von Rolf Euler
Die Schulzeit in den Gymnasien in NRW wurde auf acht Jahre verkürzt. Einer alten Forderung der Unternehmerverbände, die Ausbildungszeit samt Studium zu verkürzen, um die Lebensarbeitszeit zu verlängern, wurde entsprochen.
In diesem Jahr nun beenden zwei Abiturjahrgänge zusammen ihre Schulzeit: die letzten Schülerinnen und Schüler mit 13-jähriger Schulzeit und die ersten mit 12-jähriger Schulzeit. Für NRW sind das 45000 Abgänger mehr als im vergangenen Jahr. Seit Monaten sorgen sich Eltern und betroffene Schülerinnen und Schüler, wie es mit ihren Chancen auf einen Studienplatz aussieht, wie mit den Studienbedingungen an den schon jetzt vollen Universitäten, wie mit einem Schlafplatz.
Angeblich haben die Universitäten vorgesorgt, den Ansturm von fast der doppelten Zahl von Abiturienten zu bewältigen. Aber vor allem an den begehrten Unis und in den begehrten Fächern wurde der Numerus Clausus – er bindet die Vergabe von Studienplätzen an eine Abiturnote – entweder eingeführt oder er wurde verschärft. Die für ein Studium erforderliche Abiturnote wird dabei so hoch angesetzt, dass nur entsprechend wenige Bewerber eine Chance haben. Durchschnittliche Schüler, die unter den Bedingungen eines normalen Abiturs eine Chance hätten, fürchten nicht zugelassen zu werden. Bei mehreren Studiengängen lag der NC im letzten Jahr schon bei 1,5 oder besser, und es muss befürchtet werden, dass er in diesem Jahr noch einmal angehoben wird, wenn die Bewerberzahlen bekannt sind. Zu wenige Studienplätze wurden neu geschaffen, zu wenige bauliche Erweiterungen ermöglicht. Erst bis 2015 sollen weitere 95000 Studienplätze geschaffen werden.
Ganz problematisch ist es in den Hochschulstädten mit den Wohnungen. In Münster oder Köln steigen die Mieten, und es sind kaum freie Wohnungen, Studentenheimplätze oder Wohngemeinschaften vorhanden, und sie werden immer teurer. Auch diese Sorge treibt die Schülerinnen und Schüler um, die sich um einen der begehrten Plätze bemühen müssen. Vor allem die Jugendlichen, die durch die Schulzeitverkürzung in den G8-Klassen eine wesentlich stressigere Lernzeit hatten, fürchten um Benachteiligung bei der Studien- und Berufswahl. Nicht der Jugendliche mit seiner Entwicklung, seinen Wünschen findet die nötige Berücksichtigung, nur die Verkürzung «unprofitabler» Lebenszeit – ähnlich wie bei der Heraufsetzung des Rentenalters. Und die Verschuldung der öffentlichen Kassen liefert der Landesregierung den Vorwand, nicht so viel für die Hochschulen zu tun wie nötig wäre, um den Jugendlichen des doppelten Abiturjahrgangs Rechnung zu tragen.
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