von Violetta Bock
In Frankreich reißen die Piloten den Managern das Hemd vom Körper und werden dafür verhaftet (online gibt es eine Petition zur Unterstützung der kriminalisierten Kollegen), dass sie sich Massenentlassungen nicht gefallen lassen. Sie werden als gewalttätig dargestellt. Dabei wehren sie sich nur gegen einen ungeheuren Angriff durch Air France. In Deutschland ist es die Lufthansa, die zum Schlag gegen die Beschäftigten ausholt.
Auch hier gibt es getrennte Tarifverhandlungen für unterschiedliche Berufsgruppen. Wichtiges Thema dabei sind die Betriebs- und Übergangsrenten. Das Risiko, dass die Anlagen in die Altersversorgung des fliegenden Personals wegen der derzeit niedrigen Zinsen evtl. nicht mehr die Ausgaben für die Pensionen decken, sollen künftig die Beschäftigten tragen, nicht mehr die Lufthansa. 500 Millionen Euro sollen außerdem durch Ausgliederung von Arbeitsplätzen in die Billigsparte Eurowings eingespart werden. Die Löhne dort wären bis zu 40% niedriger, die Arbeitszeiten höher. Und das obwohl der Konzern satte Gewinne und ein operatives Ergebnis von mindestens 1,5 Milliarden Euro erzielt.
Die Vereinigung Cockpit, die 5400 Piloten vertritt, wehrt sich seit zwei Jahren dagegen und hat deswegen 13 Streiks geführt. Mehrfach hat die Lufthansa erfolglos versucht, der Vereinigung Cockpit die Streiks gerichtlich zu untersagen. Doch im September dieses Jahres erklärte das Landesarbeitsgericht Hessen erstmalig den Streik der Piloten für rechtswidrig, weil die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen durch eine Ausgliederung nicht als tariflich regelbar und damit nicht als ein Thema für Gewerkschaften angesehen wird. Unternehmerische Entscheidungen sind eben heilig, da gibt es keine Partner und kein Recht auf Mitbestimmung.
Der Arbeitsrechtler Rolf Geffken nennt dieses Urteil einen ungeheuren Eingriff in das Streikrecht, das sogar in Streikzensur ausartet: «Es ist völlig inakzeptabel, einer Gewerkschaft zu unterstellen, sie verfolge ihr Streikziel nur ‹formell›, habe aber in Wahrheit noch weitere Ziele, die nicht tariflich regelbar seien» (Rat&Tat-Info, 10.9.2015). Nun wird wieder über die Ruhestandsregelung verhandelt.
Diese ist auch ein Thema für die rund 33.000 Bodenbeschäftigten, für die Ver.di die Verhandlungen führt. Ver.di fordert getrennte Verhandlungen zu den Themen Entgelt und betriebliche Altersversorgung. Nach fünf Verhandlungsrunden legte die Lufthansa Ende September ein erstes Angebot vor mit Einmalzahlungen zwischen 300 Euro (für Auszubildende) und 1200 Euro (für Vollzeitbeschäftigte) und leichten prozentualen Erhöhungen. Diese wurden von Ver.di als zu niedrig abgelehnt. Vier weitere Termine wurden nun vereinbart, in denen getrennt über die verschiedenen Themen und Tarifverträge verhandelt wird. Sollten bis Ende November keine Ergebnisse erzielt werden, wird über Arbeitskampfmaßnahmen nachgedacht.
Auch die Kabinengewerkschaft UFO für die rund 19.000 Flugbegleiter steht immer noch in Verhandlungen, u.a. zum Thema Betriebsrente. Hier laufen die Gespräche noch bis zum 1.November. Bisher ist UFO jedoch nicht allzu optimistisch, weil das «Management eigentlich keine Perspektive für die ungelösten Konflikte aufzeigt», auch wenn schon wichtige Teillösungen erreicht wurden (UFO, 1.10.15). Hier wird es dann wohl Anfang November ebenfalls zur Urabstimmung kommen.
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen
Spenden
Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF
Schnupperausgabe
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.