Demonstration, Konferenz und europäisches Netzwerktreffen in Warschau
von Norbert Kollenda
Am 5. Oktober versammelten sich im Zentrum von Warschau 5000–7000 Krankenschwestern und Hebammen und andere Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen – allerdings keine Ärzte – sowie eine Abordnung der Gewerkschaft «August 80» zu einer Demonstration. Die Gewerkschaft der Krankenschwestern und Hebammen (OZZ PiP) hatte beim Netzwerktreffen im Mai in Paris zu einem «Europäischen Weißen Städtchen» eingeladen. Damit sollte an das vor fünf Jahren entstandene «Weiße Städtchen» (den Streik der Krankenschwestern) erinnert werden, dessen Forderungen immer noch nicht erfüllt wurden (siehe das Video auf Labournet*).
Durch verstärkte Privatisierung und Kommerzialisierung hat sich die Situation für Personal und Patienten sogar noch verschärft. An der Demonstration und der anschließenden Konferenz nahmen auch Vertreter aus Griechenland, Spanien, Portugal, Belgien, Frankreich, England, Österreich und Deutschland teil.
Am 14.September hatte die OZZ PiP im ganzen Land Initiativen unter dem Slogan «Wir alle sind Patienten» gestartet. Sie sollte die Bevölkerung auf die Misere aufmerksam machen, denn die Initiatoren sind sich dessen bewusst, dass nur zusammen mit der Bevölkerung etwas erreicht werden kann.
Die Demo zog zum Amtssitz des Premierministers, wo vor fünf Jahren die Zeltstadt entstanden war. Behörden hatten das Aufstellen von Zelten verboten. So wurden drei Sanitätszelte aufgestellt. Die Demonstranten wurden von den beiden Kolleginnen empfangen, die damals Bürgermeisterin und die Verantwortliche für die Sicherheit waren. Mit Beifall wurden besonders die Reden der ausländischen Gäste aufgenommen
Um 15 Uhr ging eine Delegation der Gewerkschaften in das Gebäude. Er selbst war – wie vorher bekannt – nicht anwesend. Schon nach kurzer Zeit kam die Delegation wieder heraus. Iwona Borchulska, die Vorsitzende der OZZ PiP, teilte mit, dass sie in der Eingangshalle abgefertigt wurden. Den murrenden Kollegen erklärte sie: «Die Regierung kann sich darauf verlassen, nach einem kalten Winter werden wir ihnen einen heißen Frühling bereiten!»
Die Konferenz
Auf der nachfolgenden Konferenz wurde deutlich, wie sich die Situation des medizinischen Personals in Polen immer mehr verschlechtert. Junge Kolleginnen gehen ins Ausland. Zwar haben die Schwestern ein hohes gesellschaftliches Ansehen, aber dafür können sie sich nichts kaufen. Nur 10% von ihnen verdienen mehr als den Bruttodurchschnitt (etwa 700 Euro). Deshalb gibt es auch kaum Nachwuchs in diesen Berufen.
Sollten die geplanten Vorgaben für die Stellenbesetzung umgesetzt werden, müsste ein Drittel der Kliniken schließen.
Die Arbeitgeber helfen sich damit, dass sie zunehmend Kolleginnen entlassen und nur noch mit individuellen Arbeitsverträgen (nach Zivilrecht) einstellen – dann dürfen sie bis zu 300 Stunden im Monat arbeiten. Oft sind sie sich nicht bewusst, dass sie dann auf Gedeih und Verderb dem Arbeitgeber ausgeliefert sind und ihre Löhne eigentlich auch für Renten, Versicherungen, Urlaub usw. reichen müssten – und das oft bei einem Stundenlohn von 5 Euro!
Die Teilnehmer der Konferenz tauschten sich darüber aus, wie in allen Ländern der EU die Qualität der Gesundheitsversorgung sinkt und der medizinische Sachverstand in den Hintergrund rückt, weil sich Profitgesichtspunkte immer mehr in den Vordergrund schieben. Das zeigt sich natürlich auch an den sinkenden Löhnen
Das Netzwerk will weitere Mitstreiter gewinnen, aus den eigenen wie auch aus anderen Ländern. Eine Information und Aktion über die Landesgrenzen hinaus ist notwendig, um gegen Profit an Leib und Gesundheit auf Dauer anzukämpfen. Die «Gesundheits»konzerne agieren international, unser Kampf muss auch international werden, dann werden wir stärker!
* de.labournet.tv/video/6386/weisses-staedtchen
Gesundheit
"Polnische Krankenschwestern"; "europäisches Gesundheitsnetzwerk"
Auch in Polen droht Gesundheitsnotstand
Demonstration, Konferenz und europäisches Netzwerktreffen in Warschau
von Norbert Kollenda
Am 5. Oktober versammelten sich im Zentrum von Warschau 5000–7000 Krankenschwestern und Hebammen und andere Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen – allerdings keine Ärzte – sowie eine Abordnung der Gewerkschaft «August 80» zu einer Demonstration. Die Gewerkschaft der Krankenschwestern und Hebammen (OZZ PiP) hatte beim Netzwerktreffen im Mai in Paris zu einem «Europäischen Weißen Städtchen» eingeladen. Damit sollte an das vor fünf Jahren entstandene «Weiße Städtchen» (den Streik der Krankenschwestern) erinnert werden, dessen Forderungen immer noch nicht erfüllt wurden (siehe das Video auf Labournet*).
Durch verstärkte Privatisierung und Kommerzialisierung hat sich die Situation für Personal und Patienten sogar noch verschärft. An der Demonstration und der anschließenden Konferenz nahmen auch Vertreter aus Griechenland, Spanien, Portugal, Belgien, Frankreich, England, Österreich und Deutschland teil.
Am 14.September hatte die OZZ PiP im ganzen Land Initiativen unter dem Slogan «Wir alle sind Patienten» gestartet. Sie sollte die Bevölkerung auf die Misere aufmerksam machen, denn die Initiatoren sind sich dessen bewusst, dass nur zusammen mit der Bevölkerung etwas erreicht werden kann.
Die Demo zog zum Amtssitz des Premierministers, wo vor fünf Jahren die Zeltstadt entstanden war. Behörden hatten das Aufstellen von Zelten verboten. So wurden drei Sanitätszelte aufgestellt. Die Demonstranten wurden von den beiden Kolleginnen empfangen, die damals Bürgermeisterin und die Verantwortliche für die Sicherheit waren. Mit Beifall wurden besonders die Reden der ausländischen Gäste aufgenommen
Um 15 Uhr ging eine Delegation der Gewerkschaften in das Gebäude. Er selbst war – wie vorher bekannt – nicht anwesend. Schon nach kurzer Zeit kam die Delegation wieder heraus. Iwona Borchulska, die Vorsitzende der OZZ PiP, teilte mit, dass sie in der Eingangshalle abgefertigt wurden. Den murrenden Kollegen erklärte sie: «Die Regierung kann sich darauf verlassen, nach einem kalten Winter werden wir ihnen einen heißen Frühling bereiten!»
Die Konferenz
Auf der nachfolgenden Konferenz wurde deutlich, wie sich die Situation des medizinischen Personals in Polen immer mehr verschlechtert. Junge Kolleginnen gehen ins Ausland. Zwar haben die Schwestern ein hohes gesellschaftliches Ansehen, aber dafür können sie sich nichts kaufen. Nur 10% von ihnen verdienen mehr als den Bruttodurchschnitt (etwa 700 Euro). Deshalb gibt es auch kaum Nachwuchs in diesen Berufen.
Sollten die geplanten Vorgaben für die Stellenbesetzung umgesetzt werden, müsste ein Drittel der Kliniken schließen.
Die Arbeitgeber helfen sich damit, dass sie zunehmend Kolleginnen entlassen und nur noch mit individuellen Arbeitsverträgen (nach Zivilrecht) einstellen – dann dürfen sie bis zu 300 Stunden im Monat arbeiten. Oft sind sie sich nicht bewusst, dass sie dann auf Gedeih und Verderb dem Arbeitgeber ausgeliefert sind und ihre Löhne eigentlich auch für Renten, Versicherungen, Urlaub usw. reichen müssten – und das oft bei einem Stundenlohn von 5 Euro!
Die Teilnehmer der Konferenz tauschten sich darüber aus, wie in allen Ländern der EU die Qualität der Gesundheitsversorgung sinkt und der medizinische Sachverstand in den Hintergrund rückt, weil sich Profitgesichtspunkte immer mehr in den Vordergrund schieben. Das zeigt sich natürlich auch an den sinkenden Löhnen
Das Netzwerk will weitere Mitstreiter gewinnen, aus den eigenen wie auch aus anderen Ländern. Eine Information und Aktion über die Landesgrenzen hinaus ist notwendig, um gegen Profit an Leib und Gesundheit auf Dauer anzukämpfen. Die «Gesundheits»konzerne agieren international, unser Kampf muss auch international werden, dann werden wir stärker!
* de.labournet.tv/video/6386/weisses-staedtchen
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