Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2012

Die Rente sinkt. Nach Prognosen der Deutschen Rentenversicherung wird sich die Eckrente in Westdeutschland wie folgt entwickeln: 2010: 1083 Euro; 2020: 1069 Euro; 2030: 1024 Euro; 2040: 988 Euro. Die Eckrente ist die gesetzliche Altersrente eines Menschen, der 45 Jahre lang das Durchschnittseinkommen von derzeit 30084 Euro pro Jahr verdient hat.

Folgendes Bild zeichnet sich ab: Ein Drittel der künftigen Rentner wird über die gesetzliche Rente, eine betriebliche Altersversorgung, Sparrücklagen und Immobilien verfügen; ein Drittel wird allein die gesetzliche Rente und etwas Erspartes haben; ein Drittel schafft den Aufbau einer vollen gesetzlichen Rente nicht – wegen Niedriglohn, Langzeitarbeitslosigkeit, Teilzeitarbeit, Minijobs, Dauerpraktika, Solo-Selbständigkeit – alles Menschen mit prekären Erwerbsbiografien. Fast ein Drittel der Beitragszahler arbeitet inzwischen in solchen Verhältnissen.

Von Altersarmut werden aber nicht nur die Prekären bedroht. Auch wer als Durchschnittsverdiener nur 40 Jahre eingezahlt hat – also auch der immer seltener werdende «Normalverdiener» –, kann höchstens mit einer Rente von 650 Euro rechnen. Es wird damit gerechnet, dass im Jahr 2030 etwa die Hälfte der Senioren eine Rente bezieht, die kaum höher ist als die Grundsicherung (Sozialhilfe). In Ostdeutschland wird die Rente auf Sozialhilfeniveau wegen der tiefen Wirtschaftskrise, die der Anschluss der DDR gebracht hat, noch schneller erreicht.

Wo er recht hat, hat er recht: Norbert Blüm, der langjährige Arbeitsminister unter Kohl, ist ein scharfer Kritiker des Zwangs zu privater Altersvorsorge.

Seine Argumente: «Wer ein Leben lang gearbeitet hat, muss eine anständige Rente erhalten. Das Rentensystem erledigt sich selbst, wenn man nach lebenslanger Beitragszahlung nicht mehr erhält als die Sozialhilfe. Das ist wie eine Aufforderung, gar nicht erst arbeiten zu gehen.»

«Die Zuschussrente ist nicht der richtige Weg. Das Rentensystem fußt darauf, dass die Höhe der Rente sich nach den eingezahlten Beiträgen richtet. Es ist falsch, wenn man die Rente mit Fürsorgeleistungen vermischt. Ich plädiere für ein Umlagesystem, in dem die Jungen für die Alten bezahlen. Das war schon im Neandertaler so und das wird auch auf dem Mars so sein. Immer müssen die Jungen für die Alten bezahlen. Es wird immer nur der Kuchen gegessen, der jetzt gebacken wird.»

«Mit der Riesterrente wurde private Vorsorge nicht zur Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt, sondern als Teilersatz. Das ist eine Todsünde. Mit den Beiträgen zur Riesterrente füttern die Arbeitnehmer Hedgefonds, die anschließend ihre Arbeitsplätze auffressen. Die Arbeiter zahlen ihre Metzger selber.» (Recklinghäuser Zeitung, 8.9.2012.)

Anmerkung: Es war Norbert Blüm, der 1989 den Grundsatz durchgesetzt  hat, dass die Erhaltung der Beitragsstabilität wichtiger ist als die Bewahrung eines bestimmten Lebensstandards im Alter.

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