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Nur Online PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 08/2015
Mobilisieren gegen das neue Memorandum

dokumentiert

Einleitung: Politische Konstituierung der Front des „Nein“
Die Entwicklungen in Athen sind dramatisch, ihr Tempo steigt an. In den wenigen Stunden wird das griechische Parlament für das neue, das dritte Memorandum stimmen, das zwischen der Syriza-Regierung und den Europäern gemäß dem neuen Standard-Express-Verfahren einer Debatte an einem einzigen Tag (und in einer Nacht …) vereinbart worden ist. Die Abgeordneten der Linken Plattform von Syriza haben bereits angekündigt, dass sie mit Nein stimmen werden, noch ist die Zahl von weiteren Syriza-Abgeordneten, die das ebenfalls tun werden, nicht bekannt. Darunter wird sicher Zoe Kostantopoulou sein, die Präsidenten des griechischen Parlaments, die zur Zeit einen verzweifelten Kampf dafür führt, dass die minimalen Verfahrensregeln der parlamentarischen Debatte eingehalten werden.

Ihre Haltung hat heftige Medienattacken ausgelöst, die jetzt den offenen Rückhalt von Angehörigen
der Regierung und Syriza-Abgeordneten bekommt, die pro Regierung sind.
Eine weitere wichtige Entwicklung war der Aufruf zur Mobilisierung der Bevölkerung und zur Bildung
von Komitees gegen das Memorandum im ganzen Land, der heute von den führenden Köpfen
der Linken Plattform von Syriza (Panagiotis Lafazanis von der Linken Strömung und Antonis Davanelos
von DEA/Rotes Netzwerk) und führenden Personen von zwölf anderen Organisationen der griechischen
radikalen Linken. Darunter sind zwei Organisationen (ARAN und ARAS), die zu den Mitbegründern
von Antarsya gehören. Dies wird weithin als der erste öffentliche Schritt hin zur Bildung
einer neuen politischen Front betrachtet, die ein weites Spektrum von Kräften zusammenfassen wird,
die in Opposition zum neuen Memorandum und zu der neoliberalen 180-Grad-Kehrtwende der Syriza-
Regierung stehen.
Das Memorandum wird mit Sicherheit im Parlament eine breite Mehrheit bekommen, dank der Unterstützung
der Mitte-Rechts- und der Rechtsparteien. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Regierung
bei ihrer eigenen Parlamentsfraktion an Rückhalt verlieren und vorgezogene Wahlen in einem Monat
ansetzen wird. Hauptantriebskraft für dieses nach nie da gewesene Vorgehen ist, die sich bildende
linke Opposition gegen ihre Politik daran zu hindern, sich zu organisieren, und auch, dass Wahlen
abgehalten werden können, bevor die Auswirkungen der neuen Austeritätsmaßnahmen anfangen zuzuschlagen.
In jedem Fall wird diese Wahl der erste Test für die neue Anti-Austeritäts-Front sein, die um
die Linke Plattform herum Gestalt annimmt. Die nächsten Tage werden entscheidend sein.
Stathis Kouvelakis [Mitglied der Linken Plattform], Aghios Nikolas Fokidas, 13. August 2015
Nein zum neuen Memorandum
Aufruf zum Kampf und zur Mobilisierung im ganzen Land
Die Unterzeichnenden, die ein breites Spektrum von Kräften und Organisationen der Linken repräsentieren,
lehnen das dritte Memorandum ab, das heute dem Parlament vorgelegt wird und rufen zu breiten
gemeinsamen Kämpfen auf, um alle Memoranden zunichte zu machen und einen neuen progressiven
Kurs für das Land durchzusetzen.
Die Unterschrift einer Regierung, die gewählt worden ist, um die beiden vorhergehenden Memoranden
zu beseitigen, unter ein weiteres Memorandum kommt einer großen Katastrophe für das griechische
Volk und die Demokratie gleich. Das neue Memorandum bedeutet noch mehr Austerität, die Einschränkung
der Rechte der BürgerInnen und die Verstetigung des Regimes der Beaufsichtigung, das
dem Land aufgezwungen wird. Das neue Memorandum ist eine komplette Verneinung des Mandats,
das das griechische Volk mit dem Referendum vom 5. Juli erteilt hat, als es die neoliberale Politik der
Austerität und der neoliberalen Abhängigkeit voll und ganz abgelehnt hat.
Während der ganzen fünf vergangenen Jahre hat sich das Volk mit allen möglichen Mitteln der Angst
und der Erpressung entgegengestellt und für ein souveränes, demokratisches, umgebautes, gerechtes
und unabhängiges Griechenland gekämpft. Wie es bei den vorherigen Memoranden der Fall war, muss
auch dieses auf den breitesten Widerstand einer fest zusammenstehenden und entschlossenen Gesellschaft
treffen. Wir werden auf dem Weg des 5. Juli weitergehen und in bis ans Ende gehen, bis die
Politik der Memoranden zu Fall gebracht ist und es eine alternative Lösung für das Morgen, für die
Demokratie und für soziale Gerechtigkeit in Griechenland gibt.
Der Kampf gegen das neue Memorandum beginnt jetzt mit der Mobilisierung des Volks an allen
Ecken und Enden des Landes. Damit sich dieser Kampf weiterentwickelt und damit er gewonnen wird,
muss sich die Bevölkerung auf allen Ebenen und in allen gesellschaftlichen Bereichen organisieren.
Wir rufen zur Bildung einer breiten politischen und sozialen Bewegung im gesamten Land und zur
Gründung von Komitees zur Bekämpfung gegen das neue Memorandum, gegen die Austerität und
gegen die Unterstellung des Landes unter Aufsicht auf. Das wird eine gemeinsame Bewegung auf der
Höhe der Bestrebungen des Volks nach Demokratie und soziale Gerechtigkeit sein.
Der Kampf, der am 5. Juli zum Sieg des „Nein“ geführt hat, geht weiter und wird siegen!
Donnerstag, 13. August 2015
Panagiotis Lafazanis (Linke Plattform – Linke Strömung)
Alekos Vernardakis (Kommunistische Erneuerung)
Nikos Galanis (Linke Intervention)
Dimitris Kavouras (Kommunistische Organisation Rekonstruktion)
Kaltsonis Dimitris (Vereinigung Gianis Kordatos)
Panagiotis Mantas (DIKKI – Sozialistische Linke)
Antonis Davanelos (Linke Plattform – DEA)
Andreas Pagiatsos (Xekinima)
Spyros Sakellaropoulos (ARAN – Linke Neuzusammensetzung)
Dimitris Sarafianos (ARAS – Linke Antikapitalistische Gruppe)
Maria Souani (Arbeiterkampf)
Themis Tzimas (ehemaliges Mitglied des Nationalen Rats von PASOK)
Lambros Heetas (Initiative der 1000)
Anmerkungen [von Stathis Kouvelakis]
• Xekinima ist die griechische Sektion des CWI [Committee for a Workers’ International, Komitee für eine
Arbeiter-Internationale].*
• Die Kommunistische Organisation Rekonstruktion und die Vereinigung Gianis Kordatos umfassen ehemalige
Mitglieder der KKE ([Kommounistikó Kómma Elládas], der kommunistischen Partei).
• „Arbeiterkampf“ [Ergatiki Pali] ist ein Netzwerk von GenossInnen, die in der Mehrzahl nach wie vor Mitglieder
der KKE sind.
• DIKKI – Sozialistische Linke umfasst frühere Mitglieder von PASOK, die sich dem Bündnis Syriza angeschlossen
haben.
Aus dem Englischen und Französischen übersetzt von Wilfried Dubois
Fourteen organizations of the Greek Left call for mobilizations around the country against the new
memorandum, https://www.facebook.com/stathis.kouvelakis/posts/10153448320455470
http://www.europe-solidaire.org/spip.php?article35643 (14. August 2015)
Ins Französische übersetzt von Antoine P. (Mediapart):
http://blogs.mediapart.fr/blog/antoine-p/130815/grece-vers-la-constitution-politique-dun-front-du-non
http://www.europe-solidaire.org/spip.php?article35644 (14. August 2015)
http://www.europe-solidaire.org/spip.php?article35647 (14. August 2015)
Vers la constitution politique d’un front du Non: Treize organisations de la gauche grecque lancent un
appel à la mobilisation contre le mémorandum
* Siehe auch „Die Neuformierung der Linken in Griechenland“ (Interview von Lucy Redler mit dem Xekinima-
Sprecher Andros Payiatsos), https://www.sozialismus.info/2015/08/die-neuformierung-der-linken-in-griechenland.
ARAN ? Aristeri Anasynthesi, Linke Neuzusammensetzung, gegründet 2003
ARAS ? Aristeri Antikapitalistiki Syspirosi, Linke Antikapitalistische Gruppe, gegründet 1998
DEA ? Diethnistiki Ergatiki Aristera, Internationalistische Arbeiterlinke, gegründet 2001, seit 2004 Teil von
Syriza
DIKKI ? Dimokratiko Kinoniko Kinima, Demokratische Soziale Bewegung, gegründet 1995, seit 2007 Teil von
Syriza

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