von themigrantsfiles.com
Nach Angaben der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen, UNHCR, sind derzeit weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht – das ist die höchste Zahl seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Allein im ersten Halbjahr 2014 machten sich 5,5 Millionen Menschen auf die Flucht; im gesamten Jahr 2014 suchten jedoch nur 600.000 Menschen Asyl in Europa. Dazu mussten sie erhebliche und wachsende Hindernisse überwinden: finanzielle, materielle und bürokratische.
Zu den materiellen Hindernissen gehört die Militärtechnologie, die private Unternehmen mit Finanzmitteln der EU bereitstellen. Die EU und die Europäische Raumfahrtagentur ESA haben im Zeitraum 2002–2013 39 Forschungs- und Entwicklungsprogramme zur Sicherung der Außengrenzen der EU finanziert und dafür insgesamt 225 Millionen Euro gezahlt. Den Löwenanteil kassierten drei Unternehmen: Airbus (war an 10 Projekten beteiligt); Finmeccanica (italienischer Rüstungskonzern, war an 16 Projekten beteiligt); Thales (französischer Rüstungskonzern, war an 18 Projekten beteiligt).
Die Subvention von Forschung und Entwicklung verschlingt den kleineren Teil der EU-Gelder für die Abdichtung der Grenzen. Die Agentur Frontex, die die Patrouillierung der Außengrenzen EU-weit koordiniert, hat seit ihrer Gründung 2004 fast 1 Mrd. Euro gekostet. Das von Frontex seit 2011 entwickelte Programm Eurosur – ein Überwachungssystem, bei dem Drohnen, Aufklärungsgeräte, Offshore-Sensoren, hochauflösende Kameras und Satellitensuchsysteme eingesetzt werden – erfordert die Einrichtung von Koordinationszentren, deren Kosten jeweils mit 200 Mio. Euro veranschlagt werden.
Eurodac, die europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken, soll die EU in die Lage versetzen, in Aufnahmelagern an den EU-Außengrenzen festzustellen, ob ein Asylsuchender schon in einem anderen EU-Land Asyl beantragt hat (und sich deshalb illegal in der EU aufhält). Migrant Files berichtet, dass das System nicht zuverlässig ist und deswegen immer wieder Menschen zu Unrecht abgewiesen werden. Die Webseite zitiert einen Angestellten eines führenden Herstellers mit der Aussage, jeder Scanner von Fingerabdrücken sei so eingestellt, dass er eine gewisse Fehlerquote produziere. Die Behörde ist nicht gehalten, Rechenschaft darüber abzulegen.
Richtig viel Geld fließt in Boote, Drohnen, Geländewagen und in den Bau von Grenzzäunen. In letztere investieren vor allem Spanien, Griechenland und Bulgarien. Der Grenzzaun um die spanischen Enklaven in Marokko, Ceuta und Melilla, kostet – nach seiner Errichtung! – jährlich 10 Mio. Euro Unterhalt. Die italienische Regierung hat im Jahr 2011 mehr als 17 Mio. Euro bezahlt, um die Behörden Libyens mit Booten, Nachtsichtgeräten und entsprechenden Ausbildungskursen auszustatten.
Am teuersten aber sind Deportationen, besser gesagt, der bürokratische Aufwand für diese. Er wird auf jährlich 1 Mrd. Euro geschätzt, zuverlässige Zahlen gibt es nicht. Parlamentarische Untersuchungskommissionen in Frankreich und Italien kamen auf das Zwei- bis Vierfache. Nur Belgien führt Buch über die Kosten der Deportationen, kein anderes Land. In Deutschland wehren die Behörden das Ansinnen mit dem Argument ab, sie hätten nicht die Kapazitäten, um die Deportationskosten vollständig zu erfassen. Das Bundesministerium für Integration und Familie gibt für die Jahre 2011–2014 Deportationskosten in Höhe von 1,6 Milliarden Euro an.
Seit dem Jahr 2000 haben schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen auf dem Seeweg oder Landweg (nicht Luftweg) versucht, Europa zu erreichen. Mehrere weitere Millionen haben falsche Pässe benutzt oder sind einfach nach Ablauf ihres Visums geblieben.
Auf der Flucht ist die soziale Hackordnung eher noch ausgeprägter: Migranten aus den Ländern südlich der Sahara zahlen im Schnitt pro Person 700 Euro, um sich auf Frachtschiffen zwischen den Waren in ein Schlupfloch zu zwängen, oft mit katastrophalem Ausgang. Reichere Fliehende aus dem Mittleren Osten zahlen auf demselben Schiff 2000 Euro, aber für einen Platz auf Deck.
Der populärste Weg, Europa zu erreichen, bleibt der Luftweg. Der führt häufig über lange Umwege. Flüchtlinge aus dem Irak zahlen manchmal 16.000 Euro, um von Mossul nach Paris zu fliegen – via Cayenne (Französisch-Guayana), Belem, São Paulo und Istanbul. Marokkanische Schlepper bieten Migranten den Flug nach Paris für 5000 Euro an – inkl. Umgehung der Einwanderungsbehörde; sie nutzen dafür einen geheimen Ausgang am Flughafen Charles De Gaulle, was offenkundig die Komplizenschaft des Flughafenpersonals und der staatlichen Verwaltung voraussetzt.
Quelle: www.themigrantsfiles.com
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