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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 01/2015

Keine falschen Hoffnungen

von Rolf Euler

Die Überraschung schien E.on gelungen: Als die ersten Meldungen über einen Strategiewandel des Energiekonzerns herauskamen, klangen sie wie ein Ausstieg aus der «schmutzigen» Stromproduktion und eine Wende hin zu den erneuerbaren Energien. Das sollte sich schnell als vage Hoffnung herausstellen.

Tatsächlich will E.on zunächst einmal den Konzern sanieren. Die Verluste, die sich bei der Stromproduktion aus Atom und Kohle schon aufgehäuft haben oder aber in Zukunft noch drohen, sollen abgestoßen und in ein neues Unternehmen ausgelagert werden. E.on selbst will sich mit dem Hauptstandbein regenerative Energien, Stromverteilung und Stromvertrieb neu aufstellen.

Die anderen Bereiche – das sind vor allem Atomkraftwerke, deren Stilllegung ja fest steht, und Kohlekraftwerke, deren Profitabilität fraglich ist und von denen auch einige stillgelegt werden sollen – würden dann verkauft bzw. in ein anderes Unternehmen ausgegliedert.

Ein Konzernumbau bedeutet natürlich keine Änderung des Strommix. Wer darin eine Wende zu einer dezentralen Stromproduktion, demokratischeren Energiegewinnungssystemen oder einem zügigen Ausstieg aus der CO2-Vermehrung sieht, macht sich sicher falsche Hoffnungen.

Wie es scheint, ist der Beschluss, aus der Atomenergie auszusteigen, wohl nicht umkehrbar, die Folgekosten sollen aber auf keinen Fall in die Konzernbilanzen einfließen. E.on hat auch mehrere Kohlekraftwerke, die unter Beschuss stehen, z.B. das Steinkohlekraftwerk in Datteln, das nach wie vor im Bau ist und bisher nicht genehmigt wurde. Zwar verbindet sich mit ihm die Hoffnung, dort mit Importkohle eines Tages doch noch Gewinne zu erzielen. Aber schon jetzt ist klar, dass jeder weitere Zubau von Solar- und Windstromerzeugung – so stark auch die gegenwärtige Bundesregierung versucht, ihn auszubremsen – zu Überschüssen führt, die zum Teil zu negativen Preisen ins Ausland exportiert werden.

Gerade deswegen muss man Konzernen wie E.on oder RWE den Vorwurf machen, immer nur auf die fossilen Energieträger gesetzt zu haben, um mit der Stromherstellung, dem Vertrieb und der Verteilung über die Hochspannungsnetze Gewinne zu machen. Wer auf alternative Energiequellen setzte, wurde belacht als Utopist. Die Folge: Den schwankenden Einspeisemengen aus Solar- und Windenenergie kann die traditionelle Stromwirtschaft keine Möglichkeit der Speicherung oder Pufferung bieten. Schnell an- und abzuschaltende Gaskraftwerke seien zu teuer, heißt es, Braunkohlestrom ist dagegen der billigste und bleibt daher im Netz, obwohl er nicht besonders flexibel zu steuern und dazu noch der umweltschädlichste ist. Den Konzernen sind die sogenannten Verschmutzungsrechte (CO2-Zertifikate) geschenkt worden. Die damaligen Bilanzen wiesen Milliardengewinne aus.

Wenn E.on jetzt eine neue Strategie verkündet, dann liegt das eher daran, dass die Bilanzen verhagelt wurden, als an «grüner» Überzeugung – obwohl das womöglich sogar mit hineinspielt.

Die Hauptfrage ist: Was macht der abgespaltene Teil des Konzerns mit den Atom- und Kohlekraftwerken? Und wie sieht es mit der Sicherung der Rücklagen für die sogenannte «Endlagerung» des Atommülls aus? Die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn hat zurecht darauf hingewiesen, dass die E.on-Geschichte eher nach der Gründung einer «Bad Bank» für schlechte Risiken aussieht als nach einer echten Wende. Bei einer Abspaltung bleiben dann wohl die «schlechten Risiken» Atomausstieg und Kohleverstromung in einem Unternehmen, das von der profitablen E.on-Neu finanziell getrennt ist und dann womöglich «planmäßig» Probleme bekommt, die steuerfreien Rücklagen für die Endlagerung bereitzuhalten. Dann kommen auf den Steuerzahler sicher erhebliche Folgekosten zu.

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