Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 12/2013
Italien 2012, Regie: Simone Ciani, Danilo Licciardello (Englisch, Französisch mit deutschen Untertiteln)

von Angela Huemer

Ein Film über Ölsandabbau durch Großkonzerne in Kanada und im Kongo.Zu Beginn sehen wir einen Ausschnitt aus einem Lehrfilm, der erklärt, wie die «terra nera», die schwarze Erde, oder besser der Ölsand, in der Urzeit der Erdgeschichte entstand. Wir sind im Norden Kanadas, in der Provinz Alberta, man spürt so richtig die Kälte beim Betrachten der Bilder. Die Stadt ist dicht besiedelt, erzählt Elzbieta Zawalska, die im Oilsands-Hotel arbeitet. Wie sie kommen viele andere von außerhalb, der Arbeit wegen, als Gerüstbauer, Installateure, Elektriker, Schweißer – alle werden hier gebraucht, sagt Pat Collins, lokaler Unternehmer. Adil Siri, Ölsandarbeiter, sagt, die Arbeit taugt nur für die, die harte Arbeit mögen. Das Land ist wertvoll, erzählt Elzbieta, so wertvoll wie Gold, und wie früher der Goldrausch die Menschen hierher brachte, ist es jetzt das Öl. Vor sieben Jahren war dort, wo jetzt die Häuser sind, an denen die Kamera vorbeifährt, nur Wald.

Ganz früher war hier nur Eis und nichts sonst. Jetzt hat man die Erde, man kann den Wald nutzen, man kann jagen, fischen – so wie die Indianer es immer schon taten. Die beschweren sich bei den Ölfirmen – weil sie Geld von ihnen haben wollen, sagt Elzbieta. Dann sehen wir eine Demo, der Häuptling der Athabasca Chipewyan First Nation spricht. Es geht um die Klage, die sie gegen Shell in die Wege geleitet haben. Wir erfahren, dass die Gewinnung von Öl aus Ölsand Wasser und Umwelt beeinträchtigen. Roland Woodward von der Creek First Nation erzählt, dass die Tiere bereits Quecksilberspuren in ihren Körpern haben, die Fische vergiftet sind und das Wasser nicht mehr trinkbar ist. Unmengen von Frischwasser werden für den Ölsandabbau verwendet, 90% davon sind danach nicht mehr brauchbar. Das Öl, das dabei gewonnen wird, ist das schmutzigste überhaupt. Nicht ohne Grund hat sich Kanada aus dem Kyoto-Prozess ausgeklinkt.

Die Landstriche um die es hier geht, gehören zu den unberührtesten auf der ganzen Welt, Fort Chipewyan liegt in der Provinz Alberta, weit, weit weg. Die hier engagierten Firmen mögen nicht, dass bestimmte Informationen verbreitet werden, meint Elzbieta. Sie verdienen Milliarden damit und werden viel Geld dafür bezahlen, dass sie ihrem Treiben ungestört nachgehen können. Den Indianern traut sie aber auch nicht über den Weg, sie sind nett, aber im Grunde ist ihre Taktik, «gebt uns was, denn wir sind die armen Indianer», so wie es auch die Schwarzen ihrer Meinung nach immer wieder tun. Ihre tiefsitzende und sehr begründete Angst um ihr Land und ihre Existenz kann sie nicht nachvollziehen.

Dann machen die beiden Filmemacher Simone Ciani und Danilo Liccardello einen großen Sprung nach Afrika, in den Kongo. Dort hat die italienische Firma ENI einen Vertrag mit der Regierung abgeschlossen, der die Ölsandgewinnung in einem riesigen Gebiet von 2000 Quadratkilometern regelt. Drei Milliarden Dollar will ENI hier investieren, für 300 Mio. Barrel Öl pro Jahr. Das Kongobecken, in dem das stattfindet, ist nach dem Amazonas das größte Regenwaldgebiet der Erde. Angeblich prüft ENI bislang nur das Potenzial der Ölsandförderung. Sie holen unseren Reichtum, sagt eine Lehrerin. Aber was erhalten wir dafür? Gut, die Schulen, die sie bauen, sind nützlich, aber im Schnitt haben die Kongolesen nur einen Dollar pro Tag zum Leben.

Dann sehen wir die konkreten Auswirkungen der Tests von ENI. Die Bevölkerung bleibt im Dunkeln darüber, was konkret geschieht und am Öl verdient sie schon gar nichts. «Der Kongo ist reich, aber wir haben nichts vom Wohlstand unseres Landes», sagt einer der Bewohner. In der Ferne sieht man Öl brennen, dort liegt das Dorf Mboubissi, wo ENI seit drei Jahren eine Fackel brennen hat, nur 50 Meter von den Dorfgebäuden entfernt. «Die Erdölfirma haben uns keinen Gefallen getan», sagt Bouanga Jean Jeremie, Kommunalsekretär des Dorfes. «Wir haben hier kein Trinkwasser, und wenn wir es hier oder dort holen, wissen wir nie, ob es gut ist oder nicht.»

Bevor das Öl hier abgebaut wurde, gab es keine Anomalien, erzählt er. Wir konnten unsere Bananen anbauen, wo wir wollten. Der Versuch, am Firmengelände zu filmen, wird sogleich behindert. ENI versorgt das Dorf zwar mit Wasser, aber für die Bewohner ist es beschwerlich, es immer holen zu müssen.

So verschieden die beiden Gegenden sind, so sehr ähneln sich die Probleme. Das Wasser ist vergiftet, die Menschen können ihrer Umgebung nicht mehr trauen. Hier wie dort ist ein Gefühl der Ohnmacht spürbar. Die Filmemacher lassen vor allem die Betroffenen zu Wort kommen und trotz aller Gegensätze schaffen sie es, die weltweit ähnlichen Probleme spürbar und sichtbar zu machen.

Im letzten Drittel des Films kehren wir wieder nach Kanada zurück. In Afrika wie auch hier geht es vor allem um die Rechte der ursprünglichen Bevölkerung, die Bevormundung und Ausbeutung, die von außen kommt.

Auf der Internetseite des Films, terranera.info, bislang in italienisch gehalten, finden sich Infos zu Filmvorführungen sowie weiterführende Links.

 

 

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