von Angela Huemer
Ein fast klischeehaftes, emblematisches Bild, das auch das Filmplakat ziert, rahmt den Film ein: Vor der untergehenden Sonne stehen Kamele im Gegenlicht, schwarze Silhouetten sind zu sehen. Nur kurz schwelgen wir in der Wüstenromantik, dann sehen wir einen Musiker auf der Bühne des Musikfestivals «Festival au désert». Kurz darauf stellt sich die Filmemacherin selbst vor, Désirée von Trotha, geb. 1961, Regisseurin, Autorin und Fotografin. Sie studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film in München, hat zahlreiche Dokumentationen gedreht. Seit 1991 verbringt sie rund sechs Monate im Jahr in der südlichen Sahara, den Tuareggebieten Algeriens, Nigers und Malis sowie im Norden des Tschad. Ihre Nähe und Vertrautheit mit Land und Leuten sind auf positive Weise während des ganzen Films spürbar. Trothas Film ist jedoch mehr ein Film über die Mentalität und Kultur der Tuareg, als über das Musikfestival.
So entlegen das Festival auch ist, so professionell ist es organisiert. Wir sehen einen kleinen Ausschnitt aus der Pressekonferenz, die sehr international besucht ist. Ob sie denn nicht Angst hätten vor dem modernen Einfluss, der durch das Festival eindringen könnte. Die Antwort ist weise, «unsere Kultur wird der modernen Welt widerstehen, sie hat auch die Wüste überlebt». Wir erfahren mehr über die Kultur, über die Bibliothek Timbuktus, die Stadt, die seit 1988 UNESCO-Kulturerbe ist.
Genaueres über den soeben eingedämmten Konflikt in Mali erfahren wir gegen Ende des Films, doch schon vor dem im Film dokumentierten Festival im Jahr 2011 wurde vor den radikalen Salafisten gewarnt.
Désirée von Trotha stellt in ihrem Film drei Musikgruppen näher vor: Bombino, Amanar und – für mich am eindrücklichsten – Tratet, eine von Frauen in Flüchtlingslagern zwischen Burkina Faso und Mauretanien 1991 gegründete Band. Die Gründerin und Sängerin der Band, Fadimata Walet Omar, vertritt vehement die Rechte der Frauen. Wir sehen auch, wie leidenschaftlich der Philosoph Nouri Mohammed Amanine Al Ansari seinen Standpunkt vertritt, dass die Frau die Hüterin der Philosophie und der geistigen Werte ist.
Immer wieder kehrt Trotha zur Musik zurück, die bisweilen eindringlich und fast meditativ ist. Mitunter ist diese Musik sehr politisch, so gibt es die Rebellenmusik, die die Aufstände der Tuareg 2007 in Niger begleiteten. Achmed Ag Kaedi sagt, «die Gitarre ist wie eine Waffe für die Tuareg. Sie wurde zu einer wichtigen Stimme», und prangert die Tatsache an, dass Niger trotz der reichen Rohstoffvorkommen eines der ärmsten und wenigsten entwickelten Länder ist.
Gerne hätte man noch mehr Musik gehört, doch das Gute ist, dass man nach dem Film einen ganzheitlichen Eindruck gewonnen hat vom nomadischen Leben, seinen schönen Seiten und – leider– den aktuellen Problemen durch die gewalttätigen Extremisten.
Vorführungstermine und Hintergrundinformationen sind der Internetseite www.woodstockintimbuktu.de zu entnehmen.
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