Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 03/2016
USA 2015, Regie: Joel und Ethan Coen
von Angela Huemer

Ein enger Beichtstuhl. Ein Mann beichtet, dass er es trotz bester Vorsätze doch ziemlich schwer findet, mit dem Rauchen aufzuhören. Kurz darauf sitzt derselbe Mann im Dunkeln in einem Auto. Für manche fängt der Tag früh an, sagt eine Stimme aus dem Off. Der Mann ist Eddie Mannix, Leiter des fiktiven Filmstudios Capitol. Es sind die frühen 50er Jahre. Eddie Mannix steigt aus dem Auto aus und geht ohne viel Zögern ins Haus, das er schon eine Weile beobachtet hat. Dort läßt sich eine Hollywood-Schauspielerin vor Fototapete in eher leichter, provozierender Kleidung fotografieren. Mannix unterbindet das, vernichtet den Film und besticht die Polizisten, die kurz darauf kommen.
Es ist nur das erste einer ganzen Reihe von Problemen, die er in seinen langen Arbeitstagen lösen muss. Sein Arbeitsplatz, das Capitol Film Studio, mutet von außen gesehen wie eine unübersehbare Reihe von Fabrikhallen an, eine Traumfabrik eben – zu einer Zeit, als das Hollywood-Studiosystem noch in Ordnung war.
Einer der Filme der dort gedreht wird, einer der wichtigsten und teuersten, ist «Hail, Caesar!», darin geht es um das Leben Jesu. In einer der ersten grandiosen Szenen des Films versammelt Eddie Mannix Vertreter der wichtigsten Religionen, um nur ja sicher zu gehen, dass theologisch auch alles stimmt. Star des Films «Hail, Caesar!» ist Baird Whitlock, gespielt von George Clooney, er spielt einen römischen Soldaten. Während einer Aufnahme trinkt er vergifteten Wein, einer der Statisten hat da was reingemischt. Kurz darauf ist er verschwunden. Das ist schlimm, denn «Hail, Caesar!» kostet ein Heidengeld, und wenn der Hauptdarsteller nicht da ist, kostet er noch mehr. Zunächst vermutet man ihn auf einer seiner berühmt-berüchtigten Sauftouren, doch nein, er wurde entführt und kommt erst gegen Zahlung von 100000 Dollar wieder frei. Die Entführer sind eine illustre Runde bekannter Intellektuelle und Filmautoren, unter ihnen «Herb», Herbert Marcuse, die Whitlock, nachdem er den vergifteten Wein ausgeschlafen hat, im eleganten Salon in einer Villa am Meer empfangen. «The Future» nennt sich die Gruppe.
Auch dieses Problem hat Studiomanager Eddie Mannix auszulöffeln und es ist nicht das letzte. Da ist der Versuch, eine aufmüpfige Schauspielerin, die, obwohl unverheiratet, schwanger ist, zur Scheinhochzeit zu überreden. Dann beschwert sich der Snobregisseur aus England über seinen neuen Hauptdarsteller Hobie Doyle, ein geschickter, pferdegewandter Cowboydarsteller, dessen Südstaatenakzent jedoch nicht wirklich zum Society-Drama «Merrily we dance» passt. Die Liste ist lang.
Der Zuschauer kann dankenswerterweise in die jeweiligen Filme hineinschauen, die in dieser geschäftigen Traumfabrik entstehen. Und jede, auch die kleineren Rollen, werden von vorzüglichen Schauspielern verkörpert. Die Farben sind prall, so wie man das aus den 50er-Jahre-Schinken gewöhnt ist, und nicht nur einmal sehnt man sich in diese alte Hollywood-Welt zurück – leider ist ja hierzulande die Tradition des sog. «Programmkinos», in dem nur alte Filme gezeigt werden, nicht wirklich verbreitet.
Nicht umsonst konnte man so manchen Berlinalekritiken ein leichtes Bedauern entnehmen, dass Hail, Caesar! zwar der Eröffnungsfilm war, jedoch außer Konkurrenz lief.
Bei allem, was er zu tun hat, ist es kein Wunder, dass Eddie Mannix nach nur rund 28 Stunden schon wieder beichten geht, vielleicht braucht er ja den Trost. Und es sei verraten, dass dieser Eddie Mannix lose auf einer wahren Figur basiert, der in den goldenen Zeiten des Kinos den Ruf hatte, auch jedes noch so delikate Problem für das Studio MGM, Metro-Goldwyn-Mayer, zu lösen. Nicht zuletzt löst der Film eines ganz bestimmt ein: er hebt dauerhaft die Stimmung angesichts der grauen Spätwintertage.

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