Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

Hier können Sie jetzt Spenden
PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 04/2014
Deutsche KollegInnen schwach vertreten

von Peter Nowak

Ein seltenes Bild bot sich den wenigen Passanten, die am 16.März an der Zentrale des DGB-Vorstands in Berlin-Mitte vorbeikamen. Dort hatten sich Gewerkschafter aus mehreren europäischen Ländern versammelt und hielten ihre Transparente und Fahnen in den scharfen Wind. Mehrere Banner der Cobas aus Italien, mehrere Sektionen der französischen Gewerkschaft SUD waren ebenso vertreten wie die polnische Gewerkschaft der Krankenschwestern und Hebammen. Vor der DGB-Zentrale protestierten sie gegen alle Versuche, die Gewerkschaftsrechte für Basis- und Spartengewerkschaften einzuschränken.

Der Protest hatte einen konkreten Anlass: In Deutschland will der DGB vor allem mit Hilfe der IG Metall ein Gesetz zur Tarifeinheit durchsetzen, das die Rechte von Branchen- und Basisgewerkschaften einschränken würde. In Italien, Frankreich und Spanien schließen die großen Gewerkschaften Abkommen mit der Regierung. Branchen- und Basisgewerkschaften werden ignoriert, ihre Rechte teilweise massiv eingeschränkt.

Daher riefen die Redner in mehreren Sprachen den DGB-Vorstand dazu auf, sich an der Einschränkung von Gewerkschaftsrechten nicht zu beteiligen. Der Protest war der Abschluss des diesjährigen Treffens der europäischen Basisgewerkschaften, das vom 14. bis 16.März in Berlin stattfand. Seit 2001 finden diese Treffen jährlich in einem anderen europäischen Land statt.

Die Wurzeln für das Netzwerk reichen ins Jahr 1995 zurück, als ein großer Streik in Frankreich die Notwendigkeit deutlich machte, dass sich Basisgewerkschaften europaweit koordinieren. Das war natürlich auch in Berlin das zentrale Thema. In mehreren Resolutionen wurde die Teilnahme am «Marsch der Würde» am 22.März in Madrid beschlossen, einige der anwesenden Gewerkschafter beteiligten sich daran sogar persönlich im Block der Internationalen Solidarität. Auch an den Blockupy-Aktionstagen, die Mitte Mai in mehreren europäischen Ländern stattfinden werden, wollen sich die Basisgewerkschaften beteiligen.

Doch darin erschöpft sich ihre Arbeit nicht, wie sich in den Arbeitsgruppen zeigte. Besonders gut besucht war das Netzwerk «Bahn ohne Grenzen,» an dem neben europäischen auch afrikanische Bahnbeschäftigte teilnahmen. Aus Berlin waren Delegierte des gewerkschaftlichen Bündnisses «100 Prozent S-Bahn» als Gäste zugegen, die sehr zufrieden über den Austausch mit ihren Kollegen aus den anderen Ländern waren.

Etwas enttäuscht zeigte sich dagegen eine Delegierte der polnischen Gewerkschaft der Hebammen und Krankenschwester. Im Workshop über den Widerstand gegen die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens blieb sie allein. Dabei liegt seit Monaten ein Manifest gegen die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens in verschiedenen Sprachen vor. (Die deutsche Version kann unter www.vdaeae.de/images/stories/fotos2/europmanifest_gegen_ kommerzialisierung_g-wesen_121001.pdf aufgerufen werden.)

Zum Treffen in Berlin ging die Initiative von belgischen, französischen und polnischen Gewerkschaften aus. Wieder einmal zeigte sich, dass Deutschland auf diesem Gebiet immer noch Schlusslicht ist. Auch linksgewerkschaftliche Kreise waren auf der Konferenz nur schwach vertreten, und die linken Medien ignorierten das Treffen fast vollständig, obwohl sie eingeladen waren. Das nächste Treffen der Basisgewerkschaften soll in Barcelona stattfinden. Dort dürfte die regionale und mediale Verankerung wesentlich besser sein.

 

Teile diesen Beitrag:

Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen

Spenden

Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF


Schnupperausgabe

Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.