Helmut Weiss/Mag Wompel
Warum Labournet Germany dafür ist, am 2.Internationalen Treffen linker Gewerkschafter und Sozialbewegungen im April 2013 in Frankreich teilzunehmen.
Anfang Mai 2012 nahm LabourNet Germany in Brasilien am 1.Kongress der Gewerkschaft Conlutas (Nationale Koordination der Kämpfe) und am anschließenden internationalen Treffen teil, zu dem Conlutas gemeinsam mit der französischen Gewerkschaft SUD eingeladen hatte.
SUD, Conlutas und die britische Transportarbeitergewerkschaft RMT haben nun beschlossen, im März/April 2013 in Frankreich ein zweites internationales Treffen zu organisieren. Es soll ein praktischer Schritt werden, um einen globalen Pol für eine strömungsübergreifende, moderne Klassen(gewerkschafts)politik zu schaffen. Keine Internationale, sondern wenn es sich positiv entwickelt, eine Art Koordination, auch zur Debatte und Umsetzung praktischer Schritte.
Aus drei Gründen halten wir das für ein Vorhaben, für dessen Gelingen wir bereit sind, einiges an Arbeit zu investieren.
1. Strömungsübergreifend
Vor allem ist das Ganze kein Parteiprojekt: Diese Vermutung hatte LabourNet Germany zunächst, ist uns doch die Geschichte von Conlutas und ihr Zusammenhang mit der brasilianischen PSTU (Vereinigte Sozialistische Arbeiterpartei) bekannt, die Mitglied der Internationalen Arbeiterliga (LIT) ist. Das möchten wir ebenso erwähnen, wie die Tatsache, dass Conlutas eine Abspaltung der traditionellen Gewerkschaftsföderation CUT ist, an der sie die zu große Regierungsnähe kritisiert: Ob Rausgehen der richtige Schritt war zum richtigen Zeitpunkt war, möchten wir ausdrücklich dahingestellt sein lassen.
Tatsache aber ist, dass SUD (eine) ganz andere Strömung(en) repräsentiert als Conlutas, und dass nun auch die RMT dazu kommt, die wiederum andere politische Richtungen vereinigt – das macht das Vorhaben zu einem zumindest potenziell strömungsübergreifenden Projekt. Erst recht, wenn man beachtet, wer alles noch da war bzw. Interesse hat: die CUB Italien, eine oppositionelle Strömung in der französischen FSU, der (neugegründete) Verband der Klassengewerkschaftszentrale Paraguays, die Transportarbeitergewerkschaft Senegals, die Opposition in der Lehrergewerkschaft Perus und noch einige andere mehr.
2. Modern
Ja, modern. Bevor nämlich klar war, dass der internationale Kongress interessant werden würde, war der Hauptgrund dafür, dass LabourNet Germany am Conlutas-Kongress teilnehmen wollte, die Tatsache, dass in diesem Verband Gewerkschaften und soziale Bewegungen unter einem Dach vereint sind. Was bspw. dazu führt, dass Conlutas-Gewerkschaften in den derzeitigen Bauarbeiterstreiks in Brasilien eine beachtliche Rolle spielen können, einem Sektor, der extrem stark von informeller Beschäftigung geprägt ist. Über Gruppen der Stadtreform haben sie in den Stadtteilen viele Bauarbeiter organisiert, an die anders meist gar nicht heranzukommen ist. Wir wollten sehen, ob und wie das in der Realität funktioniert – tut es, mit vielen Schwierigkeiten.
Modern erscheint auch die Frage zur allseitigen «guten Arbeit»: Was machen wir? So, wie SUD und CGT in Frankreich gemeinsam unter dem Motto «Wir wollen keine Büttel sein» eine Widerstandsaktion in den Arbeitsämtern organisierten, an der sich immerhin ein Drittel aller Beschäftigten per Streik beteiligte, so haben die streikenden Bauarbeiter in Brasilien gefragt, was sie eigentlich bauen (sollen). Der Metrostreik von São Paulo wurde populär durch das Angebot «Umsonst fahren für alle».
Mit anderen Worten, «modern» steht hier für eine dringend notwendige Konzeption, wie die gesellschaftliche Zersplitterung aufgehoben werden kann, und für ein Bewusstsein, dass fortschrittliche Menschen sich Gedanken über ihr produzierendes oder dienstleistendes Tun machen – womit im übrigen auch eine Praxis angelegt sein kann, im «Whistleblower» etwa aus der Nahrungsindustrie jemanden zu sehen, der ganz real eine führende Rolle einnimmt.
3. Klassenorientiert
Was das heißen soll? Sich nach den eigenen Bedürfnissen und Wünschen richten, nicht nach der bürgerlichen Propaganda – und Lage. Vereinheitlichend agieren, mit Grundelementen wie Festgeld, Mindestlohn, gleicher Lohn für gleiche Arbeit – wir ersparen uns hier, das kleine ABC der Gewerkschaftsarbeit weiter auszuführen. Selbsttätigkeit ermöglichen, insbesondere auch was Gesundheit und Sicherheit ausmacht.
Dass heißt nicht unbedingt, die höhere Forderung und die lauteren Parolen zu haben, es heißt aber auf jeden Fall: Konsequenz. Also eben gerade keine «professionelle Interessenvertretung», sondern Selbstermächtigung, Entwicklung.
Darum geht’s
Wenn diese drei Orientierungspunkte einigermaßen befolgt werden, kommt man im Ergebnis zu einer ziemlich anderen Gewerkschaftsarbeit als jene, die hierzulande üblich ist.
Wir gehen von zwei Dingen aus, was das geplante zweite Treffen im März/April 2013 in Frankreich betrifft: Erstens werden sich noch einige Gewerkschaften und Bewegungen mehr daran beteiligen, die auch «etwas darstellen». Zweitens wird das Treffen eine stärker praktische Dimension bekommen (müssen). Wie gesagt: Keine Gewerkschaftsinternationale oder so etwas, aber ein Zentrum, das Alternativen nicht nur deutlich macht, sondern auch versucht, sie zu organisieren. LabourNet Germany möchte in bescheidener, aber aktiver Rolle mit dabei sein.
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