von einem Arbeiter der Halle Y
Den Erhalt der Stammarbeitsplätze bei Ford Köln bezahlen die Leiharbeiter mit Entlassungen.
Schon seit dem Frühling gingen in und außerhalb der Kölner Ford-Fabrik Gerüchte um, über die Betriebsversammlung am 9.Juni und dass «sogar aus den USA oberste Führungskräfte kommen sollten und sehr wichtige Entscheidungen mitteilen werden».Bei dem Treffen verkündete Betriebsratsvorsitzender Martin Henning die Nachricht, dass das Sterben von «Köln Ford» verhindert wurde. Bis 2021 sollen die Arbeitsplätze erhalten bleiben und keine Arbeiter entlassen werden. Alle regionalen und nationalen Zeitungen haben von dem lang anhaltenden Beifall der Arbeiter für Hennings Worte berichtet.
Hoffnung für ADECCO-Arbeiter
Diese Entscheidung hatte auch die Verunsicherung der 306 Leiharbeiter von ADECCO aufgehoben und ihre Hoffnung auf eine zukünftige Festanstellung und auf einen Verbleib bei Ford gesteigert. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub wurde ihnen jedoch mitgeteilt, dass der 5.September ihr letzter Arbeitstag sei, dass sie drei Wochen beurlaubt und zum 30.September entlassen werden. Außer einer Erklärung von einigen Gewerkschaftern und Betriebsräten, dass sie nichts unternehmen können und die Entlassungen nicht verhindern können, kam keine Reaktion. Die gleichen Vertreter erzählten den Arbeitern, die entlassen wurden und reagieren wollten, sie sollten ruhig bleiben, vielleicht würden sie später wieder angefragt und eingestellt.
Bereits vor der Betriebsversammlung im Juni war klar, dass die ADECCO-Arbeiter entlassen werden. Mit der späten Bekanntmachung wurde auch ein Widerstand der Arbeiter verhindert. Der Betriebsrat und IG Metall hätten den Arbeitern diese Information mitteilen und gegen die Entlassungen den Kampf organisieren müssen. Wie die Interessen des Arbeitgebers es erfordern, versuchten sie jedoch jeglichen Widerstand zu beschwichtigen.
Zu wenig informiert
Den meisten festangestellten Arbeitern ist nicht klar, dass 306 Arbeiter entlassen wurden. Auch auf die festangestellten Arbeiter kommt eine schwierige Zeit zu. Die Zahl der produzierten Pkw wird von 1800 auf 1500 reduziert. Es wird nur noch zwei statt drei Schichten, mit hohem Tempo am Band, geben. Wenn sich die Auftragslage verbessert, wird im gleichen Tempo eine halbe Stunde länger gearbeitet. Falls die Aufträge weniger werden, wird die tägliche Arbeitszeit sinken.
Als erste Maßnahme wird im Oktober 11 Tage lang Kurzarbeit eingeführt. Dabei werden Vorbereitungen für die Erprobung des ERA-Systems für die Entgeltgruppen getroffen – das bedeutet, dass die Gehälter gedrückt werden. Das Ziel des Ford-Betriebes ist, die Produktionskosten so niedrig wie möglich zu halten und die ganze Last auf dem Rücken der Arbeiter abzuwälzen.
Macht Ford Verluste?
Die Antwort lautet «nein». Es wurde bekannt gegeben, dass Ford in den ersten sechs Monaten des Jahres 2014 14 Millionen Dollar reinen Gewinn machte. Weltweit stieg im zweiten Quartal der Reingewinn auf 1,3 Milliarden Dollar. Ford hofft, mit der Schließung von Fabriken in Belgien und England und der Entlassung von 6500 Arbeitern, die Produktion dieser Betriebe nach Deutschland, Spanien und in die Türkei zu verlagern und ab 2015 den Gewinn zu verdoppeln. Ford hat auf dem deutschen Automobilmarkt seinen Anteil auf 7% erhöht. Während der Automobilmarkt in Deutschland in den ersten 8 Monaten um 0,4% schrumpfte, stiegen die Verkäufe bei Ford um 9,4%.
Entlassungen – Schicksal der Leiharbeiter?
Wenn der Betriebsrat und der Ortsvorstand der IG Metall Köln wollen, können sie den Kampf für die Wiedereinstellung leicht organisieren. Die festangestellten Ford-Arbeiter müssten auch Druck machen. Nicht zum ersten Mal werden Leiharbeiter bei Ford vor die Tür gesetzt. Im Jahr 2008 wurden bis zu 600 Arbeiter entlassen. Damals gab es keine ernsthafte Reaktion.
Für die Festanstellung der 306 Arbeiter muss gekämpft werden. In der Fabrik geht das Gerücht um, dass ADECCO geht und RANDSTADT kommen kann und diese Arbeiter übernommen werden.
Schluss mit der Sklaverei!
Seit Jahren wird die Anzahl der festangestellten Arbeiter reduziert. In Halle Y wird in vielen Bereichen mit fehlender Belegschaft produziert. Daher sind die Leiharbeiter bei Ford ein untrennbarer Teil der Produktion geworden. Ein Großteil der ADECCO-Arbeiter ist seit Jahren als Leiharbeiter bei Ford. Wenn der Betriebsrat und die Gewerkschaft (die Vertrauenskörperleitung) es ehrlich meinen, dass Leiharbeit Sklavenarbeit ist, würden sie den Kampf für die 306 Arbeiter organisieren.
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