von Cristiano Dan
Was zu befürchten war, ist eingetreten. Der Präsidentschaftskandidat der rechten Parteien, Marcelo Rebelo de Sousa, wurde im ersten Wahlgang mit rund 52% der Stimmen gewählt.
Das ist nicht der in den Umfragen vorausgesagte Triumph (demnach sollte Rebele sogar über 60% der Stimmen bekommen), es reicht jedoch für eine schöne Revanche der Rechten, die vor wenigen Monaten die Regierungsmacht verloren hat. In Portugal kündigt sich damit eine Situation wie in Frankreich an, wo Regierung und der Staatspräsident manchmal aus unterschiedlichen politischen Lagern kommen. Auch wenn der portugiesische Präsident nicht die Macht seines französischen Kollegen hat, so hat er doch genug davon, um der Regierung Prügel zwischen die Beine zu werfen – abgesehen davon, dass er in einigen Monaten, wenn er möchte, das Parlament auflösen kann, um Neuwahlen auszurufen. Rebelo hat sich zwar im Wahlkampf dafür ausgesprochen, parteilos zu agieren und gegenüber den Medien sogar eine bislang ungekannte Sympathie für den Regierungschef gezeigt, doch wer’s glaubt, wird selig.
Das Paradoxe am Wahlergebnis ist, dass die Linke, der es entgegen allen Voraussagen gelungen ist, ein Minimum an Einigkeit zu finden, um eine Regierung zu unterstützen, die zumindest bis jetzt gute Arbeit leistet – mit kleinen, aber wichtigen Reformen gegen die Sparpolitik –, zu den Wahlen nun wieder gespalten angetreten ist wie eh und je. Jede Partei hat einen eigenen Kandidaten nominiert, die sozialdemokratische PS sogar zwei, dabei war keiner von ihnen der «offizielle» Kandidat der Partei. Der eine repräsentierte die Regierung (Antonio Sampaio), die andere (Maria de Belém) den rechten Flügel der PS.
Das Paradox lässt sich teilweise mit der Geschichte der Linken erklären: Die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) und die PS reden schon seit der Zeit der «Nelkenrevolution» nicht mehr miteinander, also seit vierzig Jahren, und dem Bloco de Esquerda verzeiht die PCP nicht, sich einen politischen Platz erobert zu haben, den sie als ihren angestammten betrachtet. Es ist kein Zufall, dass die soziademokratische Regierung sich nicht auf ein Abkommen stützt, das von vier Parteien unterzeichnet ist (PS, Bloco, PCP und Grüne), sondern auf drei separate Abkommen.
Die Ergebnisse
Diese Spaltung wurde teuer bezahlt, sowohl von der PS als auch von der PCP – jedoch nicht vom Bloco, wie wir noch sehen werden.
Rebelo hat über 2,3 Millionen Stimmen erhalten, 200000 mehr als was die rechte Koalition vor einigen Monaten erreicht hatte, wobei die Zahl der Nichtwähler diesmal bedeutend höher lag, was erklärt, dass der Zuwachs prozentual so viel stärker ausfällt (von 40% auf 52%).
Die PS erzielte bei den Parlamentswahlen mehr als 1,7 Millionen Stimmen. Zählt man die Stimmen für ihre beiden Kandidaten zusammen (eine Million für Sampaio, weniger als 200000 für Maria de Belém), so hat sie bei den Präsidentschaftswahlen eine halbe Million Stimmen weniger eingefahren (in Prozent ist sie von 33,6% auf 27% gesunken).
Der PCP ist es proportional noch schlechter ergangen: sie hatten im Oktober rund 450000 Stimmen bekommen, nun erlangten sie rund 180000 (in Prozent ein Rückgang von 8,6% auf 4%). Dieses für sich genommene schon schlechte Resultat fiel in einigen Regionen noch viel schlechter aus: Nur auf Madeira gab es fantastische 19,7% (der Kandidat stammt von dort), in vielen Provinzen des Nordens gab es jedoch weniger als 1%.
Der Bloco bildet eine Ausnahme. Seine Kandidatin, Marisa Matias, erzielte ein wenig mehr als 10% der Stimmen (460000; 10,6% bei den Parlamentswahlen). Das war ein kleiner Rückschlag, den man teilweise mit dem hohen Anteil an Stimmenthaltungen erklären kann, teilweise mit der Tatsache, dass eine Frau, noch dazu eine junge, sicher keinen Vorteil hat in einem Land, das stetig älter wird (die Jugendlichen wandern in Scharen aus). Darüber hinaus hatte sie auch noch nicht ganz das Format, um Präsidentin der Republik zu werden.
In Portugal eröffnet sich nun eine neue politische Phase. Die Machtverhältnisse zwischen rechts und links haben sich verschoben, die Konfrontation zwischen Präsident und Regierung ist vorhersehbar. Auch die Verhältnisse innerhalb der Linken haben sich verschoben: mit einem Bloco, der sein Gewicht fast zur Gänze beibehalten konnte; einer PS, die zerstritten ist – auch wenn der rechte Flügel die größere Niederlage einstecken musste –, und einer PCP, deren Wählerschaft immer weniger stabil ist und sich vor allem in wenigen roten Zonen konzentriert.
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