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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 02/2014
Waffengeschäfte laufen wie geschmiert

von Paul Michel

Deutsche Unternehmen sollen Millionen Bestechungsgelder für milliardenschwere Waffengeschäfte mit Griechenland gezahlt haben.

Antonis Kantas, im griechischen Verteidigungsministerium von 1992 bis 2002 Leiter des Direktorats Rüstung, hat ein Geständnis ablegt: Mehr als 10 Millionen Dollar Bestechungsgeld hat er für Waffengeschäfte mit U-Booten, Panzern, Kampfflugzeugen und Raketen gezahlt. Das waren Geschäfte mit Firmen aus Deutschland, Frankreich, Russland, Brasilien und Schweden. «Ich habe so viele Schmiergeldzahlungen angenommen, dass ich mich gar nicht mehr an alle erinnere» (Frankfurter Rundschau, 7.1.2014).

Unter Schmiergeldverdacht stehen laut Süddeutsche Zeitung auch mehrere deutsche Firmen. So ging es u.a. um die Modernisierung älterer U-Boote der Poseidonklasse durch die Unternehmen Rheinmetall und Atlas, um Rheinmetalls Flugabwehrsystem Asrad und um die Lieferung von 170 Leopard-Panzern durch Krauss-Maffei-Wegmann (KMW). Allein das Panzergeschäft mit KMW belief sich auf rund 1,7 Mrd. Euro. Bei diesem Deal wurden laut Kantas Schmiergelder in Millionenhöhe gezahlt. Der Konzern bestreitet die Anschuldigungen und erklärte in einer Stellungnahme, KMW habe weder Bestechungsgelder gezahlt noch zahlen lassen. Alle Mitarbeiter und Geschäftspartner seien verpflichtet, sich strikt nach Recht und Gesetz zu verhalten.

Bei der Modernisierung von Poseidon-U-Booten hat die Firma Atlas nach Angaben der Süddeutschen Zeitung vom 4.1.2014 etwa 18 Mio. Euro Schmiergeld an griechische Amtsträger gezahlt, um den Zuschlag zu erhalten. Atlas gehört heute mehrheitlich zum ThyssenKrupp-Konzern, bis 2006 war das Unternehmen Teil des englischen Rüstungskonzerns BAE. Die Boote wurden im Joint Venture mit der Kieler Werft HDW gebaut und mit Hilfe des Essener Konzerns Ferrostaal verkauft. In diesem Zusammenhang wurden Ex-Manager von Ferrostaal bereits zu Geldbußen und Bewährungsstrafen verurteilt.

Im Fadenkreuz der Ermittler steht auch das Unternehmen Rheinmetall. Es soll den Verkauf von 24 Panzerhaubitzen mit Bakschisch angebahnt haben. Auch im Vorfeld des Kaufs des Flugabwehrsystems Asrad soll Kantas von Rheinmetall Schmiergeld in Höhe von 1,5 Mio. Euro erhalten haben. Die Untersuchungen der Bremer Staatsanwaltschaft laufen.

Bei der Abwicklung der Deals scheint die Schweiz wieder einmal als Schwarzgelddrehscheibe gedient zu haben. Nach Aussagen von Kantas und einem weiteren Geständigen landeten große Bestechungssummen in der Schweiz – zum Teil auf verschlungenen Pfaden. Um die Herkunft des Geldes zu verschleiern, bediente man sich solcher Offshore-Konstrukte wie Trusts und verwendete Tarnnamen. Nach Erkenntnissen der Ermittler lagen oder liegen bis zu mehreren Millionen Euro, die in diesem Zusammenhang geflossen sind, auf Konten in der Schweiz: bei der Dresdner Bank in Genf (sie gehört heute der Liechtensteiner Privatbank LGT), bei der Bank Hofmann in Zürich (heute Credit Suisse), bei BNP Paribas in Genf und bei der UBS.

Jahrzehntelang war es ein offenes Geheimnis in Griechenland, dass beim staatlichen Einkauf von Militärgütern reichlich Schmiergelder flossen. Deutsche Medien schimpfen gern und häufig scheinheilig über die griechische «Korruptionskultur», unterschlagen dabei aber, dass zur Korruption immer zwei gehören: derjenige, der sich bestechen lässt, und derjenige, der besticht. Schon im Falle Siemens hat sich gezeigt, dass deutsche Konzerne in Netz der «großen» Korruption eine wichtige Rolle spielten. Die jüngsten Enthüllungen sind weitere Beispiele für die tiefe Verstrickung deutscher Konzerne.

Man darf davon ausgehen, dass alsbald weitere Details bekannt werden. Die Süddeutsche Zeitung spricht von sechs deutschen Geschäftsleuten, die ihr namentlich bekannt sind, die sie im derzeitigen Stadium der Ermittlungen aber noch nicht nennen will. Das kann für deutsche Unternehmen und die deutsche Politik noch unangenehm werden. Die Solidaritätsbewegung mit Griechenland sollte sich dieses Themas annehmen und dahingehend Druck machen, dass die Ermittlungen gegen die deutschen Hintermänner in den Rüstungsunternehmen nicht hintertrieben und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

 

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