Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 11/2013
Zum plötzlichen Tod von Lorenz Brandlmeier (1960–2013)
von Christiane Niesel und Angelika Prömm

Am 2.Oktober 2013 starb völlig unerwartet mit 53 Jahren Lorenz Brandlmeier. Er zog 1990 aus Oberbayern nach Köln, ins Zentrum der Kunst und Musik und der damals für ihn viel versprechenden Vereinigten Sozialistischen Partei, VSP.

Für uns, seine Freundinnen und Freunde, Angehörigen und Weggefährten, ist dies ein harter Schlag und sein Sterben im Krankenhaus lässt viele Fragen offen. Wäre sein Zustand besser überwacht worden, hätte ein Herzstillstand wohl nicht zum Tode führen müssen. Ein Skandal auch, dass Krankenhaus und Polizei sich nicht die Mühe machten, Angehörige zu informieren und stattdessen schon eine anonyme Bestattung in Auftrag gegeben war, als am 7.Oktober Freunde im Krankenhaus nachfragten. Tatsächlich hatte Lorenz bei seiner Einlieferung mit Notarzt am 1.Oktober sowohl seinen Ausweis als auch die Telefonnummer seiner Schwester im Portemonnaie. Ihn im Krankenhaus zu besuchen wurde einem Freund am gleichen Tag verwehrt, da es noch gar keine richtige Aufnahme gegeben habe.

Lorenz war für uns Genosse, Freund, Pilzkenner, Spaziergänger, Kommunist, Kritiker, SoZ- und AK-Abonnent, Wassertrinker und Wasserfeinschmecker, Hausmeister des Proberaums 010 im Kölner KunstWerk, Musiker und Komponist.

Er spielte in verschiedenen Bands, in denen er jeweils musikalisch wie organisatorisch die tragende Säule war, zuletzt in der Band «Merrymuch».

Noch in den letzten Septembertagen war er auf dem Protestcamp «Soziale Kampfbaustelle» in Köln. Und er hatte zahlreiche Ideen für politische, musikalische und Videoprojekte im Kopf.

Vor 13 Jahren musste sich Lorenz einen Gehirntumor entfernen lassen und ist seitdem einen gemütlicheren Kurs gefahren. Vor den Zumutungen der ArGe hatte er in den letzten Jahren mit Hilfe der KEAs (Kölner Erwerbslose in Aktion) etwas mehr Ruhe, so dass er sich intensiv seinem letzten großen Projekt, einer Rockoper über den Hitler-Attentäter Georg Elser widmen konnte. Die Oper mit dem Namen «georg elser träume» war fertig komponiert und es gab erste Überlegungen, wie sie realisiert werden könnte.

Im KunstWerk Köln hatte Lorenz ein Atelier und seinen Lebensmittelpunkt. Die vielen gemütlichen Treffen, die kleinen und großen Feste, bei denen er oft seine Gitarre auspackte und die verschiedensten Menschen zusammen brachte, waren ein wunderbares Geschenk.

Auf Youtoube hatte (hat) er einen Kanal: www.youtube.com/user/MyZnerol.

Zur geplanten Eröffnung einer kanalbezogenen Diskussion kam es nicht mehr. Sie sollte mit folgendem Text eingeleitet und provoziert werden:

«Der Funke zur Eigenmächtigkeit

Überlegungen zu ‹georg elser träume›

‹Worauf willst du hinaus?›, fragte mich mein Künstlernachbar letztens nach Ansicht des Konzeptvideos zur elser-oper. Na ja, ich wollte eine Person beleuchten, die abseits vom Mainstream und doch inmitten ihrer Zeit, ganz nah am eigenen Gewissen geblieben war. Georg Elser gedeutet als Vorbild. ‹Was ist das richtige Handeln heute?›, sei die Leitfrage für ein gelingendes Leben. Und weil ich nicht akzeptieren kann und will, dass die Welt mit ihren gesellschaftlichen Verhältnissen so sein muss, wie sie ist, frage ich: wohin, wozu, wie und womit. Umkehrung macht Sinn: Wir brauchen und kriegen unbedingt eine Art Schenk-Ökonomie, und dafür und davor eine Art kommunistisches Kampfbündnis.»

Am Sonntag, dem 8.Dezember 2013, um 15 Uhr wird es eine Abschiedsfeier für Lorenz geben, in der Ausstellungshalle des KunstWerk, Deutz-Mülheimer Str. 127–129, Köln.

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