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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 06/2014
Zum 70.Jahrestag des Massakers in Distomo

 aus Griechenland-Info Nr.7

Am 10.Juni jährte sich das von Soldaten der Wehrmacht angerichtete Massaker von Distomo bei Delphi zum siebzigsten Mal. Dabei wurden das Dorf niedergebrannt und 218 Frauen, Alte und Kinder bestialisch umgebracht. Es war einer der traurigen Höhepunkte einer langen Blutspur der Wehrmacht in Griechenland.

Während der deutschen Besatzung wurden 460 griechische Ortschaften völlig zerstört und etwa 60000 Zivilpersonen, Frauen, Männer und Kinder umgebracht. 65000 griechische Jüdinnen und Juden wurden deportiert und ermordet.

In der Zeit der deutschen Besatzung wurde Griechenland systematisch ausgeraubt. Griechenland war für die Nazis das Experimentierfeld, in dem sie die für den Überfall auf die Sowjetunion entwickelten Strukturen des raubwirtschaftlichen «Kahlfraßes» erprobten. Beim Generalstab der 12.Armee wurde ein Verbindungsoffizier des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamts des Oberkommandos der Wehrmacht eingesetzt, dessen Aufgabe darin bestand, alle beweglichen Wirtschaftsgüter zu plündern und ins Reich abzutransportieren.

Im großen Stil wurden griechische Bodenschätze wie Chromerz, Zink, Zinn, Kupfer, Bauxit, Mangan und Nickel in Richtung Deutschland abtransportiert. Aber auch die wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Landes wie Rosinen, Olivenöl, Baumwolle, Zucker, Reis und die Getreidevorräte wurden weggeschafft. Von den internationalen Getreide- und Lebensmittelmärkten war Griechenland durch die britische Blockade abgeschnitten.

Und da die Deutschen die ohnehin schwach entwickelte Infrastruktur wie etwa die strategische Bahnlinie Saloniki–Athen ausschließlich für ihre Nachschublieferungen nach Kreta und Nordafrika nutzten, kamen auch die innergriechischen Lebensmitteltransporte zum Erliegen. Mindestens 100000 Griechen verhungerten damals. 400000 waren obdachlos. Epidemien grassierten, jeder Dritte litt 1945 an Malaria, Typhus, Tuberkulose.

Die deutsche Besatzungspolitik war in Griechenland so brutal wie in keinem anderen nichtslawischen Land. Als sich die Deutschen ab Oktober 1944 aus Griechenland zurückzogen, hatten sie das Land nicht nur wirtschaftlich ruiniert, sondern weitgehend zerstört.

In der Bundesrepublik wurde niemand für das Massaker in Kommeno verurteilt. Auch nicht für die Massenmorde an Zivilisten in Distomo, Kalavrita, Kandanos, Kondomari und etlichen anderen Orten. Diese Verbrechen begingen die SS und die Wehrmacht, vor allem Gebirgsjäger, die noch brutaler als die Waffen-SS operierten. Die Bundesregierung aber antwortete 2008 auf Anfrage der Linkspartei unbeirrt: «Von einer verbrecherischen Geschichte der Gebirgstruppen zu sprechen, ist historisch falsch.»

Die bundesdeutschen Führungsetagen und Funktionseliten aus Wirtschaft, Politik und Medien befinden sich bis heute in affektiver Erstarrung, die durch eine Mischung aus Arroganz, Verunsicherung und Verachtung übertüncht wird. Vor diesem Hintergrund ist auch die gegenwärtig von Berlin diktierte Linie der harten Hand gegenüber der am stärksten verschuldeten Nationalökonomie der Eurozone zu verstehen.

Deutschland schuldet mindestens 6 Mrd. Euro

1945 taxierte die Regierung in Athen den Schaden auf 10 Milliarden Vorkriegsdollar. Deutschland weigerte sich hartnäckig, Entschädigungen zu zahlen. 1960 zahlte Bonn 115 Millionen Mark im Rahmen der sog. Globalentschädigung an Athen. Das war weniger, als die Niederlande erhielten.

Nach 1990 lehnte Deutschland jede weitere Forderung ab. Dabei hat die Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs formal noch Schulden in Athen. Das Hitler-Regime hatte 1941 die griechische Staatsbank zu einem Kredit gezwungen. Das NS-Regime hatte offiziell anerkannt, dass es Athen noch 476 Millionen Reichsmark schuldete, und mit der Rückzahlung begonnen. Laut dem in Athen lehrenden Historiker Hagen Fleischer entspricht diese Summe heute 6 Milliarden Euro – ohne Zinsen. Doch alle Bundesregierungen haben nach 1960 alle Forderungen von Athen und auch von einzelnen Opfern kompromisslos zurückgewiesen. Das Thema sei «durch Zeitablauf erledigt», so die deutsche Rechtsposition.

 

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