Organisierung ist wieder in, wenn auch noch auf sehr niedrigem Niveau. Während die Interventionistische Lnke seit Jahren einen Diskussionsprozess führt, aus einem Bündnis teilweise lokaler Zirkel, teilweise überregionaler Gruppen eine gemeinsame bundesweite Organisation zu machen, hat sich in Berlin Mitte Februar eine neue antikapitalistische Organisation gegründet, die sich auch bundesweit ausdehnen will. Was sie will, darüber sprach Manuel Kellner mit MICHAEL PRÜTZ.Es gibt eine neue politische Organisation in Berlin, und du gehörst zu dem Kreis der Initiatoren. Sie heißt Neue antikapitalistische Organisation (NaO). Was verbirgt sich dahinter?
Wir haben die NaO Berlin am 15.Februar als Mitgliederorganisation gegründet. 50 Genossinnen und Genossen aus der Gruppe Arbeitermacht (GAM), der ihr nahe stehenden Jugendorganisation Revolution, der Internationalen Sozialistischen Linken (ISL), der türkischen Partei des Sozialistischen Wiederaufbaus (SYKP) und der Sozialistischen Initiative Berlin (SIB) sowie einige Unorganisierte sind von Anfang an dabei. Die Antifaschistisch-Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB), in der Jugendliche organisiert sind, hat ein sehr freundliches Grußwort an die Gründungsversammlung geschickt. In der nächsten Zeit wird es sicher weitere Eintritte geben. Erfreulich ist, dass der Revolutionär-Sozialistische Bund (RSB) sich auf seiner zeitgleichen Delegiertenkonferenz in Mannheim dafür entschieden hat, Teil des NaO-Prozesses zu bleiben. Die SIB als rein örtliche Gruppe hat sich am selben Tag aufgelöst.
Vorläufige inhaltliche Grundlage ist das Manifest der NaO (www.nao-prozess.de), über das als vorläufiges Zwischenergebnis der Programmdiskussion auch bundesweit weiter diskutiert wird. Hierzu gab es bereits öffentliche Veranstaltungen in Stuttgart und Kassel, am 23.März wird eine NRW-weite Veranstaltung in Düsseldorf folgen. Ziel ist, zu einem bundesweiten organisierten Zusammenhang zu kommen aus Organisationen und Einzelmitgliedern, die an den Orten eine gemeinsame Praxis beginnen, wenn sich auch die teilnehmenden Organisationen nicht gleich auflösen.
Was plant ihr für die nächste Zeit konkret in Berlin?
Das Wichtigste ist derzeit die Vorbereitung auf die Revolutionäre 1.Mai-Demonstration, die ja letztes Jahr ein beachtlicher Erfolg war. Am 25.April führen wir eine Veranstaltung mit Esther Vivas von Izquierda Anticapitalista (Antikapitalistische Linke) aus dem Spanischen Staat durch. Themen sind die Krise der EU, die Lage der Opfer der von EU, EZB und IWF verordneten «Sparpolitik» in den südeuropäischen Ländern und linke Alternativen.
Wir diskutieren auch über das Vorhaben einer europaweiten Konferenz der radikalen Linken in Berlin im Herbst, wobei 100 Jahre Erster Weltkrieg und 150 Jahre Internationale Arbeiterassoziation (I.Internationale) die Anknüpfungspunkte sind. Außerdem haben wir Arbeitsgruppen zur Betriebs- und Gewerkschaftspunkt und zur Stadtpolitik gegründet (wobei letztere sich schwerpunktmäßig mit den steigenden Mieten befassen wird). Kurzfristig wollen wir eine Veranstaltung zu Bosnien mit dem Vorsitzenden der Metallergewerkschaft aus Tuzla durchführen.
Nun gibt es in Deutschland die Partei DIE LINKE mit über 60000 Mitgliedern und in ihren Reihen die Strömung der Antikapitalistischen Linken (AKL) mit ungefähr 500 Mitgliedern…
Das ist uns sehr bewusst. DIE LINKE hatte gerade ihren Parteitag zur Europaparlamentswahl. Sowohl inhaltlich wie auch personell war das ein herber Rückschlag für die dezidiert linken, antikapitalistisch gesonnenen Kräfte in der Partei. Die klare Charakterisierung der EU als neoliberales und militaristisches Projekt in der Präambel zum Wahlprogramm wurde gekippt, und die Kandidatur von Tobias Pflüger und weiteren Linken in der LINKEN auf aussichtsreichen Listenplätzen ist gescheitert.
Desto wichtiger ist die Bereitschaft zum Dialog zwischen antikapitalistischen Kräften innerhalb und außerhalb der Partei. Wir überlegen uns hierzu eine baldige Initiative mit einem Diskussionsangebot insbesondere an die Adresse der AKL. Natürlich sind wir weit davon entfernt, die Partei DIE LINKE ersetzen zu können. Die Tendenz zur Anpassung der Partei an die bestehenden Verhältnisse ist jedoch unübersehbar. Wir haben das in Berlin ja drastisch erlebt und sehen es in Brandenburg, wo DIE LINKE zusammen mit der SPD die kapitalistische Krise verwaltet. Der jüngste Parteitag war Ausdruck des Bestrebens, von den Herrschenden auch auf Bundesebene als regierungsfähig anerkannt zu werden.
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