Gegenstimmen
Lieder von unerträglichen Zuständen
von Dieter Braeg
Wo man singt, da lass dich nieder», so beginnt eines der Sprichwörter, das jenen, die singen, nichts Böses zutraut. So viele Chöre singen der heilen Welt ihr Lied oder loben Gott in der Höhe oder sonst wo auch immer. Miteinander im Chor singen hat Tradition und findet meistens in Kirchen statt, oder es werden jene Tugenden per Chor besungen, die keine sind. Bei den «Gegenstimmen», einem Chor von 50 Männern und Frauen, der sich in Wien im Jahre 1989 gründete, ist das anders. Mag ja sein, dass der Lindenbaum samt Brunnen vor dem Tore feines Liedgut ist, aber die «Gegenstimmen» haben andere Themen. Ihre Stimmen richten sich gegen Krieg, Faschismus, Gewalt und Unterdrückung. Dieser Chor stellt Fragen, sucht Antworten zu Themen, bei denen die Mächtigen in dieser Gesellschaft das Verdrängen und Vergessen verordnet haben.
Sieben CDs sind seit der Chorgründung erschienen. Ob Texte und Lieder von Brecht und Hanns Eisler oder zu dem unerschöpflichen Thema Männer und Frauen (CD-Titel: Adam und Eva). Auch Stell dich ein ist ein Versuch, mit 22 Liedern eine zeitgemäße und selbstironische Antwort zu finden. Diese neu komponierte «Kantate zur Arbeit» stellt Fragen und bietet den Zuhörerinnen und Zuhörern die Möglichkeit, selbst Antworten zu finden. Die aktuelle CD, der Livemitschnitt eines Auftritts «GemmaDann» (Gehen wir dann), ist eine symphonische Kantate. Die Texte (alle in einem Textheft der CD beigelegt) stammen von Bärbel Danneberg, Heinz Rudolf Unger und Alfred Komarek. Das Orchster Camerata Wien spielt die passende Musik, einfühlsam und passend komponiert von dem in Wien lebenden Musiker Erke Duit.
Die «Gegenstimmen» singen von jenen unerträglichen Zuständen, die unser Leben in der modernen, kapitalistischen Welt bestimmen. «Wegschauen? Hinschauen! / Ducken? Aufmucken! / Weglaufen? Einmischen! / Handy? Handeln! / Schweigen? Schreien! / Leiden? Wehren! / Anstand? Widerstand!»
Derzeit sind sie mit ihrem neuesten Programm «Sag nein – Lieder gegen den Krieg» zu hören. Es ist ein musikalisch anspruchsvolles, mehrsprachiges Programm mit Liedern und Texten von Hanns Eisler, Bert Brecht, Kurt Tucholsky, Ingeborg Bachmann, Wolf Biermann, Marie Luise Kaschnitz, Henriette Haill, Erich Kästner u.a. 40 Gegenstimmen unter der musikalischen Leitung des großartigen Stefan Foidl. Zu kaufen sind die sieben CDs über www.gegenstimmen.org für je 15 Euro. Da kann man auch die aktuellen Auftrittstermine des Chors erfahren.
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