von Adriano Campos, Jorge Costa*
Die Rechte hat die portugiesischen Parlamentswahlen gewonnen, dabei aber sowohl Wählerinnen und Wähler als auch Mandate verloren.
Das Wahlergebnis läutet das Ende der absoluten Mehrheit für die bislang aggressivste Austeritätspolitik ein, die in Portugal je am Ruder war. Die Koalition aus den beiden konservativen Parteien PSD und CDS unter Führung des Premierministers Pedro Passos Coelho hat 38,5% der Stimmen erhalten. Im Vergleich zu den vorangegangenen Wahlen 2011 hat die Rechte 740.000 Stimmen und 28 Mandate verloren. Die Koalition sackte in den großen Städten (Porto, Lissabon, Setúbal) um 10–15 Prozentpunkte ab und verlor auch in traditionell konservativen Bezirken wie Braga, Aveiro und Leiria Terrain.
Die sozialdemokratische PS hat dazugewonnen, aber wenig. Die von António Costa (der nicht zurückgetreten ist) geführte Partei hat 11 Parlamentssitze zusätzlich erobert, blieb aber mit 32% der Stimmen vom angestrebten Wahlsieg weit entfernt. Es ist die Quittung für ihre Mitverantwortung für die von der Troika aufgebürdeten Lasten (Einfrieren der Renten für vier Jahre und Stellenabbau im öffentlichen Dienst) und das Fehlen konkreter Vorschläge über den Umgang mit den Schulden und mit der EU. Die PS und die Rechte haben gemeinsam ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1985 eingefahren.
Der Bloco
Der Linksblock (Bloco de Esquerda) hat ein historisches Ergebnis errungen. Der mobilisierende Wahlkampf des Bloco hat ihm den größten Wahlsieg in seinem 16jährigen Bestehen eingebracht: 10,2% und 19 Abgeordnete, fast das Doppelte an Wählerstimmen und 11 Parlamentssitze mehr als 2011. Einen Zuwachs an Stimmen und Mandaten gab es in Porto, Lissabon und Setúbal, hinzu kommen Mandate in den Bezirken von Braga, Coimbra, Santarém und Leiria und erstmals auch ein Mandat aus Madeira.
Das Wahlergebnis ist Ausdruck der Stärkung der Kräfte, die gegen die Austeritätspolitik opponieren. Dieses Lager konnte viele Stimmen auf sich ziehen, die den Rechten verloren gegangen sind, und viel Unterstützung unter denen gewinnen, die sich enttäuscht von der PS abgewandt haben. Konsequent hat der Bloco die von den troikahörigen Parteien präsentierten sozialen Einschnitte zurückgewiesen. Damit konnte er sich konsolidieren und in der lohnabhängigen Bevölkerung mehr Unterstützung zu gewinnen: das lässt sich deutlich daran ablesen, wie im Umland von Städten wie Lissabon (11%), Porto (13%) und Setúbal (13%) gewählt wurde. Die Sprecherin des Bloco, Catarina Martins, thematisierte vor allem das Einfrieren der Renten und die Bereitschaft der PS, das mitzumachen – das hat dem Linksblock das Vertrauen der Rentner und der Menschen eingebracht, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind und die absolute Verelendung fürchten müssen. Der Bloco hat sich bereit gezeigt, zu der von Merkel beherrschten EU auf Konfrontation zu gehen und eine ernsthafte und folgenreiche Diskussion über die Frage des Euro zu führen. Das hat einem großen Teil der Bevölkerung wieder Vertrauen in die Möglichkeit einer sozialistischen Alternative gegeben, die in der Lage ist, mit der etablierten Macht zu brechen.
Die PCP und andere…
Die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) konnte ihren Wähleranteil behaupten. Die von Jerónimo de Sousa geführte Partei erhielt etwa genauso viele Stimmen wie 2011 und eroberte ein zusätzliches Mandat. Mit ihrer soliden, aber doch defensiven Wahlkampagne konnte die CDU – das Wahlbündnis von PCP und Grünen – nicht viel mehr als ihre Stammwählerschaft mobilisieren.
Eine Rechtsabspaltung vom Bloco namens Livre erhielt nur 0,7% der Stimmen und kein Mandat. Der Hauptvorschlag dieser Gruppe ist die Teilnahme an einer PS-geführten Regierung; diese Position wurde damit deutlich geschwächt.
In Zukunft wird es darauf ankommen, die Antiausteritätsposition weiter zu stärken und Kräfte für eine Regierungsalternative zu sammeln. Alles deutet darauf hin, dass der Präsident der Republik den Rechten den Auftrag zur Bildung einer Minderheitsregierung geben wird, die zur Durchsetzung ihrer Vorhaben auf die Enthaltung der Abgeordneten der PS zählen kann. Dieses Szenario dürfte eine tiefe Krise in der PS nach sich ziehen, da die europäische Sozialdemokratie die Austeritätspolitik unterstützt und António Costa bereits einen außerordentlichen Parteitag einberufen hat. Für kommenden Januar sind Präsidentschaftswahlen vorgesehen, was zusätzlichen Druck auf die PS ausübt: Aus ihren Reihen sind bereits zwei Kandidaturen angekündigt.
Der Linksblock hat durch den Mund seiner Sprecherin Catarina Martins klargestellt, dass er nur in einer Mehrheit Platz hat, die bereit ist, für die Erhöhung der Renten, für die Beendigung prekärer Beschäftigung, für die Verteidigung der Arbeitsplätze und Reallöhne und für die Annullierung der Privatisierungen zu stimmen… Die Mitglieder des Bloco werden an allen Mobilisierungen und sozialen Kämpfen teilnehmen, die nach konkrete Lösungen suchen, um aus Portugal ein lebenswertes Land zu machen, das vom wucherhaften Schuldendienst befreit und in der Lage ist, die Menschen vor Elend zu bewahren.
* Adriano Campos ist Leitungsmitglied und Jorge Costa Abgeordneter des Bloco.
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