In der Lausitz wird der Braunkohletagebau weiter ausgebaut, das Unternehmen betreibt Vattenfall, der schwedische Energieriese, gegen den in Berlin gerade erfolgreich Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt wurden (siehe S.9). Die Bevölkerung in der Region ist gespalten, Arbeitsplätze stehen gegen Umweltschutz. Mit einer Demonstration von 5000 Menschen in Cottbus und einer Mahnwache vor dem Rathaus hanen sich im Mai Lausitzer Bergleute und Anwohner für den weiteren Abbau der Braunkohle eingesetzt.
Es ging um das Planungsverfahren Welzow-Süd, dem weitere Ortschaften zum Opfer fallen sollen. Die nicht hinterfragte Parole der Gewerkschaft IGBCE war: «Wir brauchen die Braunkohle – wir brauchen diesen Energieträger als stabilen Pfeiler für das Zeitalter regenerativer Energien.» Diese Demonstration richtete sich auch gegen Bürgerinitiativen, die angesichts von weitreichenden Folgeschäden im Bergbau und angesichts der Klimaprobleme nicht einsehen, warum weitere Dörfer und Landschaften dem Braunkohleabbau des Vattenfall-Konzerns zum Opfer fallen sollen.
Die betroffenen Bergleute kämpfen um ihre Arbeitsplätze, von denen es in der Lausitz wahrhaftig wenige genug gibt. Das Problem ist aber, dass die Gewerkschaft von der Parole: «Wir brauchen die Braunkohle», die sie mit Vattenfall teilt, nicht lassen will und keine unabhängige Energiepolitik formulieren will, die dem Klimawandel Rechnung trägt, die Interessen der Arbeiter und der Bewohner der Region nicht gegeneinander ausspielt und die Erfordernisse von erneuerbaren Energieträgern aufgreift – auch hier sind Arbeitsplätze durch die Politik der Bundesregierung bedroht. Das «Zeitalter regenerativer Energien» wird damit ständig aufgeschoben – zugunsten der Profite von Vattenfall, zu Ungunsten eines Wandels bei den betreffenden Arbeitsplätzen.
Sicher ist nach der Wende auch in der Lausitz inzwischen die Rekultivierung von Bergbauflächen zur Regel geworden – aber nach Jahren großer Probleme und teurer Grundwasserhaltung. Der zukünftig geplante Abbau betrifft nicht nur Welzow, sondern auch weitere bewohnte Gebiete neben der Neiße beim Tagebau Jänschwalde. Braunkohle wird einzig und allein zur Stromerzeugung in Kraftwerken in unmittelbarer Umgebung der Tagebaue benötigt, sie wird in der Grundlast eingesetzt. Auch die Tagebaue des Vattenfall-Konzerns werden von den Ausnahmeregelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes begünstigt, der Konzern muss für den Stromverbrauch der Großgeräte nur eine erheblich niedrigere Umlage und keine Durchleitungsgebühren zahlen.
Der Bürgerprotest gegen die Vernichtung von Dorf und Natur zeigt sich in der Lausitz verhalten, aber es werden immer mehr gelbe Kreuze wie im Wendland aufgestellt, gegen die Vernichtung von Lebensraum wie auch gegen die Pläne zur Verpressung von Kohlendioxid im Untergrund (CCS).
Es wäre den Lausitzer Bergleuten zu wünschen, dass sie nicht – wie früher die Bergleute im Ruhrrevier vor den Karren der Atomindustrie – vor den der Energiekonzerne gespannt werden. Das Beispiel der, mit Zustimmung des IGBCE-Vorstands, stillgelegten Kaligruben in Sachsen-Anhalt nach der Wende sollte ihnen Mahnung sein, was von der Geschäftspolitik supranationaler Energiekonzerne zu halten ist.
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