von Paul B. Kleiser
In Bayern lernt man schon im Kindergarten: «Wenn morgens die liebe Sonne lacht, hat das die CSU gemacht!» Die Wahlplakate der CSU verkündeten denn auch: «Bayern – das Land – CSU». Es geht nicht um Politik, sondern ums Wohlfühlen.
Nach einigen Turbulenzen beim Abhalftern des langjährigen Ministerpräsidenten und Sprachgenies Edmund Stoiber und bei der Regelung seiner Nachfolge, die dem Tandem Beckstein und Huber bei den Wahlen 2008 eine deutliche Niederlage bescherte, die jahrzehntelange Alleinregierung der CSU beendete und sie in eine ungeliebte Koalition mit der FDP zwang, hat der «Sonnenkönig» Horst Seehofer nun wieder 47,7% der Stimmen und eine deutliche Mehrheit der Sitze im Landtag erreicht. Ihm kam seine lange Abwesenheit von München zugute, weil er keiner der sich bekämpfenden Cliquen in der Partei zugerechnet wurde.
Seine vollmundige Behauptung, die Hälfte der Bayern habe CSU gewählt, gilt es allerdings zu relativieren: Trotz der wieder auf über 65% gestiegenen Wahlbeteiligung kam die CSU tatsächlich auf weniger als ein Drittel der Stimmberechtigten! Erstaunlich ist, dass die vielen Skandale der CSU («Schüttel-Schorsch», Affäre Mollath, Anstellung von Familienangehörigen als Mitarbeiter usw.) ihr wenig anhaben konnten. Das ist vor allem auf Seehofer zurückzuführen, dem es gelang, sich als unbedrängter Landesvater zu inszenieren und die blasse Runde seiner Minister und Ministerinnen an die kurze Kette zu legen.
Seehofer beherrscht das alte CSU-Spiel, gleichzeitig Regierung und Opposition zu sein, nahezu perfekt: Einerseits lobt er die Schönheit und den Erfolg des «bayerischen Heimatlandes» («mia san mia») in den höchsten Tönen, andererseits möchte er unbequem fragende WDR-Journalisten am liebsten des Landes verweisen. Und die latente Ablehnung der «Fremden» fand sich in der einzig konkreten Forderung, den bayerische Autobahnen benutzenden Ausländern ein «Pickerl» abzufordern – wohl wissend, dass eine Plakette nur für Ausländer gegen EU-Recht verstößt. Hauptsache, man gewinnt die Lufthoheit über die Stammtische. Und man verhindert, dass zu intensiv über politische Themen diskutiert wird. Neben diesem Ministerpräsidenten spielte die FDP keine Rolle, so dass sie sang und klanglos unterging. Sogar bei den Millionären in Starnberg oder Grünwald musste sie Federn lassen.
Die SPD machte sich – auch wegen des populären Spitzenkandidaten und OB von München, Christian Ude – lange Zeit Hoffnungen, zusammen mit Grünen und Freien Wählern erstmals seit 1957 die CSU an der Regierung ablösen zu können. Sie konnte in den Großstädten etwas zulegen, doch auf dem Land, wo im Schnitt 60% CSU wählen, rangiert sie weiterhin unter ferner liefen. Außerdem gelang es dem Kommunalpolitiker Ude nicht, ein Programm für Bayern zu formulieren, das sich wesentlich von dem der CSU unterschieden hätte.
Auch der Höhenflug der Grünen wurde jäh gestoppt; obwohl sie (wenige) Stimmen hinzugewannen, nahmen sie (wegen der höheren Wahlbeteiligung) prozentual ab. Noch kurz vor der Wahl hatte die Spitzenkandidatin Margarete Bause von Koalitionsverhandlungen mit SPD und FW geträumt. Der Co-Vorsitzende Martin Runge, der sich im Untersuchungsausschuss zur Mollath-Affäre durchaus Verdienste erworben hat und zusammen mit dem früheren Spitzenbeamten und Kritiker der herrschenden bayerischen Verhältnisse, Wilhelm Schlötterer, zahlreiche gehaltvolle Informationsveranstaltungen abhielt, wurde erst gar nicht mehr in den Landtag gewählt. Die Grünen hätten allerdings mit den Themen ökologische Landwirtschaft und Energiewende durchaus gegen die CSU punkten können, hätten sie einen weniger dämlichen Wahlkampf («und Du?») geführt.
Das zeigen die Erfolge der wertkonservativen Freien Wähler, die auf dem Land und in kleineren Städten als einzige der CSU Paroli bieten können. Gerade bei der Aufdeckung von Skandalen spielen sie eine nicht unerhebliche Rolle. Sie kritisieren die Verbandelung der CSU mit der Großindustrie und den Großlandwirten (Turn und Taxis) und fordern eine dezentrale Ausrichtung der Energiepolitik. Zusammen mit Grünen bekämpften sie die geplante dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Außerdem haben sie die Volksentscheide zur Abschaffung der Studiengebühren und jetzt zur Wahlfreiheit G8/G9 initiiert.
Die etwas mehr als 2% für Die LINKE (gut 2 Prozentpunkte weniger als 2008!) zeigen vor allem deren geringe landespolitische Kompetenz. Der Wahlkampf wurde im wesentlichen mit Themen der Bundespolitik betrieben, etwa Mindestlohn, Mindestrente oder Bekämpfung der Leiharbeit. Die Wohnsituation in den Großstädten spielte fast keine Rolle. Auch die aufopfernden Plakatierungsaktionen der Genossinnen und Genossen auf dem flachen Land konnten dies nicht wettmachen. Außerdem kann man vermuten, dass ein Teil der früheren Wählerschaft diesmal zu den Piraten übergelaufen ist.
Die «Ordnungszelle Bayern» – leider ist gegenwärtig nicht ersichtlich, wer sie aufsprengen könnte.
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