnern, den Unternehmerverbänden, wurde zwar gestoppt, aber seit dem gescheiterten Streik der kleinen Flugsicherungs-Gewerkschaft GDF gibt es Anzeichen, dass diese Atempause vorbei ist und die Regierung mit gewerkschaftlicher Rückendeckung doch noch einen Anlauf zur gesetzlichen Herstellung der «Tarifeinheit» im Betrieb unternimmt.
Deshalb laden wir zu einem gewerkschaftspolitischen Ratschlag ein. Wir wollen einen offenen Austausch über die Einschätzung der aktuellen Situation und die weitere Zusammenarbeit aller linken Kräfte innerhalb der Gewerkschaften ohne Vorbedingungen beginnen.
Am 22./23.September treffen sich in Frankfurt am Main Vertreter von: AG Betrieb und Gewerkschaft der Partei DIE LINKE, AG Betrieb und Gewerkschaft der DKP, Zeitung Express sowie weitere Initiativen und Netzwerke kritischer Gewerkschafter zu einem gemeinsamen gewerkschaftspolitischen Ratschlag. Bürgerhaus Gallus, Frankenallee 111, Samstag: 11–19 Uhr; Sonntag: 9–13 Uhr.
Es referieren: Frank Deppe, Bernd Riexinger, Stephan Krull, Christina Frank, Gertrud Moll, Ariane Raad, Detlev Hensche (angefragt).
Infos und Anmeldungen bitte an: HKroha@t-online.de
Weitere Infos unter: www.labournet.de.
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