Am 21.10. fand die offizielle Trauerfeier für die toten Flüchtlinge von Lampedusa in Agrigent statt. Anwesend: drei Minister, u.a. Innenminister Alfano, offizielle Vertreter der eritreischen Botschaft, viele Ordnungskräfte. Abwesend: die Toten und die Überlebenden. Sie waren schon in den Tagen zuvor beigesetzt worden, viele namenlos. Die inständigen Bitten der Überlebenden, die weiterhin im überfüllten Erstaufnahmelager auf Lampedusa ausharren, um Teilnahme und die vielen Bitten der Angehörigen, DNA-Tests zur Identifizierung der Leichname durchzuführen, wurden missachtet. Fassungslos und tief verletzt verbrachten die Angehörigen eine schlaflose Nacht. Trotz des Medienbrimboriums der letzten Wochen zeigte das Trauerspektakel, dass das Schicksal der Flüchtlinge und ihrer Angehörigen nicht zählt. Wieviele Tote braucht es, um Schlagzeilen zu machen? Beim Kreuzfahrtschiff Costa Concordia reichten 32, bei verrosteten Kähnen aus Afrika müssen es mehr als 300 sein.
Vor genau zehn Jahren, 2003, kamen 870 Bootsflüchtlinge lebend nach Lampedusa – allein im Monat Oktober, 125 waren auf der Überfahrt ums Leben gekommen, die meisten blieben irgendwo am Meer. Kurz zuvor hatten die Italiener ein Dekret erlassen, das es Sicherheitskräften erlaubt, Boote, die «illegal» Migranten transportieren, aufzuhalten oder zurückzuschicken – eine der ersten von vielen «Abwehrmassnahmen», die seither verschärft wurden und zu immer weniger Sicherheit für Migranten führten. Schon damals hielt ein Offizier der Küstenwache nichts von solchen Regeln. Seine Aufgabe sei ganz einfach, Menschen zu retten. Damals fand vor dem Kapitol in Rom eine Trauerfreier für zwölf Somalier statt. Danach wurden sie würdig begraben.
2011 erreichten andere Flüchtlinge in Lampedusa, die italienische Regierung gab ihnen Papiere, die ihnen erlaubten, Hamburg zu erreichen, wo sie bleiben wollen. Der Senat will sie zurückschicken und drangsaliert sie mit der Polizei – wider alle Konventionen.
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