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Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 11/2014

München: Wilhelm Heyne, 2014. 320 S., 9,99 Euro

von Udo Bonn

Der Autor Joe R.Lansdale ist in dieser Kolumne schon mehrfach vorgestellt worden, zum ersten Mal vor über zehn Jahren mit dem Roman Die Wälder am Fluss, spielend in den Sumpfgebieten von Osttexas, erzählt aus der Sicht des 11jährigen Harry Crane, der in den Wäldern um den Sabine River die Leiche einer mit Stacheldraht gefesselten Schwarzen findet. Ku-Klux-Klan oder der mythologische Ziegenmann?
Wieder in die 30er Jahre, wieder nach Osttexas an den Sabine River führt uns Lansdale in seinem endlich als Taschenbuch erschienenen Roman Dunkle Gewässer. Und wieder wird die Geschichte nicht aus der Sicht von Erwachsenen erzählt, vor denen man sich in jedem Fall in acht nehmen muss, sondern aus der Sicht dreier Heranwachsender. Erzählerin ist die 16jährige Sue Ellen, die sich der Aufdringlichkeiten ihres Vaters erwehren muss, eng befreundet ist sie mit Terry Thomas, dem nachgesagt wird, er sei schwul, und mit Jinx Smith, clever und schwarz – eine verhasste Kombination in dieser rassistischen Sumpfgesellschaft.
Wer fehlt, ist Mary Lynn, ein hübscher Teenager, sie wollte weg nach Hollywood und jetzt ist sie tot, versenkt im trüben Flusswasser. Ihr Auftauchen beschleunigt die Entscheidung der Drei abzuhauen, hier haben sie keine Zukunft, die Gegend und die hier lebenden Erwachsenen können nur ihren Untergang bedeuten. Die Männer sind brutale Unholde, deren Frauen sind Ausgelieferte.
Und dann finden sie noch eine Schatzkarte. Aufbruch auf einem Floß, um den Bus nach Kalifornien in der nächsten Kreisstadt nehmen zu können, und zur Überraschung aller ist Sue Ellens Mutter dabei, ohne ihre zudröhnende Medizin, und dabei ist auch die Asche von Mary Lynn. Häufig werden Lansdales Romane mit denen von Mark Twain verglichen, besonders mit den Abenteuergeschichten von Tom Sawyer und Huck Finn, so auch Dunkle Gewässer, wenngleich nichts daran für lesende Kinder geeignet ist. Einiges aber was nach der tumultartigen Abreise der Vier geschieht, erinnert an die Geschichte der Odyssee, und so dauert die Reise und immer geht es darum, zu entkommen. Ein tolles Buch, über das sich Mark Twain sicherlich gefreut hätte.

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