von Christian Leye
Der Armutspolitische Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands hätte für Nordrhein-Westfalen ein Weckruf sein müssen. In NRW werden seit Jahren die Reichen reicher und die Armen ärmer. Drei Millionen Menschen leben hier in Armut, das sind 17,1 Prozent der Bevölkerung. Die bundesweite Spaltung der Gesellschaft in Oben und Unten findet in unserem Bundesland in einem besonders hohen Tempo statt: die Armut wächst in NRW seit Jahren mehr als doppelt so schnell wie im Rest von Deutschland, in den letzten sieben Jahren stieg sie um 23 Prozent an. Besonders betroffen von dieser Entwicklung ist das Ruhrgebiet. Schon vor drei Jahren sprach der Paritätische Wohlfahrtsverband von einem armutspolitischen Erdrutsch in der Region, in der heute jedes dritte Kind in Armut lebt. Der Paritätische Wohlfahrtsverband macht dabei eine weitere Region in NRW aus, die ebenfalls zu einem Brennpunkt der Armutsentwicklung zu werden droht: den Großraum Köln/Düsseldorf, wo die Armut seit Jahren rasant anwächst. Damit manifestiert sich in der Landeshauptstadt die Spaltung der Gesellschaft wie unter einem Brennglas: Einerseits droht Düsseldorf sich zu einer neuen Armutszone zu entwickeln, andererseits ist Düsseldorf mit 378 Einkommensmillionären die Hauptstadt der bundesdeutschen Millionärselite. Zu der wachsenden privaten Armut kommt die Armut der öffentlichen Haushalte. Viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind faktisch pleite, finanzieren laufende Ausgaben durch Kassenkredite und sind gezwungen, die Infrastruktur der Städte zerfallen zu lassen, weil das Geld für die Instandsetzung fehlt. Die Folgen sind für die Menschen vor Ort unmittelbar spürbar durch eine Kürzungspolitik im Sozial-Kultur- oder Jugendbereich.
Armut ist im viertreichsten Land der Erde kein Unfall, sondern logische Konsequenz des Kapitalismus und die Umsetzung seiner Imperative durch neoliberale Politik: Der privaten und der öffentlichen Armut stehen seit Jahren massiv wachsende Vermögenseinkommen gegenüber, auch in NRW. Die Armut der Vielen und der Reichtum der Wenigen stehen in einem direkten, kausalen Zusammenhang: Wenn die Unternehmen die Menschen für Niedriglöhne arbeiten lassen, bleiben die Menschen arm, obwohl die Unternehmen Profite machen und die Wirtschaft wächst. Eben diese Entwicklung hat in NRW besonders getroffen und kann zusammengefasst werden als ‚arm durch Arbeit zum Nutzen der Reichen‘. In unserem Bundesland haben die oberen Einkommensdezile Zuwächse von 10 und 12 Prozent erreicht. Dort ist das Geld hingeflossen, das den Menschen nun fehlt. Die politischen Entscheidungen zur Ausbreitung von Armut durch Arbeit fiel mit der Agenda 2010, der Deregulierung des Arbeitsmarktes, der flächendeckenden Einführung von Leiharbeit und Werksverträgen und den Sanktionen der Hartz-IV-Gesetze, um die Menschen durch Kürzung des Existenzminimums in jedes noch so unzumutbare Ausbeutungsverhältnis zu zwingen. Ein Fünftel der Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen arbeitet heute im Niedriglohnbereich und unter prekären Bedingungen. Die Steuergeschenke an die Superreichen haben gleichzeitig die öffentlichen Kassen geleert, die Folgen sind in den Haushalten des Landes und insbesondere seiner Kommunen spürbar.
Die hausgemachte Armut der öffentlichen und insbesondere der Kommunalkassen stellt Nordrhein-Westfalen in des Flüchtlingsdramas vor politische Herausforderungen. Die Einsparungen bei Personal, der Abbau von günstigem Wohnraum und Kommunalhaushalte am Rand des Zusammenbruchs führen uns vor Augen, dass ein armer Staat Schwierigkeiten hat, seiner humanitären Verpflichtung nachzukommen. DIE LINKE. NRW sagt deutlich: nicht die Menschen sind das Problem, die vor Krieg, Gewalt und Armut fliehen. Das Problem sind die deutschen Reichen und Superreichen sowie ihren Banken und Konzernen, die schon vor Jahren vor der Finanzierung des Gemeinwesens geflüchtet sind. Das Problem ist nicht fehlender Reichtum, sondern wie der vorhandene Reichtum verteilt ist. Für DIE LINKE. NRW ist die Flüchtlingsfrage daher auch eine Klassenfrage. Ein gutes Leben für alle Menschen ist in NRW möglich, auch für Flüchtlinge.
Trotz der drängenden Probleme reagieren SPD und Grüne in der Landesregierung auf die explosive Entwicklung der Armut in Nordrhein-Westfalen mit stoischer Gelassenheit. Es liegen keine überzeugenden Konzepte vor, wie die steigende Verarmung von Menschen, Land und Kommunen in NRW gestoppt und umgekehrt werden soll. Die Teilnahmslosigkeit der Landesregierung in NRW ist dabei nur folgerichtig, da ihre Parteien auf Bundesebene mit der Agendapolitik, der Liberalisierung des Arbeitsmarktes, der Einführung von Hart IV, den Steuergeschenken an die Oberschicht und der Schuldenbremse die Weichen für genau diese Entwicklung gestellt haben. SPD und Grüne in NRW haben den jeweiligen Gesetzen im Bundesrat zugestimmt. Eine andere Entwicklung in NRW als die rasante Aufspaltung in Arm und Reich wäre bei diesen politischen Entscheidungen eine Überraschung gewesen.
Im bevölkerungsreichsten Bundesland zeigt sich exemplarisch, dass der angeblich alternativlose Kapitalismus der Mehrheit der Menschen keine Perspektive bietet sondern nur wachsende Armut, Ausgrenzung, Existenzangst, Arbeit bis zur Selbstaufgabe, Zerstörung der ökologischen Grundlagen und des Gemeinwesens, vom Zusammenhalt im Stadtviertel bis zum Verfall der öffentlichen Infrastruktur. Die nachhaltige Lösung dieser Probleme liegt in der politischen Entmachtung des 1% Superreicher und ihrer ökonomischen Entwaffnung. Die Umverteilung des riesigen Reichtums und die Demokratisierung seiner Produktion ist Bedingung für eine wirklich fortschrittliche Gesellschaftsentwicklung. Der von der Gesamtheit der Arbeitenden produzierten Reichtum würde es problemlos erlauben, eine würdige Existenz für alle Menschen zu gewährleisten. Der gesellschaftlich produzierte Reichtum könnte Schritt für Schritt als demokratisch gelenkte Gemeinschaftsgüter allen Menschen frei zugänglich gemacht werden - von guten Bildungsmöglichkeiten und frei verfügbarem Wissen, von guter Gesundheitsversorgung und Pflege für alle, von kostenfreiem Nahverkehr. Der Raubbau an Umwelt und der Zwang zu unbegrenztem Wirtschaftswachstum könnten beendet und ein wirklich nachhaltiger Umgang mit den natürlichen Ressourcen umgesetzt werden.
Dieser sozialen, demokratischen und ökologischen Umgestaltung unserer Gesellschaft stehen die herrschenden Macht- und Eigentumsverhältnisse entgegen. Daher setzen wir an am Widerspruch zwischen den Möglichkeiten einer in vieler Hinsicht reicher werdenden Gesellschaft und dem Anwachsen der privaten und der öffentlichen Armut. Für Wirtschaftspolitik in NRW heißt das, konkrete Schritte aufzuzeigen, mit denen die Situation der Menschen unmittelbar verbessert wird; gleichzeitig sollen die Maßnahmen Fluchtlinien in eine alternative Gesellschaft sichtbar machen und Schritte dorthin verwirklichen.
DIE LINKE. NRW steht für eine entschiedene Abkehr von einer Politik in Nordrhein-Westfalen, die nur den Reichsten nutzt, die Armen ärmer werden lässt und die Mittelschicht bedroht. Ziel jeder Wirtschaftspolitik muss das Wohl der Mehrheit der Menschen in Nordrhein-Westfalen sein. Wir wollen gut bezahlte, sichere Arbeitsplätze für die Menschen, mehr Demokratie und Mitbestimmung, damit sich nicht bloß die Interessen einiger weniger durchsetzen, soziale und lebenswerte Kommunen. DIE LINKE. NRW begrüßt ausdrücklich die Initiative des DGB NRW für das Memorandum 2020 und das Ziel, 500 000 gut bezahlte Arbeitsplätze bis 2020 zu schaffen. Wir sehen die Initiative des DGB als eine Einladung zu einer gesellschaftspolitischen Debatte in NRW, wie eine Abkehr von einer Politik zum Nutzen der Reichsten und zum Schaden der Mehrheit gelingen kann. Diese Einladung nehmen wir gerne an und fordern SPD und Grüne in NRW auf, sich ebenfalls der notwendigen Diskussion zu stellen.
Sehr richtig finden wir den vom DGB NRW geforderten sozial-ökologischen Umbau, für den DIE LINKE sowohl im Land NRW als auch auf Bundesebene schon seit Jahren streitet. Mit mehr Mut und Weitblick, der SPD und Grünen fehlt, könnte unser Bundesland zu einem Vorreiter hinsichtlich einer energie- und ressourcenschonenden Industriepolitik werden. Ein Strukturwandel ist angesichts des unvermindert fortschreitenden Klimawandels alternativlos. Hierfür ist ein langfristiger Entwicklungsplan nötig, der in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, Umweltverbänden und Bürgerinitiativen erarbeitet werden muss. Unser Ziel ist eine wirksame und sozial gerechte Umweltpolitik, die die Ausbeutung von Mensch und Natur überwindet. Kapitalistisches Wirtschaftswachstum sollte sozial-ökologischem Wirtschaften und einem nachhaltigen Lebensstil weichen. Die entscheidende Herausforderung aus Sicht des sozial-ökologischen Umbaus besteht darin, Wachstum nicht nur sozial gerecht zu verteilen, sondern auch und gerade Wachstum bei sinkendem Ressourcenverzehr zu erreichen, mithin nachhaltig zu wirtschaften. Dabei geht es zugleich um die Richtung des Wachstums, damit Produktivkräfte nicht zu Destruktivkräften werden. DIE LINKE. NRW strebt daher ein qualitatives Wachstum an, das an gesellschaftlichen Zukunftsinteressen ausgerichtet und dem Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und sozialer Gerechtigkeit verpflichtet ist. Dazu gehören die gezielte Förderung nachhaltig produzierender Unternehmen durch öffentliche Investitionen sowie als mittelfristiges Ziel die Konversion energieintensiver Industrien hin zu nachhaltiger Produktionstechnologie mit Orientierung an regionalen Wirtschaftskreisläufen. Die dabei entstehenden Arbeitsplatzverluste im Bereich der alten Industrien sind durch Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen aufzufangen. Umverteilung von Arbeit und Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich sind geeignete Maßnahmen zur Bewältigung des Strukturwandels, der nicht als Bedrohung, sondern als Chance für einen nachhaltigeren Lebensstil mit geringeren Arbeitszeiten und (gesundheits-)schonenderen Arbeitsbedingungen gesehen werden sollte. Um diese Entwicklung aktiv voranzutreiben, bedarf es allerdings direkter Eingriffe des Staates in die Wirtschaft und daher eines Bruchs mit dem neoliberalen Dogma ’Privat vor Staat‘.
Besondere Bedeutung erhält die Diskussion um einen Wechsel in der Wirtschaftspolitik Nordrhein-Westfalens durch das Flüchtlingsdrama. Gerade jetzt ist es notwendig, den Aufbau von gutbezahlten und sicheren Arbeitsplätzen anzugehen: für alle Menschen in NRW, auch für Geflüchtete. Um NRW sozialer und gerechter für alle zu machen, müssen auch die spezifischen Probleme des Landes angepackt werden. Dazu gehört auch ein seit Jahren unterdurchschnittliche Wirtschaftswachstum in NRW, eine Abkehr von der Exportorientierung der nordrhein-westfälischen Industrie, eine soziale Antwort auf den Strukturwandel vor allem im Ruhrgebiet und ein Zuwachs in der Forschung und Entwicklung in Nordrhein-Westfalen, die seit Jahren ebenfalls der Bundesentwicklung hinterherhinkt.
Im Einzelnen steht DIE LINKE. NRW für:
- Ein Konjunktur- und Investitionsprogramm für Nordrhein-Westfalen!
Ein wichtiger Schritt zur Überwindung der sozialen Spaltung in NRW, für qualitatives Wirtschaftswachstum und für den Aufbau neuer, guter Arbeitsplätze ist ein mutiges Konjunktur- und Investitionsprogramm. Parallel zum DGB NRW fordert DIE LINKE NRW, den Investitionsstau in Nordrhein-Westfalen endlich anzugehen. Die Infrastruktur, insbesondere die kommunale, verfällt. Brücken, Straßen, Schulen und öffentliche Gebäude werden nicht mehr in Stand gesetzt, NRW und insbesondere die Kommunen leben von ihrer Substanz. Der anvisierten Schuldenbremse in Land und Bund stehen steigende Schulden bei kommenden Generationen durch Investitionsrückstände gegenüber. Selbst hartgesottenen Anhängern neoliberaler Wirtschaftskonzepte könnte klar sein, dass ein Investitionsstau in Milliardenhöhe ebenfalls eine Hypothek darstellt. Denn der Investitionsstau untergräbt die Basis für qualitatives Wirtschaftswachstum und kann zeitlich nur durchgehalten werden, bis die Infrastruktur kaum mehr nutzbar ist.
Mit einem Konjunktur- und Investitionsprogramm kann die notwendige Infrastruktur des Landes erneuert werden, wichtige Nachfrageimpulse geliefert und qualitatives Wirtschaftswachstum in NRW angeregt werden:
- Die Bauwirtschaft und Bauhandwerk in Nordrhein-Westfalen sowie Zulieferbetriebe in der Baustoffindustrie, Investitionsgüterindustrie und baunahe Dienstleistungen wie Planungsbüros und Architekten würden unmittelbar von einer großen Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur profitieren. Dies hätte einen positiven Effekt auf die Anzahl der Beschäftigten in diesen Branchen und würde die Möglichkeit eröffnen, mit der steigenden Nachfrage für höhere Löhne einzutreten.
- NRW ist ein internationaler Verkehrsknotenpunkt mit einer verfallenden Verkehrsinfrastruktur, die bereits heute an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Güterverkehr bis 2030 um 40 Prozent wachsen wird. Will NRW kein weiter wachsendes Verkehrschaos und mittelfristig Arbeitsplätze in der Logistikbranche riskieren, muss jetzt in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden. DIE LINKE. NRW setzt sich dafür ein, den Güter- und Personenverkehr von der Straße auf die Schiene und auf Wasserwege zu verlegen und die Übergänge zwischen den Verkehrssystemen zu verbessern.
- Insbesondere der Investitionsstau in der Verkehrsinfrastruktur wird zu einer Wachstumsbremse für wirtschaftliche Entwicklung in NRW. Dies wird inzwischen lautstark auch von Interessenvertretern der deutschen Wirtschaft angeklagt. Der Verband der Chemischen Industrie etwa fordert einen Masterplan Verkehrsinfrastruktur, um gleich zu betonen, dafür nicht durch Steuerehöhungen zahlen zu wollen. Die Infrastruktur ist Teil der gesamten Produktion. Nachhaltiges, qualitatives Wirtschaftswachstum in NRW braucht daher eine funktionsfähige Infrastruktur. Dazu ist es notwendig, dass Reiche und Konzerne in die Verantwortung genommen werden, wenn es um die Finanzierung dieser Aufgaben geht.
- Der DGB NRW rechnet damit, dass jeder Euro, der von der öffentlichen Hand in die Infrastruktur investiert wird, 1,20 Euro privater Investitionen nach sich zieht. Die Investitionen in die NRW-Infrastruktur können so ein Schitt sein, die viel zu niedrige Investitionsquote in NRW anzuheben. In der Folge könnten neue Arbeitsplätze entstehen mit positiven Auswirkungen auf das Binnenwachstum in NRW.
- Wer in die Infrastruktur investiert, schafft die Möglichkeit für qualitatives Wachstum und damit Arbeitsplätze: Experten gehen davon aus, dass eine Erhöhung des Infrastrukturkapitals um 1 Prozent eine langfristige Zunahme des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um mindestens 0,1 Prozent zur Folge hätte.Es ist davon auszugehen, dass der positive Effekt auf das Wachstum in NRW höher ausfallen wird, da hier Branchen überdurchschnittlich stark vertreten sind, die auf eine funktionierende Infrastruktur in besonderem Maße angewiesen sind (Chemieindustrie, Logistik, Investitionsgüterindustrie und Maschinenbau). Investitionen in die Infrastruktur sind somit Teil einer beschäftigungsorientierten Industriepolitik.
DIE LINKE. NRW fordert daher ein mutiges Konjunktur- und Investitionsprogramm das geeignet ist, den Investitionsstau in NRW mittelfristig zu beheben und durch gezielte Investitionen im Bereich nachhaltiger Wirtschaft den Weg in Richtung sozial-ökologischer Wende zu ebnen. Dafür wird DIE LINKE. NRW eine Neuauflage des Zukunftinvestitionsprograms (ZIP) ausarbeiten, um im Umgang mit dem Investitionsstau in NRW wirtschaftspolitische und sozial-ökologische Alternativen sichtbar zu machen.
DIE LINKE.NRW begrüßt, dass sich über linksorientierten Kreise hinaus die Einsicht verbreitet, dass ein gigantischer Investitionsstau vielfältige Probleme für unsere Gesellschaft mit sich bringt. Allerdings hat diese beginnende Einsicht bislang nicht zu einer Abkehr von neoliberalen Politikkonzepten geführt, wie nicht zuletzt die Fratzscherkommission gezeigt hat. Die Privatisierung von Autobahnen oder Public-Private-Partnership Projekt, wie sie von Siegmar Gabriel vorgeschlagen wurden, lehnt DIE LINKE. NRW als Gefälligkeitsleistung für die Finanzindustrie zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit ab. Auch lehnt DIE LINKE. NRW eine Aufweichung des Tariftreue- und Vergabegesetzes durch die Regierung von Hannelore Kraft ab. Das Tariftreue- und Vergabegesetz wurde 2012 auf Druck der LINKEN Landtagsfraktion eingeführt und muss angesichts des ausufernden prekären Beschäftigung und des Niedriglohnsektors in NRW ausgebaut statt eingestampft werden. Wirtschaftsförderung in NRW soll von gut bezahlten und tarifgebundernen Arbeitsplätzen abhängig gemacht werden. Die Förderung muss zurückgefordert werden, wenn die Betriebe Mindestlöhne, Tarifbindung, Mitbestimmung im Betrieb sowie die Umwandlung von Werkvertrags- und Leiharbeitsverhältnissen in unbefristete Arbeitsverhältnisse unterlaufen.
- Das Investitionsprogramm im Licht des Flüchtlingsdramas
Das Flüchtlingsdrama führt uns die Irrationalität eines zum Wohl der Reichsten kaputtgesparten Landes vor Augen. DIE LINKE.NRW sagt deutlich: Nicht die Flüchtlinge sind schuld an prekärer Beschäftigung in NRW, niedrigen Löhnen und leeren öffentlichen Kassen, sondern die jahrelange Politik für die obersten zehn Prozent der Bevölkerung. Sie haben sich den Reichtum angeeignet, der in NRW derzeit bitter fehlt. Wer heute Zäune gegen Flüchtlinge fordert, will damit vor allem ein System schützen, von dem allein die Reichen und Superreichen profitieren und in dem die öffentlichen Kassen zu ihrem Wohl geplündert wurden. DIE LINKE. NRW steht in dieser Situation stattdessen für Alternativen zum Wohl aller Menschen in NRW, auch der Flüchtlinge. Ein Investitionsprogramm kann ein erster Schritt sein, um konkrete Missstände zu beseitigen und alternative Wege in der Wirtschaftspolitik zu beschreiten. Im Rahmen einer linken Wirtschaftspolitik fordert DIE LINKE.NRW:
- Bezahlbaren Wohnraum schaffen! Der Leerstand von Wohn- und Büroflächen in NRW soll Flüchtlingen bereitgestellt werden. Auch wurde jahrelang der soziale Wohnungsbaus zurückgefahren mit fatalen Folgen für Menschen mit geringem Einkommen und nun auch Flüchtlinge. Der soziale Wohnungsbau muss daher dringend ausgebaut werden. Hier sieht DIE LINKE. NRW nicht nur die Bundesregierung in der Verantwortung. Auch die Landesregierung kann und muss zeitnah durch die NRW-Bank zinsvergünstigte Kredite aufnehmen, um in den sozialen Wohnungsbau zu investieren.
- Flüchtlinge müssen sofortigen Zugang zu Sprachkursen und zu Qualifizierungen bekommen. Dafür braucht es Sprachlehrerinnen, Sozialarbeiter*innen und entsprechende Infrastruktur.
- Flüchtlinge brauchen einen schnellen und gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt.Die Arbeitsverbote, das so genannte „Vorrangprinzip“ und weiterer bürokratische Restriktionen verhindern bislang einen schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt; diese Hemmnisse müssen abgeschafft werden.
- Investitionen in das Bildungs- und Ausbildungssystem und Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Zur Einbeziehungvon Flüchtlingen braucht es dringend massive Investitionen in das Bildungs- und Ausbildungssystem und den Abbau bürokratischer Hürden. Arbeit und Bildung sind dafür Schlüsselbereiche.
- Industriepolitik in NRW sozial, ökologisch und demokratisch gestalten
Wirtschaftspolitik ist in NRW immer auch Industriepolitik. Zwar ist die industrielle Produktion in NRW im Lauf der Jahrzehnte zurückgegangen; trotzdem behält die Industrie weiterhin eine bedeutende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung und Dynamik in NRW. Diese Rolle erhält sie durch eine auch regional wirksame Nachfrage nach Vorleistungen, die weitere industrielle Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen schaffen. Auch für den Dienstleistungssektor hat die regionale Industrie eine hohe Bedeutung; geschätzt 30 Prozent der industriellen Vorleistungen sind Dienstleistungen, die ausschließlich als Input für die industrielle Produktion erbracht werden. Darüber hinaus sind die bestehenden Kernarbeitsplätze in der Industrie, die nicht durch Leiharbeit oder Werkverträge ersetzt wurden, in der Regel überdurchschnittlich gut bezahlt; sie bieten den Beschäftigten einerseits ein vergleichsweise gutes Auskommen und wirken andererseits über die höheren Löhne positiv auf die Binnennachfrage. Schließlich bildet die Industrie, trotz internationaler Wertschöpfungsketten und transnationalen Konzernstrukturen, einen wichtigen Teil der Wertschöpfungsbasis unserer Gesellschaft. Dort werden entscheidende Forschungsleistungen erbracht, aus ihren Produktivitätszuwächsen wird ein großer Teil der sozialen Wohlfahrt finanziert. Daher darf eine verantwortungsvolle Landespolitik weder einzelne Industriestandorte und schon gar nicht die industrielle Basis einfach sterben lassen. Der Erhalt und der Ausbau der industriellen Kerne in Nordrhein-Westfalen ist eine wichtige Aufgabe für linke Landespolitik. Im Einzelnen schlägt DIE LINKE. NRW vor:
- Den Schutz von Industriearbeitsplätze
DIE LINKE. NRW weiterhin für ein Verbot von Massenentlassungen bei Unternehmen ein, die nicht insolvenzgefährdet sind. Wenn sich der Erhalt industrieller Produktion nicht kurzfristig rechnet, sind die industriellen Kerne der Region bedroht mit oft schwerwiegenden, langfristigen Folgen für die Menschen und Kommunen. Hier muss die Landespolitik eingreifen, um den Erhalt der industriellen Produktion als systemrelevant für die Wirtschaftsstrukturen in Nordrhein-Westfalen zu schützen. Das Beispiel der Stahlindustrie im Saarland zeigt, dass der Erhalt industrieller Produktion über die kurzfristige betriebswirtschaftliche Logik hinweg sinnvoll ist – sowohl sozial als auch wirtschaftlich. Parallel zu heutigen Krisen der nordrhein-westfälischen Industrie steckte die Stahlindustrie in den 1990er in einer Überproduktionskrise, die im Saarland teils durch den Verzicht auf Investitionen in die Produktion verschärft worden war. Die saarländische Stahlindustrie wurde unter maßgeblicher Beteiligung von Oskar Lafontaine mit staatlicher Hilfe trotz kurzfristiger Zahlungsschwierigkeiten weitergeführt und schrieb in den Folgejahren wieder schwarze Zahlen; bis heute ist die Stahlindustrie ein sozialökonomisch bedeutender Industriezweig im Saarland. Hilfreich war dabei das Konstrukt der Montanstiftung, die statt einer Konzentration auf den Shareholder-Value eine Orientierung auf langfristige Ziele erlaubte und die Profite weitgehend in den beteiligten Unternehmen beließ. Die daraus folgende hohe Eigenkapitalquote ermöglichte einerseits Investitionen und andererseits Rücklagen für den Fall von Konjunkturschwankungen.
Als Herzstück einer linken Industriepolitik für Nordrhein-Westfalen soll das saarländische Erfolgsmodell zur Rettung der industriellen Produktion übernommen, es zu einer Industriestiftung NRW weiterentwickelt und mit der Eigentumsfrage verbunden werden. Wo Industrieproduktion in NRW bedroht ist, muss geprüft werden, inwiefern eine Weiterführung der industriellen Produktion mit Landes- und Bundesmitteln finanziert werden kann. Ziel sollte der Erhalt und Ausbau einer sozial und ökologisch sinnvollen Industrieproduktion in Nordrhein-Westfalen sein. Den Einsatz öffentlicher Gelder zum Erhalt von Industriearbeitsplätzen verbindet die LINKE. NRW mit der Eigentumsfrage. Wo öffentliche Gelder fließen, dürfen diese nicht zur Absicherung privater Profite eingesetzt werden. Die Industriestiftung NRW sollte daher sowohl in öffentlichem als auch in Belegschaftseigentum sein. Schon 2010 und 2012 forderte DIE LINKE.NRW in ihren Wahlprogrammen die Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien. Die Industriestiftung NRW soll einen Einstieg in die Vergesellschaftung ermöglichen, um wichtige Industriezweige dem kapitalistischen Profitstreben zu entziehen und demokratischen Entscheidungsprozessen zugänglich zu machen. Das Ziel sind Schlüsselindustrien in NRW, die gesellschaftlich gesteuert und sozialen sowie ökologischen Zielen verpflichtete sind. An den demokratischen Entscheidungsprozessen sollen die Landespolitik, betroffene Kommunalparlamente, die Belegschaften, Gewerkschaften, Betroffenenverbände und Bewohner*innen betroffener Stadtteile beteiligt werden. Die Mitbestimmungsrechte von vielfältigen politischen Akteuren können außerdem dazu beitragen, die Akzeptanz für eine dem Profitstreben entzogene, demokratisch gesteuerte Industriepolitik zu erhöhen und die demokratische, nicht-orivatwirtschaftliche Produktion als politisches Ziel in NRW populär zu machen. DIE LINKE. NRW befindet sich mit diesen Positionen in Einklang mit der Landesverfassung. Dort heißt es in Paragraph 27: „Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden.“
Den Ausbau neuer Industriearbeitsplätze. Ein wichtiges Hindernis für den Aufbau neuer Arbeitsplätze ist die niedrige Investitionsquote in der Industrie, die in Deutschland selbst im Vergleich zu anderen europäischen Industrieländern gering ausfällt. Im Kern hat die niedrige Investitionsquote drei Ursachen: eine zu niedrige internationale Nachfrage, die in Europa Folge der katastrophalen, von der deutschen Regierung forcierten Austeritätspolitik ist. Eine zu niedrige Binnennachfrage als Folge der relativen privaten (Niedriglohnsektor, stagnierende Reallöhne) und öffentlichen Armut (geleerte Kassen in Bund, Land und vor allem Kommunen). Und schließlich eine auf kurzfristigen Profit ausgerichtete Orientierung auf den Shareholder-Value, die Investitionen verhindern. Die niedrige Investitionsquote ist gerade für die kapitalintensiv produzierende Industrie in NRW (Maschinenbau, Chemische Industrie) ein Problem. Wo sinnvolle Zukunftsinvestitionen aus kurzfristiger Profitorientierung, betriebswirtschaftlicher Konkurrenz und Nachfrageschwächen unterbleiben, macht DIE LINKE. NRW sich stark für die Einrichtung eines Zukunftsfonds für Industrieinnovationen als Teil der geplanten Industriestiftung NRW. Industriearbeitsplätze sollen so gesichert und ausgebaut werden und der Einstieg in einen sozial-ökologischen Umbau gerade in Krisenbranchen eingeleitet werden. Überkapazitäten können so sinnvoll in gesellschaftlich sinnvolle Bereiche transformiert werden. Die Einrichtung eines Zukunftsfonds sollte auf Bundesebene diskutiert werden; auf NRW Ebene kann ein solcher Fonds finanziert werden aus Mitteln der NRW. Bank und Landesmitteln. Eine Beteiligung der Industrieunternehmen könnte durch ein temporäres Verbot von volkswirtschaftlich nutzlosen Dividendenausschüttung und eine entsprechende Sonderabgabe der Unternehmen erfolgen.
Gleichzeitig gilt es, der Exportorientierung der nordrhein-westfälischen Wirtschaft eine Stärkung des Binnenmarktes entgegen zu setzen. Eine Stärkung des Binnenmarktes gelingt zuallererst über eine höhere öffentliche und private Nachfrage, die durch die Forderungen nach einem Konjunktur- und Investitionspolitik und gute Arbeit befördert werden. Diese hätten unmittelbar Auswirkung auf den NRW-Binnenmarkt, sprich nicht-exportfähige Waren und Dienstleistungen wie Einzelhandel, Transport, Bauen, Handwerk, Bildung, Freizeit oder Gesundheit. Auf der Ebene der Industriepolitik ist eine gezielte Förderung der in NRW unterdurchschnittlich präsenten Konsumgüterindustrie notwendig, so dass bei einem Aufschwung der Binnenkaufkraft die Nachfrageeffekte in der NRW-Wirtschaft wirksam werden können. Die gezielte Förderung der Konsumgüterindustrie sollte dabei ebenfalls über den Zukunftsfonds für Industrieinnovationen finanziert werden. Grundsätzlich gilt: die Förderung durch Mittel des Zukunftsfonds sind an einen sozial-ökologischen Umbau gebunden. Die staatlichen Unterstützungsfinanzierungen sind an staatliche oder Belegschaftsbeteiligungen der Unternehmen und weitgehenden Mitbestimmungsrechten zu koppeln. Die Eigentumsfrage wird somit auch über den Zukunftsfonds gestellt. Bedingung für die Förderung mit Landesmitteln sind außerdem ein verbindlicher Kriterienkatalog der Mindestlöhne, Tarifbindung, Mitbestimmung im Betrieb sowie die Umwandlung von Werkvertrags- und Leiharbeitsverhältnissen in unbefristete Arbeitsverhältnisse vorsieht. Weiter Bedingungen sind die Einstellung von Langzeitarbeitslosen- und Menschen mit Behinderungen im geförderten Betrieb.
Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen statt großer Konzerne
DIE LINKE. NRW will kleine und mittlere Unternehmen in NRW gezielt fördern. Im Einzelnen schlägt DIE LINKE. NRW vor:
- Die Förderung für kleine und mittlere Unternehmen sollte die hinreichende Versorgung mit Eigenkapital beinhalten, sowie eine langfristige Förderung durch Beratungsstrukturen und Netzwerke statt kurzfristiger Projektförderung. Auch ist der Anstieg der Gewerbemieten zu deckeln für Klein- und Kleinstunternehmen.
- Auf kommunaler Ebene kann die Förderung Kleingewerbe durch die Bereitstellung und Kennzeichnung von günstigen Mietflächen geschehen. Spekulativer Leerstand bei Gewerbeimmobilien dagegen treibt die Mieten hoch und ist zu bekämpfen.
- Aufträge der öffentlichen Hand sollen nach einem Vergabegesetz erteilt werden, nach dem die Teillose der Aufträge eine Größe haben, die kleine und insbesondere regionale Unternehmen erfüllen können. Die öffentliche Beschaffung soll verstärkt Lenkungswirkung entfalten bei der Etablierung einer regionalen, nachhaltigen und sozialen Wirtschaft.
- Auch spricht sich DIE LINKE. NRW gegen die Zwangsmitgliedschaft in den Inustrie- und Handelskammern (IHKn) aus. Die IHK-Beiträge belasten kleine und mittlere Unternehmen ungleich stärker als Großkonzerne. Gleichzeitig sind es häufig das Interesse der großen Konzerne, die in besonderen Maße von den IHKn bedient und berücksichtigt werden
Die Diskussion über Industrie 4.0
Das derzeit viel diskutierte Konzept der Industrie 4.0 mit einer automatisierten und datenintensiven Produktion bedarf aus Sicht der LINKEN. NRW einer kritische Technikfolgenabschätzung. Schon die so genannte dritte industrielle Revolution war durch Produktivitätssteigerungen und Automatisierung der Produktion ein maßgeblicher Auslöser für die strukturelle Massenarbeitslosigkeit. Eine Weiterentwicklung der Produktivkräfte zur Industrie 4.0 lässt sich politisch weder aufhalten noch ist dies wünschenswert. Gleichzeitig ist es aber erforderlich, die notwendige Diskussion über die Folgen einer weiteren Reduzierung menschlicher Arbeitskraft im Produktionsprozess politisch zu diskutieren. Hierzu gehört eine neue Offensive für eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich auf unter 30 Stunden die Woche, um die verbleibende Arbeit gerecht auf mehr Schultern zu verteilen. Gleichzeitig sind Qualifizierung und Weiterbildung der Beschäftigten wie von den Gewerkschaften gefordert dringend notwendig.
Um den zu befürchtenden neuen Impulse der Industrie 4.0 auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit sowie der bereits bestehenden Massenarbeitslosigkeit in NRW entgegen zu wirken, fordern wir ein öffentliches Beschäftigungsprogramm, dass dem „Memorandum 2020“ des DGB NRW gerecht wird. Von den darin geforderten 500.000 neuen Arbeitsplätzen in NRW bis 2020 müsste das Land einen angemessenen Anteil dadurch schaffen, dass es z.B. ein Programm für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit auflegt, wovon z.Zt. ca. 325.000 arbeitslose Menschen betroffen sind.
- Für eine starke und gemeinwohlorientierte Innovationspolitik in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen wird zu wenig in Forschung und Entwicklung investiert; die Folge ist das relativ niedrige Wirtschaftswachstum in NRW, was den Verzicht auf neue Arbeitsplätze bedeutet. Um dies zu ändern braucht es einen ganzheitlichen Innovationsansatz in der Landespolitik, der die Förderung von technischen Neuerungen mit der Qualifizierung, Ausbildung und Weiterbildung der Beschäftigten und einer partizipativen Organisationsstruktur verbindet. Neben dem Zukunftsfonds für Industrieinnovationen gilt es, die gezielte Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen in der Innovationspolitik fortzuschreiben. In Nordrhein-Westfalen investieren kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Vergleich zu anderen Bundesländern deutlich weniger in Forschung und Entwicklung. Dies gilt sowohl für den Anteil von KMU, die überhaupt forschen sowie für den Personal- und Ressourcenaufwand, den die forschenden KMU aufbringen. Dafür sollen die Beratungs- und Netzwerke zur Förderung von KMU gezielt auf die Innovationsförderung ausgerichtet werden. Dazu gehört ebenfalls die weitgehende Beratung von Förderprogrammen aus EU, Bund und Land, um die Einstiegs- und die Verwaltungskosten für die Beantragung von Fördermitteln für KMU zu reduzieren. Wo möglich sollten Innovationsvorhaben von KMU zu Kooperationsprojekte in NRW gebündelt werden.
Ein weiteres Instrument, um einerseits Forschung und Entwicklung und andererseits den sozial-ökologischen Umbau voranzutreiben, ist eine öffentliche und unabhängie Forschungs- und Entwicklungspolitik an den Hochschulen in NRW. Dies würde die Drittemittelabhängigkeit der Hochschulen und damit die direkte Auftragsforschung reduzieren. Auch die Innovationspolitik verbindet DIE LINKE. NRW mit der Eigentumsfrage: Die durch öffentlich Förderung erworbenen Forschungsergebnisse können NRW-Unternehmen zugänglich gemacht werden, wenn diese dafür schrittweise die öffentlichen und Belegschaftsbeteiligungen erhöhen. Auch die Umstellung auf eine ökologische Produktion und weitere sozialpolitische Bedingungen können so an die Bereitstellung der Forschungsergebnisse gebunden werden. Die Forschungspolitik der Hochschulen in N RW könnte so durch Inhalt der Forschung und die sozial-ökologischen Bedingungen für ihre Bereitstellung Steuerungswirkung entfallten und gleichzeitig den Engpass in diesem wirtschaftspolitisch relevanten Bereich überwinden, der unter rein privatwirtschaftlichen Bedingungen entstanden ist.
Ein zusätzliches Instrument der Innovationspolitik kann die gezielte Förderung von technologie- und wissensintensiven Neugründungen sein. Es sollten in besonderem Maße solche sozialen Gruppen gefördert werden, die bislang Zugangsbarrieren in der Unternehmensgründung ausgesetzt sind. Mittel der Förderung könnten Gründerprämien für innovationsintensive Vorhaben und Gründungen sein, die absehbar einen Beschäftigungseffekt in NRW erzielen. Wie auch in der übrigen Wirtschaftsförderung muss ein verbindlicher Kriterienkatalog als Bedingung für den Erhalt von Landesmitteln gelten, der Mindestlöhne, Tarifbindung, Mitbestimmung im Betrieb sowie die Umwandlung von Werkvertrags- und Leiharbeitsverhältnissen in unbefristete Arbeitsverhältnisse vorsieht.
- Eine Reparaturoffensive für NRW
DIE LINKE. NRW macht sich stark für eine große Reparaturoffensive. Werden Konsumgüter möglichst repariert anstatt ersetzt werden Arbeitsplätze und Handwerk geschaffen, Ressourcen geschont und Müll sowie CO2 Ausstoß verringert. Wird dieser Ansatz ernsthaft verfolgt entstünde eine Reparaturkette über die Sammlung von Konsumgütern und Rohstoffen, der eigentlichen Reparatur und dem Recycling von Reststoffen. Deutschlandweit könnten so laut Schätzungen bis zu 35 000 neue Arbeitsplätze entstehen, sowohl für relativ gering Qualifizierte als auch für Hochqualifizierte. Die Landespolitik kann diese Entwicklung unterstützen durch die Förderung von Reparaturbetrieben sowie deren weitgehender Nutzung durch Landesbehörden.
- Für eine Demokratisierung der Wirtschaft
Wirtschaft ist in keine Privatangelegenheit, sondern ein gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Konzentration der Wirtschaft auf die Interessen einiger Weniger hat auch in Nordrhein-Westfalen zu einer wachsenden sozialen Spaltung geführt. Um dem entgegenzuwirken ist es notwendig, die Produktion des gesellschaftlichen Wohlstands demokratisch zu organisieren. Ziel sind gute Arbeitsbedingungen, sicher und gut bezahlte Arbeitsplätze, Mitbestimmung, Teilhabe und Verteilungsgerechtigkeit. DIE LINKE. NRW setzt sich ein für einen deutlichen Ausbau der Wirtschaftsdemokratie in Nordrhein-Westfalen. Dafür fordert DIE LINKE. NRW die Einrichtung einer Arbeiter*innenkammer Nordrhein-Westfalen. Diese soll unter anderem die Gründung und Arbeit von Genossenschaften, die Entwicklung von Wirtschaftsdemokratie und Mitbestimmung sowie den Einfluss der öffentlichen Hand in NRW fördern. Dazu gehört auch ein Programm, das Belegschaftsübernahmen fördert und unterstützt. Auch soll die Arbeiter*innenkammer die öffentlichen Unternehmen dabei begleiten, zu Vorreitern der demokratischen Mitwirkung der relevanten gesellschaftlichen Gruppen und Transparenz Ihrer Gremien zu werden . Denn aus linker Perspektive ist nicht nur die Rechtsform öffentlicher Unternehmen entscheidend, sondern insbesondere die Möglichkeiten effektiver demokratischer Mitbestimmung. Daher soll die Arbeiter*innenkammer Konzepte erarbeiten, die die Verbraucher*innen und Betroffenenorganisationen etwa von Stadtwerken bei strategischen Entscheidungen einbindet; dazu gehören ebenfalls Konzepte, wie netzgebundene Dienstleistungen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge in öffentlichem Eigentum belassen oder in öffentliches Eigentum überführt werden können, um sie demokratisch zu kontrollieren. Zur Unterstützung der Mitbestimmung und Interessenvertreter der Beschäftigten soll die Arbeiter*innenkammer in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften außerdem die Gründung von Betriebsräten unterstützen, sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beraten. Darüber hinaus soll die Arbeiter*innenkammer politische Bildungsveranstaltungen anbieten und Stellungnahmen zu gesellschaftspolitischen Fragen herausgeben, welche die Interessen der abhängig Beschäftigten betreffen.
- Die Finanzierung unserer Forderungen
Ein armer Staat kann keine Armut bekämpfen. Das gilt auch für Nordrhein-Westfalen und seine Kommunen: NRW hat ein Einnahme- und kein Ausgabenproblem. Als Teil der Lösung des Einnahmeproblems fordert DIE LINKE. NRW die Einstellung von zusätzlichen Steuerprüfern. Fast 90 Prozent der Millionäre in NRW werden auch in diesem Jahr nicht kontrolliert, auf jeden Betriebsprüfer kommen in NRW 551 Betriebe. Auch muss NRW in zusätzliche Finanzgerichte investieren, um als Land handlungsfähig gegenüber Konzernen, Banken und den hochbezahlten Wirtschaftskanzlein zu werden, die aus Steuerhinterziehung ein Geschäftsmodll gemacht haben. Hier ist noch Platz nach oben – sowohl für die NRW-Einnahmen als auch für mehr Steuergerechtigkeit.
Um die Einnahmesituation in NRW aber grundsätzlich zu verbessern, bedarf es einer anderen Steuerpolitik des Bundes. DIE LINKE hat ein Steuerkonzept vorgelegt, dass auf eine stärkere Besteuerung der Reichen und Vermögend setzt und die Mittelschicht entlastet. Dies beinhaltet eine Millionärssteuer, eine Börsenumsatzsteuer und eine Anhebung der Erbschaftssteuer auf große Vermögen. Zusätzlich braucht es eine einmalige Vermögensabgabe nach Vorbild des Lastenausgleichs um die auf die Allgemeinheit abgewälzten Kosten der Banken- und Eurorettung zu schultern und die Profiteure der Finanzkrise an den Kosten zu beteiligen. Würde das Steuerkonzept der LINKE umgesetzt, entfielen auf Nordrhein-Westfalen rund 21 Milliarden zusätzliche Euro pro Jahr. Die Forderungen eines sozialen und ökologischen Aufbaus in Nordrhein-Westfalen sind finanzierbar, wenn der politische Wille zur Besteuerung von Konzernen und der Oberschicht vorhanden wäre. DIE LINKE. wird sich auch in Nordrhein-Westfalen für eine gerechte Steuerpolitik einsetzen.
Die einzige Alternative für eine handlungsfähige Landespolitik besteht in einer ernst gemeinten Rebellion gegen das Zwangskorsett der Schuldenbremse. Die Schuldenbremse dient dazu, nach den Steuergeschenken an die Oberschicht die geleerten öffentlichen Kassen zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit durch Kürzungspolitik zu sanieren. SPD und Grüne in der Landsregierung müssen endlich öffentlich eingestehen, was für viele Bürgerinnen und Bürger, aber auch etliche Stadtkämmerer in NRW zum Alltag gehört: Nordrhein-Westfalen ist strukturell unterfinanziert und kann seinen notwendigen öffentlichen Aufgaben kaum noch nachkommen. DIE LINKE. NRW lehnt die Schuldenbremse als Kürzungsdiktat und Folge der Milliardengeschenke an Konzerne und die Oberschicht entschieden ab.
Daher spricht sich DIE LINKE. NRW auch entschieden gegen eine Verankerung der Schuldenbremse in der NRW-Landesverfassung aus. Diese dient dazu, den Landtagsabgeordneten eine Klage vor dem NRW-Verfassungsgericht zu ermöglichen, sollten sie den Verdacht haben, dass die Schuldenbremse in NRW nicht eingehalten wird. Angesichts des armutspolitischen Erdrutsches in NRW muss die Angst vor den letzten Resten von landespolitischen Gestaltungsspielräumen als pathologisch bezeichnet werden. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen brauchen keine schwarze Null, sondern eine Landesregierung, welche die ausufernde Armut der Menschen und Kommunen anpackt und dafür Geld in die Hand nimmt.
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