von Manfred Dietenberger
Da der SPD-Parteivorsitzende und stellvertretende Bundeskanzler Sigmar Gabriel in der Großen Koalition voll mit der Wende der Energiewende ausgelastet ist und die frühere Generalsekretärin Andrea Nahles jetzt als Bundesministerin für Arbeit und Soziales die weitere Aufweichung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung besorgt, muss die Partei jemand anderer steuern.
Für den vakant gewordenen Posten des Generalsekretärs war eigentlich Ralf Stegner vorgesehen, zur Zeit Landesvorsitzender der SPD in Schleswig-Holstein. Innerhalb der Partei wird er gemeinhin mit den Attributen links, scharfzüngig und männlich versehen. Doch die SPD-Frauen waren damit gar nicht einverstanden, sie wollten wieder eine Frau mit diesem Amt betrauen. Das Steuerruder bekam daher nicht der Favorit, sondern Yasmin Fahimi in die Hand gedrückt.
Fahimi ist die Tochter einer Deutschen und eines Iraners. Sie stammt aus Hannover, wo sie Chemie studierte. Danach war sie zwei Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung Arbeit und Umwelt und seit 2000 Ressortleiterin für Politische Planung beim Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie und Energie (IGBCE).
Damit hatte keiner gerechnet. Fragen wir uns, warum Fahimi den Job bekommen hat, so wäre die Antwort: weil sie eine Frau ist, gar zu einfach. An einer solchen Begründung ihres Karrieresprungs merkelt auch niemand herum. Denn die 46jährige Yasmin Fahimi hat nicht nur das richtigen Geschlecht für das SPD-Amt als Generalin. Sie hat noch manch andere Vorzüge.
So ist sie etwa in den Einzelheiten der Energiewende sie bestens beschlagen. Im Nebenjob bekleidete die ehemalige hauptamtliche Gewerkschafterin z.B. das Amt des geschäftsführenden Vorstandsmitglieds des «Innovationsforums Energiewende». Zudem ist sie Vorstandsmitglied von «Denkwerk Demokratie». In dem von ihr 2011 als Reaktion auf die Finanzkrise mitgegründeten Thinktank fordern Sozialdemokraten, Grüne und Gewerkschafter eine bessere Verteilung von Wohlstand und mehr ökologische Nachhaltigkeit.
Als Frau mit ausländischen Wurzeln haftet ihr zudem ein Modernitätsimage an, das Gabriel der gesamten SPD verpassen will, um künftig wieder Wahlen zu gewinnen. Parteiintern wird Fahimi eher links verortet. Passt, will Gabriel doch die SPD bis zur nächsten Bundestagswahl 2017 auch für ein Bündnis mit der Linkspartei öffnen.
Zu gern wäre ich Mäuschen: Wurde Fahimi von der SPD abgeworben, oder von der IG BCE abgeordert? Ich gestehe, ich neige eher zur zweiten Version. Denn der weitere Fortgang der Energiewende ist auch für die Gewerkschaften ein schwierig Ding. Wie immer wollen sie auch hier mitgestalten, allen voran die Energie-Gewerkschaft. Bisher hegt scheinbar nur die Linke den Verdacht, sie sei eine Lobbyistin der Viererbande in der Stromwirtschaft. Yasmin Fahimi kündigte indes an, den Nebenjob abzugeben: «Es ist selbstverständlich, dass ich das Amt als geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Innovationsforums Energiewende niederlege.»
Das 2011 gegründete Innovationsforum sei «kein Lobbyisten-Verein», sagte sie, es handele sich um einen Zusammenschluss von führenden Vertretern und Betriebsräten der wichtigsten deutschen Energieunternehmen sowie der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Der Vorsitzende des Forums ist auch der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, und ihr Lebensgefährte. Der wiederum ist mit der «Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik» (BAPP) verbandelt, die vom früheren Rau-Adjutanten und späteren WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach ins Leben gerufen wurde. Das Institut wird von Managern und Unternehmern der Energiewirtschaft mitgetragen. Vassiliadis ist stellvertretender Präsident des Präsidiums der Akademie und stellvertretender Vorsitzender ihres Kuratoriums.
SPD-Boss Gabriel gilt in Unternehmerkreisen als unstet, launisch und wankelmütig. Da ist es für die Eneriekonzerne gut, über den Transmissionsriemen IG BCE Gabriel richtungsweisend beiseite zu stehen. Dazu wird auch der demnächst neu zu wählende DGB-Vorsitzende sein Scherflein beitragen. Der bisherige Chef, Michael Sommer, geht im Mai in Pension, sein Nachfolger wird Reiner Hoffmann, bislang Leiter des IG BCE-Bezirks Niederrhein. Noch Fragen? Ein Lump, der Böses dabei denkt!
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