von Yusuf Karatas (Yeni Hayat)*
MIT und it [dt. «Köter»] – dieser Reim bezeichnete in der jüngsten Vergangenheit die Zusammenarbeit des türkischen Geheimdienstes mit den «Grauen Wölfen», die beide die gesellschaftliche Opposition mit allen Mitteln inklusive Mordanschlägen bekämpfen. Seit neuestem gesellt sich auch der IS (mit der türkischen Bezeichnung ISID) zu diesem Duo, er ergänzt dessen Terror mit Anschlägen und damit baut es zu einer Troika aus.
MIT
Diese Abkürzung steht für den türkischen Nachrichtendienst.
2007 verliehen die USA der Türkei die Rolle einer «führenden Kraft in der Region». Der MIT wurde dabei zur operativen Kraft in der «aktiven Außenpolitik». Als Erdogan und die AKP bei der geforderten Intervention in Syrien für sich die führende Rolle beanspruchten, wurde der Erfolg dieser Intervention zu einer Frage des Überlebens in ihrer neuen Rolle als Regionalführer.
Der MIT ging in Syrien eine Zusammenarbeit mit dem IS und der Al-Nusra-Front ein, um das Assad-Regime und die kurdischen Kantone in Rojava zu stürzen. Dazu richtete sie auf türkischem Boden «Rückzugsgebiete» für die Islamisten ein und lieferte Waffen an sie.
Im Inland baute der IS unter Beobachtung des MIT in Istanbul, Ankara, Adiyaman und vielen anderen Städten Verbindungsbüros und hunderte Zellen auf. Je mehr die Möglichkeiten für eine türkische Intervention in Syrien schwanden und je stärker die Macht Erdogans und der AKP in Gefahr gerieten, umso mehr richteten diese Banden ihre Angriffe auf die Türkei. In Diyarbakir, Suruc und jetzt in Ankara wurden Massaker verübt, um das diktatorische Regime Erdogans zu sichern. Angesichts der Ermordung von über hundert Menschen spricht der Innenminister, der in den 90er Jahren als Kopfgeldjäger fungierte, ungeniert davon, weder die Polizei, noch der Geheimdienst hätten Sicherheitsprobleme zu verantworten. Es war alles in Butter!
Der Hund bzw. «Graue Wolf»
Ein Mörder ist ein ehemaliger «Grauer Wolf», der unter Androhung von Gewalt Schulden eintreibt und zahlreiche Einträge in sein Führungszeugnis hat. Zuletzt saß er im Rahmen des Ergenekon-Prozesses hinter Gittern. Jetzt hat er sich in den Dienst Erdogans gestellt und erhielt eine Auszeichnung als «spendabelster Unternehmer». Auf Hochzeitsfeiern und diversen Empfängen lässt er sich gern mit Erdogan fotografieren. Einen Tag vor den Bombenanschlägen in Ankara organisierte er unter dem Motto «Nein zum Terror!» eine Demonstration in Rize, um seine Unterstützung für Erdogan kundzutun. Dort rief er in die versammelte Menge: «Blut wird in Stömen fließen!»
Einen Tag später floss das Blut in Ankara in Strömen.
Der IS
Das ist eine der barbarischsten Organisationen in der Geschichte der Menschheit, die gegen alle Andersdenkenden und -gläubigen unvorstellbare Folter- und Mordmethoden anwendet. Mit Bildaufnahmen seiner Gräueltaten versucht er, die gesamte Menschheit einzuschüchtern.
Wie der Zufall es will, gehören die Kurden und das Assad-Regime zu seinen Erzfeinden, genauso wie für Erdogan und der AKP! In Grenzstädten lassen sich AKP-Funktionäre gerne mit IS-Vertretern ablichten. Auf beiden Seiten der Grenze treiben sie ungehindert ihre Spielchen. Für die IS-Angehörigen wurden Krankenhäuser aufgebaut. Der Staat sorgte mit Erlassen und Verordnungen dafür, dass all seine Mittel dieser Terrorbande zur Verfügung gestellt werden. Der IS kann ungehindert in der Türkei rekrutieren, Kämpfer werden in eigens dafür gecharterten Bussen in die IS-Lager gefahren. In Adiyaman wurden Eltern festgenommen, weil sie Hilfe bei staatlichen Behörden suchten, um ihre Kinder aus den Fängen des IS zu befreien.
Händeringend, ungeduldig und voller Hoffnung wartete Erdogan darauf, dass Kobane vom IS eingenommen wird. Schließlich wurden der IS in Kobane und Erdogan bei den Wahlen am 7.Juni besiegt.
Heute heißt es, die Bomben von Ankara und Suruc seien von der gleichen Bauart. Vor wenigen Monaten wurde bekannt, dass die Attentäter von Suruc und Diyarbakir in denselben Kreisen verkehrten, bevor sie sich dem IS anschlossen.
Die Attentäter und ihre Hintermänner wollen die Arbeiter-, Friedens- und Demokratiebewegung einschüchtern. Sie rechnen damit, dass sie damit im Vorfeld der Neuwahlen am 1.November alle Hindernisse auf dem Weg zu einem neuen Erfolg des diktatorischen Regimes beiseite räumen können.
Allerdings sammelt sich angesichts dieses faschistischen Massakers in vielen türkischen und kurdischen Städten Wut an. Die Kräfte der Arbeiter-, Friedens- und Demokratiebewegung, die man mit solchen Anschlägen vom Kampf abhalten will, gehen auf die Straße.
Die Rechnung geht also nicht auf.
MIT, it und IS werden verlieren.
* Wir entnehmen den Text mit freundlicher Genehmigung der Zeitung Yeni Hayat – Neues Leben, Nr.151, 16.–29.10.2015.
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen
Spenden
Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF
Schnupperausgabe
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.