von Ulrike Eifler
Was haben die Ereignisse in Griechenland mit der Situation in Hessen zu tun? Die Antwort darauf ist einfach: Viele Kommunen sind völlig verschuldet. Die Folge sind Leistungskürzungen und Gebührenerhöhungen, Privatisierungen und Schwimmbadschließungen. In Hessen gibt es Gemeinden, die die Kosten für die Kindertagesbetreuung um fast 50% erhöhen. An der Hanauer Tümpelgartenschule wird das Angebot von Förderstufe, Haupt- und Realschule auf das einer Grundschule eingeschmolzen. Und in Offenbach wurde das Klinikum verkauft, weil das Geld fehlte. Was wir in zahlreichen hessischen Kommunen erleben, ist im kleinen das, was im großen in Griechenland stattfindet. Es ist dieselbe Politik, die uns arm macht!
Der Rechtsanspruch auf eine U3-Kita-Betreuung, der Ausbau der Ganztagsschulen, der Investitionsstau an Schulen und Verkehrsinfrastruktur stellt die Kommunen vor immer größere Herausforderungen. Mit dem sog. Kommunalen Rettungsschirm gab die Landesregierung den Kommunen zudem Hausaufgaben zur Kosteneinsparung auf. Doch mittlerweile ist für viele Städte und Gemeinden und noch viel mehr für die Menschen, die in ihnen wohnen, arbeiten und leben, das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Stadt Offenbach musste bereits in den 90er Jahren Stadtteilbibliotheken und Schwimmbäder schließen. Jetzt wird die Sanierung der Schulen weiter aufgeschoben. Aller Voraussicht nach wird die letzte Schule in Offenbach erst im Jahre 2025 saniert werden können und das, obwohl die Stadt das Thema seit 2006 auf der Tagesordnung hat.
Vielen Menschen sind weitere Belastungen nicht mehr zuzumuten. Auf Bundesebene werden Steuererhöhungen für die reichsten 5% der Bevölkerung abgelehnt und auf kommunaler Ebene wehrt sich die Wirtschaft gegen Gewerbesteuererhöhungen, um nicht zu hohen Belastungen ausgesetzt zu werden. Aber für die arbeitende Bevölkerung werden die Kitagebühren erhöht, die Eintrittspreise für Schwimmbäder und Kultureinrichtungen heraufgesetzt, die Grundsteuer angehoben oder es steigen die Friedhofsgebühren. Gleichzeitig entwickeln sich Miet- und Energiekosten in fast schwindelerregender Art und Weise nach oben.
Diese Politik hat weitreichende Folgen – auch für die Kommunalwahlen. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass es bei Wahlen nicht mehr um alternative Politikkonzepte geht, wenn es nur noch um eine Abstimmung über unterschiedliche Prioritätenlisten bei den Kürzungs- und Streichvorschlägen geht, dann ist das schlecht für die Demokratie. In vielen Kommunen erleben wir genau diese Situation. Die finanzielle Ausstattung entzieht den Gemeinden, Landkreisen und Städten die Möglichkeit der selbständigen Gestaltung. Und die Menschen haben völlig zurecht das Gefühl, dass ihre Stimme nichts ändert. In Griechenland wie in Deutschland stellt sich letztlich die Frage: Wollen wir eine marktkonforme Demokratie oder demokratiekonforme Märkte?
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