Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

Hier können Sie jetzt Spenden
PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 12/2015
Von der Badstraße bis zur Schlossallee…
von Rolf Euler

Derzeit wird die Fusion der beiden größten Wohnungsunternehmen in Deutschland vorbereitet. Vonovia – bisher bekannt und berüchtigt unter dem Namen Deutsche Annington (DA) – will die Deutsche Wohnen übernehmen. Damit entstünde ein Konzern von rund 500.000 Mietwohnungen, der den Markt weitgehend beherrschen könnte. Denn die Deutsche Annington ist groß geworden mit ehemaligen öffentlichen und Werkswohnungen, deren Mieter zum größeren Teil günstige Mieten hatten.
Die Privatisierung von Wohnungen aus dem Bestand der Kommunen und Staatsbetriebe – der Deutschen Bahn und anderer Bundesbehörden – bildete den Grundstock für die Profite, die aus dem Wohnungsmarkt in Deutschland zu holen sind. Dieser Markt wurde von den sogenannten Private Equity Funds entdeckt, das sind Geldsammelstellen für die Rücklagen und Pensionszahlungen vieler privater Investoren und Versicherungen.
Der britische Finanzkonzern Terra Firma Capital Partners wurde von einem ehemaligen Goldman-Sachs-Banker gegründet, er erwarb im Jahr 2001 die Deutschen Annington und damit rund 65.000 Werkswohnungen der Deutschen Bahn. Es begann eine rigorose Aufkaufpolitik zu günstigen Preisen, denn die öffentlichen Kassen, vor allem bei Kommunen und Ländern wie NRW, waren «leer». 2005 übernahm die Deutsche Annington die Viterra AG, ein von der VEBA, später E.on, gegründetes Immobilienunternehmen; nach und nach gehörten der DA die ehemalige Werkswohnungen von E.on und Ruhrkohle, sowie Wohnungen aus dem Bestand der Dewag-Immobilien (Thüringen) und der Vitus-Gruppe (lokale Wohnungsgesellschaften). Hinzu kamen ganze Wohnungskonzerne wie die Gagfah oder die Süddeutsche Wohnen.
Allein die Geschichte der Gagfah – ihre Entwicklung von einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, das einst in der Hand von Angestelltenorganisationen lag, 1933 von der Deutschen Arbeitsfront, später von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte übernommen wurde, zu einer Aktiengesellschaft in Luxemburg seit 2006 – ist ein Beispiel für die Verschleuderung von Gemeinschaftsvermögen zugunsten privater Geldanleger. Ähnliches gilt für die Deutsche Wohnen.
Während der Finanzkrise 2008 und 2009 gerieten mehrere Wohnungsunternehmen ins Straucheln und wurden durch neue Geldmittel über Kredite und Fusionen «gerettet». Der schlechte Ruf der Deutschen Annington oder anderer Fonds, die kommunale Wohnungsbestände günstig aufkauften, liegt darin begründet, dass das Unternehmen kaum investierte, Kosten und Betreuung einsparte, um möglichst bald wieder Kasse durch Verkauf zu machen. Unter anderem deshalb firmierte Annington zu Vonovia um.

Mietentreiber
Der Mietspiegel in Deutschland steigt vor allem in den Ballungsgebieten, wo es infolge der Privatisierung öffentlichen oder sozial gebundenen Wohnraums kaum noch günstige Wohnungen für die einkommensschwache Bevölkerung gibt.
Ein beliebtes Mittel, Mietpreissteigerungen zu erzielen, ist die Möglichkeit, nach einer Renovierung 11% der Kosten auf die Miete umzulegen – für immer, nicht nur bis die Kosten abbezahlt sind. Ein weiterer, mietentreibender Faktor ist die Finanzierung über Kredite, deren Kosten ebenfalls in die Miete eingehen.
Sollte der Kauf der Deutschen Wohnen durch die Vonovia gelingen, wovon auszugehen ist, nachdem die Eigentümer der Deutschen Wohnen eine Fusion mit dem drittgrößten Wohnungsunternehmen LEG (ehemals staatliche Wohnungsgesellschaft im Besitz von NRW) abgelehnt hatten, ist das eine neue Runde im realen Monopoly – auf Kosten der Mieter und Wohnungsuchenden. Wenn für Flüchtlinge keine günstigen Wohnungen da sind, liegt es auch an Vonovia und Konsorten.

Die Klaus-Lage-Band sang vor vielen Jahren schon: «Monopoly… Monopoly… wir sind nur die Randfiguren in einem schlechten Spiel. Und die Herren der Schlossallee verlangen viel zu viel.»

Print Friendly, PDF & Email

Teile diesen Beitrag:

Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen

Spenden

Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF


Schnupperausgabe

Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.