Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

Hier können Sie jetzt Spenden
PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 05/2015
Aufruf zur gewerkschaftlichen Solidarität

Dokumentiert

Aus der Veranstaltungsreihe mit Pawlo Lysianskyi von der Unabhängigen Bergarbeitergewerkschaft der Ukraine (siehe SoZ 3/2015) ist eine Initiative zur Solidarität mit der von Krieg und Not betroffenen Bevölkerung entstanden. Wir dokumentieren den Aufruf.

Die politische Situation in der Ukraine ist alarmierend. Es herrscht Krieg. Die Kämpfe haben bereits Tausende von Toten gefordert. Wie lange der aktuelle Waffenstillstand hält, wissen wir nicht. Doch die soziale Not wächst. Die Wirtschaft steht vor dem Kollaps und das tägliche Überleben der Menschen wird immer schwieriger. Große Teile von Industrie und Bergbau sind durch den Krieg lahm gelegt worden. Insbesondere die Versorgung mit Wärme und Energie wird immer wieder unterbrochen.
Unter der neuen Regierung von Arseni Jazenjuk und Petro Poroschenko galoppiert die Inflation, was dazu führt, dass die Lebenshaltungskosten um ein Vielfaches gestiegen sind. Die Löhne für Beschäftigte im öffentlichen Dienst wurden gesenkt, viele wurden entlassen oder in den unbezahlten Urlaub geschickt. Gleichzeitig hat die Regierung zahlreiche Sozialleistungen radikal gekürzt oder ganz gestrichen. Ausstehende Löhne der Kohlekumpel werden nicht in vollem Umfang ausgezahlt, Zechen sollen geschlossen werden.
Die ukrainische Regierung folgt mit solchen Maßnahmen den drastischen Sparauflagen von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds, die auch Ländern innerhalb der EU wie Griechenland, Spanien, Portugal oder Irland auferlegt worden sind.
Die Bevölkerung der Ukraine wird zunehmend zum Opfer der Rivalität und der Machtansprüche von konkurrierenden Machtblöcken, von Russland, den USA und der Europäischen Union. Diese Machtblöcke stützen sich innerhalb der Ukraine auf verschiedene Gruppen von extrem reichen Unternehmern, den Oligarchen, gegen die sich die Proteste des letzten Winters zu großen Teilen richteten. Den einen wie den anderen geht es nicht um die Verteidigung von „Werten», die Machtblöcke rivalisieren um Rohstoffe und geopolitische Einflusssphären. Interesse an einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Ukraine hat keiner von ihnen.
Deshalb wollen wir mit dieser Initiative jetzt aktiv werden. Als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in Deutschland sind wir solidarisch mit der von Krieg und Not betroffenen Bevölkerung und besonders mit den abhängig Beschäftigten, den Erwerbslosen und ihren Familien. Wir wollen sie in ihrem Überlebenskampf unterstützen.
Unsere Solidarität verfolgt drei Ziele:
– Unterstützung alle Kräfte, die gegen eine militärische Lösung des aktuellen Konflikts auftreten und die einen Prozess hin zu Frieden und Verständigung befürworten.
– Stärkung der politischen Bewegungsfreiheit der ukrainischen Zivilgesellschaft, insbesondere der Organisationen der abhängig Beschäftigten.
– Praktische und humanitäre Hilfe.
Als ersten Schritt werden wir besonders die Bergleute mit ihren Familien im Westen wie im Osten der Ukraine unterstützen. Im Westen stehen sie heute in den sozialen Konflikten gegen die Sparpolitik der Kiewer Regierung. Im Osten leiden sie besonders unter den dramatischen Folgen des Bürgerkrieges für Industrie, Infrastruktur und für das gesamte soziale Leben. Hierzu stellen wir zunächst Kontakte vor Ort mit der Gewerkschaftsbasis auf beiden Seiten des militärischen Konfliktes her. Wir beabsichtigen die direkte Hilfe für die Kumpel und ihre Familien in Gestalt von Essen, Kleidung oder Medikamenten. Wir denken aber auch an die Beschaffung von Gebrauchtwagen, die für die gewerkschaftliche und soziale Hilfe vor Ort notwendig sind.
Wir sind jederzeit bereit, auch andere Arbeiterorganisationen auf allen Seiten der Konfliktlinie zu unterstützen, wenn sie ein Mindestmaß an politischer Unabhängigkeit und sozialer Autonomie gegenüber den nationalistischen Kriegsparteien aller Couleur aufweisen.
Um solche Hilfe bereits bis zu diesem Sommer zu ermöglichen, bitten wir alle aktiven Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und ihre Organisationen in Deutschland, sich dafür aktiv zu engagieren. Wir hoffen auch auf Unterstützung über die Gewerkschaften hinaus.

Für Solidaritätsspenden haben wir das folgende Konto eingerichtet:
Klaus Murawski, Stichwort: Ukraine, IBAN: DE05500105170879578742, BIC: INGDDEFFXXX

Unterstützer (Stand: 17.4.):
Heidemarie Behrens, Ver.di Düsseldorf; Helmut Born, Gewerkschaftspolitischer Sprecher, Landesvorstand DIE LINKE NRW; Klaus Drechsel, Ver.di Vertrauensmann Berlin; Bernd Gehrke, Ver.di, Arbeitskreis Geschichte der sozialen Bewegungen Ost/West, Berlin; Sebastian Gerhard, GEW, Zeitschrift Lunapark21, Berlin; Jochen Gester, IG Metall, Arbeitskreis Internationalismus, Berlin; Rüdiger Hachmann, Historiker, Berlin; Willi Hajek, TIE, Basisgew. Bildungsarbeiter, Berlin; Georg Heidel, Ver.di, Berlin; Kirsten Huckenbeck, Ver.di, express-Redaktion; Erich Kassel, IGM-Delegierter Bremen; Angela Klein, Ver.di, SoZ-Redaktion, Köln; Anton Kobel, Gewerkschaftssekretär Ver.di, express-Redaktion, Heidelberg; Norbert Kollenda, Ver.di, Berlin; Uwe Krug, GDL, Lokführer S-Bahn Berlin; Detlef Marzi, Ver.di, Bremen; Klaus Murawski, Ver.di, Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin; Christian Persicke, Ver.di, Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin; Oliver Rast, Gefangenengewerkschaft, Industrial Workers of the World, Berlin; Jakob Schäfer, IG Metall, Wiesbaden; Günter Triebe, IG-Metall-Ortsvorstand, Berlin; Eva Völpel, Ver.di-Sekretärin, Berlin.

www.betterplace.org/de/projects/27810-gewerkschaftliche-solidaritat-gegen-krieg-und-not-in-der-ukraine.

Teile diesen Beitrag:

Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen

Spenden

Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF


Schnupperausgabe

Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.